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Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Flieg, Hitler, flieg!: Roman

Titel: Flieg, Hitler, flieg!: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ned Beauman
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hinterher. »Lydia und ich finden es nur viel einfacher als, äh …«
    Erskine ging in die Bibliothek, griff nach den Notizen für die dritte Ausgabe der Pangaean Grammar and Lexicon , ging hinaus, warf sie in den Teich hinter dem Haus und sah zu, wie sie im Wasser versanken, um sich dort mit dem verlorenen Königreich von Kumari Kandam zu vereinen, nach dem er die verbleibenden sieben Jahre seines Lebens erwartungsfroh suchen würde.

ELFTES KAPITEL
    April 1936
    Philip Erskine legte seinen Stift zur Seite und sah durch, was er geschrieben hatte. Nichts davon konnte er an seinen Vater schicken. Er würde morgen von vorn anfangen müssen; vielleicht würde er zum United Universities Club gehen und die Dokumente in der dortigen Bibliothek noch einmal durchsehen. Sein Boxer schnarchte im Gästezimmer. Erskine stand auf und ging in sein Labor. Obwohl er mit seinem biographischen Aufsatz sehr beschäftigt gewesen war, hatte er jeden Tag eine halbe Stunde Zeit gefunden, um die Züchtung seiner Käfer zu überwachen, und hatte hervorragende Fortschritte erzielt. Ihr Keimplasma verbesserte sich schneller, als er zu hoffen gewagt hatte. Zum ersten Mal in seinem Leben genoss er die Zufriedenheit, die ein solches Projekt vermitteln konnte.
    Aber als er sich hinunterbeugte, um den Behälter zu inspizieren, der eine der meistversprechenden Rassen enthielt, entdeckte er, dass das Glas an einer Stelle einen starken Sprung hatte. Verärgert ging er in Sinners Zimmer und weckte ihn. Inzwischen hatten sie fast einen Monat zusammengelebt. Der Junge schlief noch immer den ganzen Tag wie eine alte Katze, doch er schien zu genesen. Seine Haut begann langsam wieder Farbe anzunehmen, beim Gehen zog er die Füße nicht mehr so sehr nach – ein- oder zweimal hatte Erskine ihn sogar dabei beobachtet, wie er auf den Zehenspitzen umherhüpfte, als sei er wieder im Training. Auch die Unterhemden, die sich Sinner von Erskine borgte, rochen hinterher nicht mehr so stechend, was gut war, da Erskine sie selbst noch einen oder zwei Tage zu tragen pflegte, bevor er sie Mrs.   Minton zum Waschen gab.
    »Warum haben Sie sich an meinen Sachen im Labor zu schaffen gemacht?«, fragte Erskine streng.
    »Was?«
    »Sie haben einen der Glaskästen beschädigt. Weshalb?«
    »Ich war da ewig nicht drin.«
    »Lügen Sie mich nicht an.«
    »Verpiss dich.«
    »Der Schaden ist nicht zu übersehen. Und Sie haben früher schon damit gedroht.«
    »Ja, hab ich. Warum sollte ich also Angst davor haben, dir zu sagen, dass ich deine Scheißsachen kaputtgemacht hab? Ich hab sie nicht angefasst.«
    »Wir werden ja sehen.« Erskine ging zur Tür und drehte sich noch einmal um. »Übrigens, da ich schon hier bin: Ich muss schon bald für zwei Wochen zu meiner Familie nach Hampshire fahren. Mein Vater veranstaltet eine wichtige Tagung.« Er wartete, in der Hoffnung, dass der Junge fragen würde, ob er mitkommen dürfe. Der Junge schwieg, also sagte er: »Natürlich kann ich Sie hier nicht so lange allein lassen. Wenn Sie möchten, können Sie mit mir nach Claramore kommen.«
    »Ich soll mitkommen?«
    »Ja. Aber ich kann Sie nicht zwingen.«
    »Schätze, das ist ’n bisschen zu fein für mich.«
    »Sie könnten als mein Diener mitkommen.«
    »Diener? Meinst du, dass ich dich jeden Morgen anziehe?«
    »Guter Gott, glauben Sie wirklich, dass ich das möchte? Nein. Nichts dergleichen. Sie hätten in Wahrheit keine Pflichten. Sie müssten nur in der Öffentlichkeit die Rolle spielen. Und ich denke, Sie würden recht überzeugend wirken. Natürlich würden Sie als Gegenleistung Kost und Logis erhalten. Und Sie wären Zeuge, wie Geschichte geschrieben wird. Wenn auch nur durchs Schlüsselloch.«
    »Soll ich mich darüber freuen?«
    »Ich mache Ihnen lediglich ein Angebot. Ein Angebot, wie Sie es nie wieder bekommen werden.«
    »Wieso wollen Sie mich unbedingt dabeihaben?«
    »Es ist nur so, dass meine Forschungen allmählich Früchte tragen. Es wäre eine Schande, wenn ich sie ganz einstellen müsste.«
    Sinner zuckte die Achseln. »Ach, was soll’s. Solange es besseren Fraß gibt als das, was die alte Schachtel hier anschleppt.«
    »Sehr gut. In diesem Fall werden Sie sowohl mein Chauffeur als auch mein Diener sein müssen. Ich werde dafür sorgen, dass Sie ein paar Fahrstunden erhalten. Und noch einige neue Kleider.«
    Zufrieden verließ er das Zimmer. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass die Tagung wenig anregend sein würde. Vor Kurzem hatte er seiner Schwester am Telefon

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