Fliedernächte: Roman (German Edition)
irgendwie total verrückt nach ihm. Nur die Vorstellung, dass ich fernab der Zivilisation leben sollte, hat sie bekümmert. Du musst allerdings wissen, dass für sie die Wildnis drei Meilen jenseits der Stadtgrenzen begann. Alles, was dahinterlag, war ihr unheimlich. Mein Vater, der inzwischen in einem Altersheim lebt, war übrigens nicht besser. Er stammte von einer Farm nicht weit von hier und träumte dennoch oder gerade deshalb bereits als Junge davon, endlich in die Stadt zu ziehen. Die beiden waren einfach füreinander gemacht.«
»Es hat eben jeder seinen Platz im Leben«, meinte Carolee.
»Und meiner ist auf dem Land oder im Wald, wie man will. Zum Glück denken meine Söhne genauso und sind alle hiergeblieben.«
»Nein, setz dich«, sagte Hope, als Justine noch einmal zum Wagen ihrer Schwester gehen wollte. »Den Rest erledige ich alleine. Trink erst mal was Kaltes, und sobald alles eingeräumt ist, erzähl ich euch in aller Ruhe, was es Neues über Lizzy zu berichten gibt.«
»Okay, dann mach ich es mir bequem und schau meiner Schwester zu, wie sie sich abmüht.«
»Du hast mich schon immer rumgescheucht.«
»Weil du es gebraucht hast.«
Grinsend machte Hope sich auf den Weg, um die letzten Tüten aus dem Kofferraum zu holen.
Genau in diesem Moment fuhr ein neuer knallroter BMW Roadster mit quietschenden Reifen vor dem hinteren Eingang vor. Den Wagen hatte Hope noch nie gesehen, wohl aber die Frau, die hinter dem Lenkrad saß.
Es war Sheridan Wickham.
Sie bemühte sich erst gar nicht um ein freundlich-höfliches Lächeln, als sie aus dem Wagen glitt und auf, wie sie neidvoll zugeben musste, umwerfenden Louboutin-Stiletto-Sandalen auf sie zugeschossen kam.
Ihr platinblondes, weich schimmerndes Haar fiel so perfekt auf ihre Schultern, als hätte sie es soeben erst frisch frisiert. Was sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch getan haben dürfte, dachte Hope. Bestimmt hatte sie unten an der Straße angehalten, um ihre Haare zu ordnen und ihr Make-up zu erneuern. Zu dem in verschiedenen Blautönen changierenden Etuikleid – vermutlich von Akris – trug sie Platinohrringe und einen diamantbesetzten Ehering, der derart in der Sonne funkelte, dass Hope von seinem Anblick regelrecht geblendet war.
Der Kontrast hätte nicht größer sein können. Sie selbst war vollkommen verschwitzt, trug praktische Kleidung für Garten und Haus, und ihr Make-up hatte sich bestimmt ebenfalls in der Hitze in Wohlgefallen aufgelöst.
Na toll.
»Sheridan.«
Die Blondine riss sich die Sonnenbrille von der Nase und warf sie in ihre leuchtend pinkfarbene Lederhandtasche. »Das, was ich zu sagen habe, werde ich nur einmal sagen. Halt dich fern von meinem Mann.«
Sie war offenkundig außer sich vor Zorn, obwohl Hope beim besten Willen nicht verstand, was der Grund für ihren Ärger sein konnte.
»Ich wüsste nicht, dass er sich in der Nähe befindet.«
»Jetzt nicht, das sehe ich selbst. Ich weiß aber, dass er hier war – du brauchst es gar nicht abzustreiten. Und mir ist klar, was du im Schilde führst.«
»Dann lass mich bitte an deinem Wissen teilhaben, denn ich habe absolut keine Ahnung, worauf du hinauswillst. Und im Grunde interessiert es mich auch nicht. Deine im Übrigen völlig unnötige Warnung habe ich zur Kenntnis genommen, sodass du dich jetzt verabschieden solltest. Ich hab nämlich überdies zu tun.«
»Hör zu, du Miststück!« Wütend packte Sheridan Hopes Arm und krallte ihre Fingernägel hinein. »Er war hier. Du willst wissen, woher ich das weiß? Weil ich die Quittung einer Tankstelle aus der Gegend gefunden habe. Ich bin schließlich nicht blöd.«
Typisch, dachte Hope. Im Grunde wunderte es sie kein bisschen, dass eine Frau wie Sheridan ihren Mann zu kontrollieren versuchte, in seinen Taschen wühlte und seine E-Mails checkte. Was für ein trauriges Leben. Andererseits tat sie natürlich recht daran, ihm zu misstrauen.
»Vielleicht solltest du ihn lieber direkt fragen, statt mit haltlosen Beschuldigungen anzukommen. Wenn es dich beruhigt, sag ich dir sogar, weshalb. Er war Anfang des Sommers hier, um mir im Namen seines Vaters das Angebot zu unterbreiten, wieder im Wickham anzufangen.«
»Lüg mich nicht an – davon wüsste ich bestimmt. Und selbst wenn es sich so verhalten würde, säßest du kaum noch in diesem Kaff, sondern hättest längst die Koffer gepackt. Erzähl mir bloß nicht, du würdest nicht mit fliegenden Fahnen nach Georgetown zurückkehren.«
Hope entzog
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