Fleischessünde (German Edition)
Hinterkopf des Fahrers und wählte ihre Worte mit Bedacht. „Um das hinzubekommen, braucht man immerhin einige … Dinge.“
„Magische Formeln, meinst du?“
„Ja. Und ein paar besondere Zutaten.“
„Die Seelen von Unschuldigen.“
„Und fremde Hilfe.“
„… von Dämonen.“
Trotz des ernsten Themas musste Calliope kurz lächeln. „Das wird in bestimmten Kreisen, die da aufgescheucht werden, nicht gerade Begeisterung auslösen.“
„Ist mir klar“, meinte Roxy. „Es geht eben um mehr. Wenn es nur darum ginge, die Mörder zu finden, dann meinetwegen. Sollen sie Lokan wieder zum Leben erwecken. Dass dabei aber das Blut von Unschuldigen vergossen werden soll, geht mir gegen den Strich. Und wenn das erst einmal mit den Beschwörungen und der ganzen Magie anfängt, wird die halbe Unterwelt in Aufruhr geraten … Wir haben das bis zum Erbrechendurchgekaut. Dagan kann meinen Standpunkt schon verstehen, aber …“
„… aber er teilt ihn nicht“, beendete Calliope den Satz für sie.
„Nein.“ Roxy schwieg für einen Moment. „Bis zu einem gewissen Punkt bin ich bereit, ihm zu helfen. Ich kann verstehen, dass er um Lokan trauern will. Vielleicht sollte er dessen Überreste finden, damit irgendein Ritual stattfinden und er emotional damit abschließen kann. Ich weiß bloß nicht, wie weit ich mit meiner Unterstützung gehen kann.“ Sie seufzte. „Dass ich Dagan nun einmal liebe, ändert ja nichts an der Tatsache, dass ich trotzdem immer noch eine Isistochter bin. Und die zehn Jahre bei der Garde kann ich auch nicht einfach abschütteln. Ich kann verstehen, dass er seinen Bruder zurückhaben möchte. Aber mit den Begleitumständen, mit der Opferung unbeteiligter und unschuldiger Menschen, kann ich mich nicht abfinden.“ Seufzend fügte sie hinzu: „Aber wer kann schon behaupten, dass Beziehungen einfach sind?“
Calliope hatte dazu nichts zu sagen. Sie hatte sich immer davor gehütet, Beziehungen einzugehen, und fühlte sich deshalb nicht dazu berufen, Roxys letzte Bemerkung zu kommentieren. Selbst engeren Freundschaften war sie bisher aus dem Weg gegangen. Roxy war da eine Ausnahme, genau wie Zalika, ihre Mentorin.
Aber bei aller Freundschaft würde Calliope auch Roxy in den Weg treten, wenn die Isisgarde das verlangte. Und wenn es nach ihr selbst ginge, sollte Lokan Krayl auch besser tot bleiben.
Als das Taxi vor dem Restaurant hielt, verabschiedete sich Calliope von Roxy und beendete das Gespräch. Sie bezahlte den Fahrer, stieg aus und mischte sich unter die Wartenden, die in einer Schlange auf den Einlass ins Restaurant warteten. Sobald sie sicher sein konnte, dass der Wagen außer Sichtweite war, machte sie sich auf den Weg.
Sie wählte die kleineren Nebenstraßen, damit niemand bemerkte, mit welch ungewöhnlicher Geschwindigkeit sie lief. Nur einmal machte sie unterwegs Halt, um ihren allzu auffälligenweißen Mohairmantel in einen großen Pappkarton zu stopfen, der im Schatten eines Hauseingangs stand und jemandem offensichtlich als Unterkunft diente. Gleichzeitig entledigte sie sich des Blazers, den sie beim Abendessen getragen hatte, sodass sie jetzt nur noch einen schwarzen, eng anliegenden Einteiler trug, der ihr ein Höchstmaß an Bewegungsfreiheit gestattete.
Nur wenige Minuten später war sie an der Rückseite des Hauses angekommen, in dem Kuznetsov wohnte. Von einer Anstrengung vom Laufen war ihr nichts anzumerken. Ihr Atem ging ruhig, und ihr Puls war kaum erhöht. So leicht kam sie nicht ins Schwitzen.
Calliope ging zu den Mülltonnen und holte dahinter ein unter allerlei Gerümpel verstecktes Paket hervor, das sie zuvor vorsorglich dort deponiert hatte. Sie nahm zwei Messer aus dem Bündel, von denen sie sich eines in den Stiefel steckte und das andere an einem Gurt am Bein befestigte. Weiter kam eine Scheide zum Vorschein, die sie sich auf den Rücken band. Da hinein steckte sie das Schwert, das ebenfalls in dem Versteck lag.
Sie schaute auf ihre Uhr. Sechzehn Minuten waren vergangen, seit sie Kuznetsov den Korb gegeben und ihn auf der Straße stehen gelassen hatte. Sie war ihrem Zeitplan also um neun Minuten voraus.
Calliope holte das Handy hervor und lud den Videoclip herunter, den Roxy ihr geschickt hatte. Dann sah sie sich den kurzen Film an. Hände in schwarzen Handschuhen waren zu sehen. Die Art, wie sie die Klingen führten, zeugte von fachlichem Können. Mit sicheren Schnitten zogen sie einem Mann die Haut von der Brust. Es war kein Sterblicher. Ein
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