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Flesh Gothic (German Edition)

Flesh Gothic (German Edition)

Titel: Flesh Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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das?«, wollte Westmore wissen.
    »Wir betrachten ein sogenanntes Spukhaus als ›geladenen‹ Ort. Ladungen können die Lebenden manipulieren, vor allem jene, die mental empfänglich sind. Nehmen wir etwa ein Haus, in dem mehrere Morde stattgefunden haben. Solche Morde hinterlassen gewissermaßen Rückstände; negative Energie, aus der körperlose Wesen, subkarnate Instanzen, Geister und dergleichen Kraft schöpfen. Betritt eine gemeingefährliche Person ein solches Haus, erhöht sich die Ladung. Die Ladung eines Hauses, in dem jemand Selbstmord verübt hat, wird stärker, wenn eine deprimierte oder suizidgefährdete Person ins Spiel kommt. Und hier?«
    »Ein Doppelschlag«, meinte Cathleen.
    »Richtig. Ein sexuell motivierter Mord erzeugt die stärkste Ladung, denn er beinhaltet zwei der stärksten menschlichen Emotionen: Hass und Lust. Solche Energie ist ein idealer Nährboden für die Entitäten, die wir hier erleben. Wirkt wie ein Katalysator, eine Art Ruf.«
    Karen schaute auf. »Das hat Hildreth in meinem Albtraum gesagt. Er meinte, dass sie von Lust angelockt werden und er sich deshalb für dieses Haus entschieden hat.«
    »Wen lockt Lust an?«, warf Westmore ein.
    »Zum einen subkarnate Instanzen«, erklärte Cathleen. »Und potenziell auch jeden anderen Wiedergänger. Lust, Hass, Gier, Stolz ...«
    »Soll das heißen«, folgerte Westmore, »dass solche Emotionen in Kombination mit Tragödien oder Sexualverbrechen ein Haus in eine Petrischale für Geister verwandeln?«
    »In gewisser Weise ja«, bestätigte Nyvysk. »Man kann davon ausgehen, dass Hildreth eine sehr bewusste und gezielte Absicht verfolgte, als er sich für dieses Haus entschied und es in einen Hort der Pornografie verwandelte.«
    »Welche Absicht?«, fragte Westmore.
    »Er hat die Villa zu seiner eigenen Kirche gemacht«, sagte Cathleen.
    Nyvysk nickte. »Einer Kirche zu Ehren von Belarius.«

Kapitel 11
    I
    Die nächsten Tage verstrichen ereignislos, zumindest ohne Ereignisse, die bei Westmore einen besonderen Eindruck hinterließen. Die Einzige, der er sich nahe fühlte, war Karen, aber selbst sie wirkte nun verändert. Weniger lebhaft, zurückhaltender, frei von dem beißenden Sarkasmus, den sie bei ihrer ersten Begegnung ausgestrahlt hatte. Und seit dem Vorfall auf dem Innenhof schien ihre unverhohlen sexuelle Aura geschwächt zu sein, umgeben von einer Mauer. Sie kleidete sich nicht einmal mehr aufreizend – an den meisten Tagen trug sie Jeans und eine weite Bluse. Und sie legte sich nicht mehr nackt zum Sonnenbaden ins Freie.
    Westmore schrieb mehrere Stunden am Tag recht produktiv, obwohl er immer noch nicht sicher war, was er eigentlich schreiben sollte. Aber wenn die anderen sicher waren – und es klang eindeutig so, als wären sie es –, dann konnte er Vivica Hildreth etwas Relevantes berichten. Sie will genau wissen, was in diesem Haus in jeder Nacht vorging .
    Mittlerweile wusste er es.
    Es drehte sich alles um Belarius.
    Aber er erinnerte sich an ihre wichtigste Anweisung an jenem Tag, als er sich mit ihr in ihrem Penthouse getroffen hatte: Mein Gatte hat sich auf irgendetwas vorbereitet, von dem er glaubte, dass es sich in Zukunft ereignen würde. Mich interessiert, worum es sich handelt und wann es passieren wird.
    Worauf konnte er sich vorbereitet haben? Die Morde waren offensichtlich eine Art Ritus, eine Opferung .
    Für Belarius?
    Um ein bestimmtes Ereignis auszulösen, vermutete er. Bei etwas so Sinnlosem ergab das absolut Sinn. Der Schlüssel zu allem lag in Hildreth selbst, der – ungeachtet der Spekulationen seiner Frau – wahrscheinlich längst tot war. Was ihn wieder an die unangenehme Aufgabe erinnerte, die noch vor ihm lag. Westmore wusste, dass er bald in den Wald gehen und den Sarg ausgraben musste. Und zwar ohne dass jemand davon erfuhr, weil ihn sonst die volle Wucht von Vivicas Verschwiegenheitsvereinbarung treffen würde. Er wusste, dass sie zu den beißenden Hunden zählte; nicht zu jenen, die nur bellten.
    In den kommenden Tagen stieß Westmore in der Villa auf einige Passagen, die man nur als Geheimgänge beschreiben konnte – ein paar Mal verirrte er sich sogar darin. Einer davon führte ins Scharlachrote Zimmer, ein anderer zu den eigenartigen, mit Brüstungen versehenen Laufstegen über dem Südatrium. Ein Dritter, der sich hinter einem Vorhang in Hildreths Büro verbarg, verzweigte zu mehreren sehr schmalen, hinter den Wänden eingebauten Treppen, die schließlich in ein kleines, fensterloses

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