Fliedernächte: Roman (German Edition)
schlank.«
»Ach ja, meine Hochzeit.« Avery betrachtete den Diamanten, den sie zwischenzeitlich statt des alten Spielzeugrings aus Plastik trug, eine sentimentale Erinnerung an ihre ganz frühe Liebe zu Owen.
»Du wirst heiraten, ein zweites Restaurant eröffnen, bei der Planung einer Babyparty helfen und Owens Singleschlafzimmer umräumen.« Hope pikste die Freundin in den Arm. »Das heißt, dass es ungeheuer viel zu besprechen gibt.«
»Ich hab morgen etwas Zeit.«
»Gut.« Hope ging in Gedanken ihren Terminkalender durch und dachte kurz nach. »Wie wär’s mit eins? Könntest du dann auch?«, fragte sie Clare. »Nachmittags checken die neuen Gäste ein, deshalb wäre vorher gut. Ich mach uns was zu essen. Okay?«
»Also, dann morgen um eins.« Clare tätschelte sanft ihren Bauch. »Wir werden pünktlich sein.«
»Ein Uhr«, versprach Avery. »Je nachdem, wie viel Betrieb wir über Mittag haben, wird’s bei mir vielleicht ein bisschen später. Kommen werde ich auf jeden Fall.«
Hope verließ das Restaurant mit Clare, nahm die Freundin nochmals in den Arm und ging zurück zum Hotel. Dabei stellte sie sich vor, wie Clare bei ihren Eltern anrief, um die große Neuigkeit zu verkünden, und Avery eine SMS an Owen schrieb, und für einen Moment wünschte sie sich, ebenfalls jemanden zu haben, dem sie von den Zwillingen erzählen könnte. Sie schüttelte diese ein wenig trüben Gedanken ab und stieg über die Außentreppe in den zweiten Stock, wo sich ihre Wohnung befand.
Unterwegs hörte sie Carolees Stimme, die aufgeregt mit jemandem zu telefonieren schien. Zweifellos hatte Justine sofort ihre Schwester informiert, dass gleich zwei Enkelsöhne unterwegs seien.
Hope zog ihre Wohnungstür hinter sich zu. Bis zum Dienstbeginn blieb ihr noch ein wenig Zeit. Sie beschloss, ein wenig im Internet nach weiteren Hinweisen auf Lizzy beziehungsweise ihren mysteriösen Billy zu suchen, von dem sie bislang nichts in Erfahrung bringen konnten. Irgendwann musste es doch gelingen, eine Spur dieses jungen Mannes zu finden, auf den die Ärmste schon seit einer Ewigkeit zu warten schien.
2
Seine Mutter trieb ihn noch in den Wahnsinn. Ryder dachte an all die Bauvorhaben, die sie ihm in letzter Zeit aufgehalst hatte. Ein weiteres Projekt und er würde seinen Hund nehmen und in Richtung Barbados verschwinden. Dort könnte er ein nettes kleines Strandhaus mit Veranda bauen, zur Abwechslung mal für sich und niemanden sonst.
Ryder lenkte seinen Pick-up auf den Platz hinter dem Hotel, dem ehrgeizigsten und Gott sei Dank abgeschlossenen Projekt der Montgomerys. Am anderen Ende des Hofes jedoch stand jenes Gebäude, dem neuerdings das Interesse von Justine galt und das zu einem modernen Fitnessstudio mit Wellnesseinrichtungen umgestaltet werden sollte. Als attraktives Angebot für die Gäste des BoonsBoro Inn, aber auch weil ihr die hässliche grüne Fassade mit dem langweiligen Flachdach ganz einfach ein Dorn im Auge gewesen war. Das alles konnte sie nur ändern, indem sie das Ganze aufkaufte.
Ryder als erfahrener Bauleiter wusste, wie viel Arbeit ihnen bevorstand. Er musste sich nur das heruntergekommene Innere anschauen: den feuchten Keller, die baufälligen Treppen, die eingestürzten Decken, die elektrischen Leitungen, um die man besser einen großen Bogen machte, sowie die verrotteten, durchgerosteten Wasserrohre, um zu wissen, dass so gut wie nichts mehr verwendbar war.
Die erste Maßnahme würde darin bestehen, das Haus zu entkernen und zu sanieren. Anfangs hatte er manchmal überlegt, mit einem großen Bulldozer einfach kurzen Prozess zu machen. Zwar schimpfte er auf die neue Last, die seine Mutter ihm aufgehalst hatte, doch zugleich reizte ihn die neue Herausforderung, obwohl er es nicht gerne zugab.
Zumindest hatte die blöde Warterei endlich ein Ende, nachdem die Genehmigung der Baubehörde für den teilweisen Abriss vorlag. Solche Sachen fielen in Owens Aufgabenbereich. Jetzt saß Ryder mit Dumbass oder D.B., wie er meist genannt wurde, seinem nicht übermäßig schönen, aber gutmütigen Hund in der Fahrerkabine seines Wagens, lauschte Lady Gagas »Edge of Glory« und betrachtete das hässliche Gebäude. So langsam freute er sich darauf, es bis auf einen Kern abzureißen und es in neuer Gestalt wiederauferstehen zu lassen.
Nur warum zum Teufel musste es ein Fitnessstudio sein? Ryder vermochte sich beim besten Willen nicht vorzustellen, weshalb sich jemand auf ein Laufband stellte und anfing zu rennen, ohne dass er
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