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Fleisch

Fleisch

Titel: Fleisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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einer starken Taschenlampe hineinzuleuchten, aber Stützbalken hatten ihre Sicht blockiert. Mrs Bosh hatte nach dem Jungen gerufen, aber es kam keine Antwort. Als Maggie vorschlug, einer von ihnen solle hineinkriechen, um nach ihm zu suchen, hätte sie schwören können, dass sämtliche Farbe aus dem Gesicht des Sheriffs gewichen war. Als ihr nun der Geruch von Schimmel und Erde in die Nase stieg und Staubmilben im Lichtstrahl ihrer Taschenlampe tanzten, fragte sie sich, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war.
    Die Enge um sie herum schien sich zu verdichten. Stützen kratzten an ihren Schultern. Erinnerungen an Situationen, in denen sie eingeschlossen gewesen war, sickerten in ihr Bewusstsein. Manchmal konnte sie sogar nicht mal mitten am Tagverhindern, dass so etwas entwich. Es war weniger eine Erinnerung als vielmehr ein deutliches Gefühl, das ihren Körper überschwemmte und sie in kalten Schweiß ausbrechen ließ. Sie musste anhalten und Luft schöpfen. Sie versuchte, nicht in Panik zu geraten, als mit der Luft modrige Partikel in ihre Lunge gelangten, die sie am Atmen zu hindern drohten.
    Vor einigen Jahren hatte ein Serienkiller sie in einem leeren Gefrierschrank eingesperrt. Sie erinnerte sich, wie sie an der Innenseite der Tür gekratzt und sich die Fingernägel abgebrochen hatte, die Fingerspitzen wund, aber bald schon taub vor Kälte. Meist war die alles überdeckende Erinnerung die an die Kälte, die so groß und unerträglich gewesen war, dass ihr Verstand ausgesetzt hatte. Schließlich hatte auch ihr Körper vor der Unterkühlung kapituliert.
    Sie schloss einen Moment die Augen. Versuchte sich zu beruhigen. Atme durch den Mund! Tief und gleichmäßig. Wenn sie jetzt zu hyperventilieren anfinge, würde sie Probleme bekommen. Sie schob die Erinnerung beiseite. Versuchte das beklemmende Gefühl zu ignorieren. Hier unten war es kalt, aber nicht so kalt wie in einem Gefrierschrank. Dies war etwas anderes. Sie war nicht eingeschlossen. Sie hatte alles unter Kontrolle.
    Sie zog und schlängelte sich voran. Doch als sie weiterkroch und sich der Abstand noch mehr verkleinerte, begann sie sich zu fragen, wie sie wieder umdrehen sollte.
    Hör auf, darüber nachzudenken!
    Mrs Boshs Stimme wurde immer dumpfer und leiser, je weiter Maggie kam. Skylar hatte eine starke Taschenlampe an den Eingang unter der Veranda gelegt, aber der Lichtstrahl gelangte nicht um Ecken herum oder an Stützen vorbei. Als sie nun von diesem Licht davonkroch, blieb ihr nur ihre kleine Taschenlampe.
    Links von ihr bewegte sich etwas. Fell streifte ihre Hand. Maggie fuhr zusammen und stieß sich ihren Kopf an einem Balken. Nur eine Maus, sagte sie sich. Zu klein für eine Ratte.
    Aber sie fröstelte erneut. Keine Ratte. Hör auf, an Ratten zu denken!
    Sie veränderte ihre Position und entlastete ihre Ellbogen. Sie nahm ihre Lampe.
    „Johnny? Ich bin’s, Maggie. Erinnerst du dich? Von gestern Nacht?“ Sie hielt inne. Lauschte. Nichts. Doch da meinte sie, eine Stimme zu vernehmen. Gedämpft, aber nicht weit entfernt und definitiv irgendwo vor ihr. Nicht jemand, der ihr etwas hinterherrief.
    „Johnny. Wir machen uns Sorgen um dich! Du brauchst keine Angst zu haben.“
    Im Licht ihrer Lampe konnte sie nicht sehen, was sich hinter dem nächsten Stützpfeiler befand. Dieser war dicker, zwei Reihen von Betonblöcken. Sie musste sich unter der Mitte des Hauses befinden. Das Murmeln schien von der anderen Seite dieses Pfeilers zu kommen.
    Sie griff nach der Lampe und hielt sie hoch, sodass sie den Weg vor sich sehen konnte, als sie weiterkroch. Dort war ein etwas größerer Raum, ungefähr um ein Drittel höher. Der schlanke Strahl ihrer Lampe beleuchtete Gegenstände, die auf der Erde lagen. Bei genauerem Hinsehen erkannte Maggie altes Spielzeug, eine Star-Wars-Figur, Bonbonpapiere und zerdrückte Limodosen. Sie zog sich bis zum Stützpfeiler und rollte sich auf die Seite. Sie konnte sich sogar geduckt hinsetzen und ihre Ellbogen entlasten. Sie lehnte sich an die kalten Betonblöcke und nahm sich ein paar Sekunden, um sich die Spinnweben aus Gesicht und Haaren zu streichen.
    Einmal mit der Taschenlampe umhergeleuchtet, und sie sah ihn. Er saß mit dem Rücken zu ihr, ungefähr viereinhalb Meter entfernt von ihr, zur Seite geneigt und an einen weiteren Pfeiler gelehnt. Sie hörte, wie er vor sich hin murmelte.
    „Johnny?“
    Keine Antwort.
    Wenn er high war vom Oxycontin oder wieder Salvia genommen hatte, war er womöglich

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