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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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schlag
dich tot, du Wichser, ich schlag dich tot! Hast du verstanden?«, schrie Bohne
uns mit vor Wut überkippender Stimme nach.

    Im Gehen hob Danner den Mittelfinger der rechten Hand.

    Â 
    Â»Ihr habt ihn immer noch nicht? Was zum Teufel ist
so schwierig dran, einen Penner aufzutreiben?« Molle rummste Danner ein Bier unter
die Nase.

    Mücke kläffte die Beine des Wirtes an.

    Â»Das Vieh springt nachts in mein Bett, pisst in die Bude
und ich muss dreihundertmal am Tag Gassi gehen«, schimpfte Molle weiter.

    Â»Ist gut für die Figur.« Danner tätschelte Molles
fleckige Schürze.

    Molle zog ihm den Teller mit dem Schnitzel wieder weg:
»Statt blöde Sprüche zu klopfen, solltest du deinen Superschnüfflerarsch mal
ein bisschen schneller bewegen. Schließlich hast du den armen Kerl vor die Tür
gesetzt.«

    Â»Jetzt mach aber mal halblang, Molle«, schnauzte Danner
verärgert. »Wir haben den Penner schließlich nicht aus seiner Wohnung gejagt.«

    Sekundenlang runzelte Molle wütend die Stirn. Dann ließ
sich der dicke Wirt ächzend neben Danner auf den Stuhl sinken.

    Â»Mann, mach dir mal keinen Kopp, Molle.« Danner klopfte
seinem Kumpel beruhigend auf die Schulter. »Ist doch nicht Flieges erster
Winter auf der Straße.«

    Â»Wenn der heute Abend nicht auftaucht, sucht ihr morgen
weiter«, bockte Molle.

    Â»Aber nicht wieder in der Mittagspause.«

    Der verfilzte Stubenpinkler flog auf den Schoß des Wirtes
und leckte ihm tröstend durch das Gesicht. Obwohl das Tier noch einen halben
Meter von mir entfernt war, konnte ich die Duftwolke, in der es hockte – eine
Mischung von Fell, Hundefutter und Bier? –, unmöglich ignorieren.

    Molle kraulte den Hund hinter den verfilzten Ohren.

    Â»Du solltest den Stinker mal baden«, fand ich.

    Â 

7.

    Â»Justin hat mir mein Nutellabrot
geklaut«, nölte Till-Schlumpf am nächsten Vormittag.

    Seufzend sah ich hinunter auf das echte Lacoste- Minipoloshirt der kleinen Petze.
Zweifellos würde der als zehn Jahre älterer Gymnasiast immer noch das Gleiche sagen,
während Dickerchen Justin wohl eine Bilderbuchkarriere als Schutzgelderpresser
bevorstand. Und nach einem mittelmäßigen Hauptschulabschluss bequemes Abhartzen.
Oder ein Platz auf der Parkbank, gleich neben unserem Kumpel Fliege.

    Manchmal überraschten mich meine merkwürdigen Gedankengänge
selbst. Was für ein Quatsch! Man konnte den Kleinen wohl kaum ansehen, was
später mal aus ihnen wurde. Oder?

    Ich versuchte mir Till in vierzig Jahren vorzustellen,
ein größerer, dünnerer, schüchterner Doppelgänger unseres gesuchten Penners,
der verfilzte Bart rötlich. Es wollte mir einfach nicht gelingen, mein fiktiver
Alt-Schlumpf erinnerte stark an einen Bankangestellten. Gut, so könnte es
funktionieren: Till scheiterte als korrupter Bankmanager, wurde gefeuert und
landete so auf der Straße …

    Â»Liiiiiiilaaaaa!«, kreischte Till erbost los, weil ich
ihn noch immer interessiert betrachtete, ohne mich um sein Nutellabrotproblem zu
kümmern.

    Ich seufzte.

    Tills Glück war, dass Justin sein Frühstück immer in
einer Wegwerfmülltüte mitbrachte. Der dickliche Junge hatte sich mit seiner
Beute in der Kuschelecke unter der Treppe hinter einem großen roten Sitzkissen
verschanzt und kämpfte mit dem komplizierten Öffnungsmechanismus von Tills Tupperfrühstücksbox.

    Â»Justin! Das ist Tills Frühstück!« Ich bückte mich unter
die Treppe.

    Justin schleuderte mir ein Kissen entgegen.

    Â»Her damit!« Mit einem schnellen Griff schnappte ich dem
Wutzwerg die widerstandsfähige Box aus der Hand und warf einen kurzen Blick auf
den zähnefletschenden T-Rex auf dem Deckel. Unterdessen lag Justin hysterisch
kreischend und strampelnd zwischen den Kissen.

    Und die Brotdose öffnete sich – Abrakadabra – in Tills
winzigen Fingerchen wie durch Zauberhand.

    Ich versuchte, mir das wild um sich tretende Kind, das seine
kleinen Fäuste zornig in die dicken Kissen rammte, als erwachsenen Justin mit
Brille und Aktenkoffer vorzustellen.

    Ein Vorhaben, das eine gute Stunde später vollends zunichte
gemacht wurde. Und zwar von einer fünfzehn Jahre älteren und hundert Kilo
schwereren Ausgabe des Pausenbrotdiebs. Justins großer Doppelgänger hatte
offenbar den Auftrag, seine kleine Kopie abzuholen.

    Â»Komm schon,

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