Fliege machen
Zecke«, kommandierte der GroÃe, der in etwa
in meinem Alter sein musste, genervt. Er trug Springerstiefel, Glatze und eine
Bomberjacke, aus deren Kragen eine Speckrolle statt eines Nacken quoll. Der
groÃe Bruder oder der mal locker zwanzig Jahre jüngere Stecher von Justins
quadratischer Mutter. Beide Möglichkeiten waren ohne Weiteres denkbar.
Im Vorbeigehen steckte Justin noch schnell einen kindergarteneigenen
Gummigeier in die Hosentasche.
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In Sachen Sex-Handy kamen wir einfach nicht
weiter.
Morgens, mittags und abends versuchte Danner regelmäÃig,
das Telefon zu orten. Dank GPS und Internet eine einfache Möglichkeit, den
Aufenthaltsort eines Mobiltelefons zu bestimmen. Dazu musste man nur die
Telefonnummer kennen. Leider funktionierte diese praktische Ermittlungshilfe
für Privatdetektive nur, solange der Akku im Gerät war.
Das gesuchte Handy von Frau Müller-Wunk war seit Beginn
unserer Ermittlungen nicht zu orten gewesen. Vielleicht war also der Akku leer,
immerhin lagen zwischen dem Verschwinden des Telefons und dem Beginn unserer
Arbeit drei Tage. Oder es gab tatsächlich einen Dieb. Einen, der clever genug
gewesen war, den Akku zu entfernen. Was allerdings gegen den dicken Berti als
Täter sprechen würde, denn dem traute ich so viel kriminelle Weitsicht nicht
zu.
Frau Müller-Wunk hingegen hatte immerhin genug Weitsicht
besessen, ihr Handy mit einem sogenannten Silent
Finder auszurüsten, ein Programm, das das Handy durch Senden eines Codes
per SMS dazu brachte, Alarm zu schlagen. Eine praktische Einrichtung für
Menschen, die dazu neigten, ihr Telefon zu verlieren.
Danner und ich hatten also die Nummer des vermissten Apparats
auf unseren eigenen Geräten gespeichert und in verschiedenen Räumlichkeiten des
Kindergartens versucht, den Alarm auszulösen â ohne Erfolg.
Das Handy blieb verschollen und ich würde morgen wieder
das Vergnügen haben, einen spannenden Tag unter Zwergen zu verbringen. Auf den
winzigen Kinderstühlen an den niedrigen Tischen der Kita fühlte ich mich
allmählich wie Gulliver in Liliput.
Doch bevor ich mich auf meinen nächsten Tag im
Schlumpfland freuen konnte, stand uns ja an diesem Abend bei minus sechs Grad
noch die mindestens ebenso erfreuliche Suche nach Fliege, dem Hunde-Aussetzer,
bevor.
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Trotz der Kälte, der tiefschwarzen Wolken und der
hereinbrechenden Dunkelheit hatten sich heute rund zwanzig eher mehr als
weniger verwahrloste Teenager auf den öffentlichen Bänken des Busbahnhofs vor McDonaldâs niedergelassen. Sie rauchten,
soffen, lärmten.
Danner parkte seinen klapprigen Geländewagen auf der
anderen Seite des gläsernen Vorbaus der Bahnhofshalle zwischen einigen Taxis.
Ein südländischer Taxifahrer schien sich nicht besonders über unser sperriges
Ungetüm von einem Auto zu freuen, das mal eben zwei Taxenstellplätze belegte.
Er meckerte auf Türkisch.
»Sorry, Kumpel. Ich nix verstehen«, entgegnete Danner und
lieà den schimpfenden Taxifahrer stehen.
Ich zuckte entschuldigend die Schultern und rannte Danner
hinterher, denn ich hatte keine Lust, sein unmögliches Parkverhalten auszubaden
und mir das Gemecker von zehn bis zwölf Taxifahrern anzuhören, die um seine im
Weg stehende Schrottschüssel herummanövrieren mussten.
Danner steuerte zielstrebig am gläsernen Eingang des
Hauptbahnhofs vorbei auf die Besoffenen am Busbahnhof zu.
Irgendwer rülpste.
Um keine Wiederholung der Anmache von den Besoffenen zu
provozieren, zog ich mir die Kapuze meiner Cordjacke über die blonden Haare und
marschierte im Schatten des Bahnhofsgebäudes weiter, statt wie Danner die
gepflasterte Fahrspur der Busse zu überqueren.
Während Danner an die grell beleuchteten Busfahrpläne
neben die lärmenden Punks trat, entdeckte ich zwei pummelige Gestalten, die
unter einer StraÃenlaterne auf öffentlichen Bänken saÃen. Hinter den beiden
vermummten Mädchen ragten die zwei Stämme eines Baumes in den Nachthimmel. Die
Vorderseiten des kahlen Gewächses schienen im grellen Laternenlicht zu
leuchten, die Rückseiten verschwanden im Schatten. Das Klappern der Imbissküche
und die vorbeirauschende StraÃe verbreiteten Gemütlichkeit.
Gegenüber, mitten auf der Kreuzung von Ring und UniversitätsstraÃe,
steckte ein riesiger, rostiger Stahlklotz im Asphalt. Wie ein alter Container,
der irgendwann mal
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