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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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beinahe niedliches Gesicht. Fröhliche,
braune Augen, Stupsnase und gerötete Pausbacken, die sie wohl der
Schwangerschaft verdankte. Dieses Kindergesicht wollte nicht recht zu ihrer
deprimierend dunklen Kleidung und den rot-schwarz gefärbten Haarzotteln passen.

    Ich machte eine erschrockene Miene.

    Â»Keine Sorge«, winkte die Dicke ab, »die verhaften dich
nicht. Die quatschen dich nur voll. Du sollst wieder nach Hause und so. Die
wollen, dass du mit deinen Eltern redest. Musst heulen, einen auf Mitleid machen,
dann kannste die Typen um den Finger wickeln.«

    Na, die kannten sich offenbar alle gut aus.

    Â»Und wo pennt ihr nun?«, kam ich auf meine Frage zurück.

    Die drei tauschten einen kurzen Blick.

    Â»Versuch’s im Schlaf
am Zug an der Castroper Straße. Da gibt es Übernachtungsmöglichkeiten extra
für Jugendliche. Oder in der Notunterkunft am Stadion. Aber pass auf deine
Klamotten auf«, brummte die Dicke und schob sich einen Joint ins zerknautschte
Gesicht. »Die Junkies klauen dir den Schlüpper vom Arsch weg.«

    Â»Wenn du nix findest, komm heute Abend wieder her«, bot
mir die Schwangere an.

    Das Gesicht der Dicken zerknautschte noch ein bisschen
mehr. Ich konnte ihre Miene nicht genau deuten, doch Begeisterung über die
spontane Einladung sollte sie vermutlich nicht ausdrücken.

    Â»Gebongt!«, freute ich mich trotzdem.

    Bevor die Dicke was einzuwenden hatte, hob ich die Zigarette
zum Abschied. Ich hatte ja was erreicht, jetzt nicht zu aufdringlich wirken.
Immerhin hatte man mich nicht gleich zur Begrüßung zusammengeschlagen.

    Natürlich würde ich heute Abend am Bahnhof sein. Und mit
ein bisschen Glück fand ich nicht nur heraus, wo die Mädchen nachts
untertauchten, sondern begegnete auch Bohne und seinem Schlägertrupp.

    Dann könnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen:
die Mädels über den verschwundenen Penner aushorchen und die Polizeiarbeit ein
wenig unterstützen und dafür sorgen, dass Bohnes Gemüsetruppe hinter Gittern
landete.

    Ein Gedanke blitzte zwischen meinen Überlegungen auf: Bei
unserem Zusammentreffen hatte der Schmuckfreund auch Fliege Prügel angedroht.
Konnte es sein, dass der Penner einen ähnlichen Zusammenstoß mit den
Straßenkids gehabt hatte wie Danner und ich?

    Â»Ey, du!«, bellte die Dicke hinter mir her, als ich schon
ein gutes Stück in Richtung Ampel geschlendert war.

    Ich tat, als fühlte ich mich nicht angesprochen, und ging
einfach weiter. Nicht, dass die mir die freundliche Einladung der Schwangeren
noch vermieste.

    Â»Wie heißte eigentlich?«

    Jetzt sah mich doch um.

    Â»Lila.« In einem Umfeld, in dem man sich wahlweise mit
Tier- oder Gemüsenamen ansprach, erschien mir das mehr als ausreichend. »Und
ihr?«

    Â»Dicke«, sagte die Dicke.

    Â»Glatze«, sagte die Tätowierte.

    Â»Engel«, sagte die Schwangere.

    Lila reichte vollkommen.

    Â 

12.

    Ich bemerkte den dunklen Wagen erst,
nachdem er schon einige Meter im Schritttempo neben mir hergefahren war.
Erschrocken wich ich zur Seite.

    Der Mann am Steuer hatte sich über das Lenkrad nach vorn
gebeugt und starrte mich an.

    Es dauerte noch einige Sekunden, bis ich Staschek erkannte.
Ich blieb stehen.

    Der Kriminalkommissar hielt an und ließ das Seitenfenster
mit einem elektrischen Surren herunter. »Lila?«

    Â»Lenny. Hi.«

    Der Polizist blockierte kurzerhand die gesamte rechte
Spur des Südrings, bevor er aus dem Wagen sprang und mit wehendem Mantel auf mich
zustürmte.

    Â»Dreimal bin ich an dir vorbeigefahren!«, regte er sich
auf.

    Die Autofahrer, die in den von seinem Kombi verursachten
Stau gerieten, regten sich ebenfalls auf. Mehrere Hupen tröteten los.

    Â»Musst du jetzt die Verkehrskontrollen selbst übernehmen?«,
erkundigte ich mich freundlich.

    Â»He, du Arsch! Das ist kein Seniorenparkplatz hier!«,
brüllte ein aufgeregter Abiturient, bei dem der BMW seines Vaters offenbar
einen akuten Selbstbewusstseinsschub ausgelöst hatte.

    Als Staschek sich umdrehte, hatte er seinen
Polizeiausweis bereits aus der Manteltasche gezogen: »Und du kannst gleich zu
Fuß weitergehen, Freundchen! Das hier ist ein Polizeieinsatz, kapiert?«

    Hastig ließ der Junge das Fahrerfenster wieder zusurren.

    Â»Also«, wandte sich Staschek mir zu. »Was soll die Verkleidung?
Was machst du hier?«

    Â»Arbeiten, sieht

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