Flesh Gothic (German Edition)
nicht mehr, was er glauben sollte. Seine Stimmung und seine Überzeugungen schwenkten mal in die eine Richtung, mal in die andere. Vielleicht sollte ich Clements einfach anrufen und ihm sagen, dass ich die Villa durchsucht, aber keinerlei Anzeichen gefunden habe, dass sich Hildreth dort aufhält . Auch Toms Informationen würden den Mann zweifellos interessieren; vor allem jene, dass sich Debbie Rodenbaugh definitiv auf dem Gelände der Universität von Oxford aufhielt.
Er wird mir zwar nicht glauben, aber es ist trotzdem eine gute Idee . Und noch etwas anderes fiel ihm ein. Vivica sollte ich auch noch einmal anrufen . Sie hatte sich nach seiner unangenehmen Nachricht von vorhin nicht gemeldet, was Westmore höchst interessant fand.
Er verfluchte sich, als er in seine Tasche fasste und merkte, dass sie leer war. Idiot! Wahrscheinlich HAT sie längst zurückgerufen. Ich muss das verfluchte Telefon in Hildreths Büro liegen gelassen haben!
Westmore schleppte sich zurück in den dritten Stock zum Büro. Sein Handy lag noch auf dem Schreibtisch. Er wollte es gerade in die Hand nehmen, um die Mailbox abzufragen, als plötzlich ...
»An alle!«, quäkte Nyvysks Stimme aus den Lautsprechern der Kommunikationsanlage. »Kommt aufs Dach!«
Hä? Nyvysk hörte sich beunruhigt an. Westmore eilte wieder hinaus und wäre beinahe mit Cathleen zusammengestoßen, die auf die Treppe zurannte.
»Was ist passiert?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie.
»Wie kommen wir aufs Dach?«
»Weiß ich auch nicht!«
Oben im fünften Stock endeten die Treppen. Nyvysk wiederholte seinen Aufruf über die Kommunikationsanlage. »Wo zum Teufel ist die Treppe zum Dach?«, brüllte Westmore in das Mikrofon zurück.
Mack und Karen tauchten am anderen Ende des Flurs auf. »Hier lang!«
Sie liefen hinter den beiden eine weitere Treppe hinauf. Dann gelangten sie zu viert auf eine vornehme Terrasse mit Brüstung, Clubsesseln, Sonnenschirmen und Blumentöpfen.
»Adrianne hat mir in der Kommunikationszentrale eine Nachricht hinterlassen«, teilte ihnen Nyvysk mit, der an der hohen Steinmauer lehnte. Er wirkte niedergeschlagen. »Sie meinte, sie würde von hier oben aus eine Astralwanderung antreten.«
»Was stimmt denn nicht?«, wollte Karen wissen.
»Sehen Sie selbst.«
Nyvysk deutete über den Rand der Brüstung nach unten. Alle Blicke folgten seinem ausgestreckten Arm.
»Oh du lieber Himmel«, murmelte Westmore und fuhr sich mit der Hand an den Kopf.
Cathleen und Karen stießen einen erstickten Schrei aus. Mack und Nyvysk starrten wortlos hinunter.
Adriannes nackter Körper lag ausgestreckt auf dem Natursteinweg. Durch den fünf Geschosse tiefen Sturz war er übel zugerichtet und durch ein gebrochenes Rückgrat in einem Winkel von fast 90 Grad verkrümmt. Um ihren Kopf herum hatte sich eine Blutlache gebildet.
»Jemand muss sie runtergeworfen haben«, stieß Karen schluchzend hervor.
»Ja«, pflichtete Nyvysk ihr bei. »Und zwar, während sie sich außerhalb ihres Körpers befand. In ihrem schutzlosesten Zustand.«
Cathleen wischte sich über die Augen. »Na ja, vielleicht auch nicht. Sie hatte in der Vergangenheit häufiger mal Selbstmordgedanken.«
Verstört streckte Westmore die Hand aus. »Jetzt hören Sie aber auf. Selbstmord? Sie ist nackt. Wahrscheinlich wurde sie erst vergewaltigt und dann vom Dach geworfen. Warum sollte sie die Kleider ausziehen, um Selbstmord zu begehen?«
»Manchmal legen Astralwanderer ihre Kleider ab, bevor sie ihren Körper verlassen«, gab Cathleen zu bedenken. »Ich tue oft dasselbe, wenn ich eine Divination beginne oder mich in Trance versetze.«
Westmore schüttelte den Kopf. »Das kaufe ich Ihnen nicht ab. Es ist offensichtlich, dass sie jemand über die Brüstung geschleudert hat.« Ein unwillkürlicher Reflex ließ ihn auf Mack schauen. Einige andere taten es ihm gleich.
»He, lecken Sie mich, Mann!«, wehrte sich Mack. »Das könnte jeder gewesen sein. Sie zeigen bloß auf mich, weil ich nicht zu ihrem übersinnlichen Hokuspokusverein gehöre. Und wo bitteschön waren eigentlich Sie , als es passiert ist?«
»Er kam gerade aus dem Büro, ich habe ihn gesehen«, beteuerte Cathleen.
Mack runzelte die Stirn. »Er hätte es jederzeit tun können!«
»Ach ja?«, entgegnete Westmore gereizt. »Und was ist aus der Frau vom Schlüsseldienst geworden? Sie waren der Letzte, der sie gesehen hat. Sie hatten sogar Sex mit ihr, und was passiert dann? Sie verschwindet.«
»Sie reden Scheiße,
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