Fliegende Fetzen
im Mondschein. Ein Schatten huschte über den Hang einer Düne.
Etwas heulte in der Wüstennacht.
Mumm spürte, wie sich seine Haare an Nacken und Rücken aufrichteten, so wie es auch bei seinen Vorfahren der Fall gewesen war.
Die Nacht ist immer alt. Er war zu oft zu später Stunde durch die dunklen Straßen gewandert und hatte dabei gespürt, wie sich die Nacht um ihn herum dehnte. In seinem Blut wußte er: Tage, Könige und Reiche kommen und gehen, doch die Nacht ist immer gleich, äonentief. Schrecken entfaltete sich in samtener Schwärze – die Art der Krallen mag sich ändern, die Art des Geschöpfes aber nicht.
Mumm stand lautlos auf und griff nach seinem Schwert.
Es war nicht da.
Die Klatschianer hatten es ihm weggenommen. Sie…
»Eine angenehme Nacht«, erklang eine Stimme neben ihm.
Jabbar stand an seiner Seite.
»Wer ist dort draußen?« flüsterte Mumm.
»Ein Feind.«
»Welcher?«
Weiße Zähne glänzten kurz in der Dunkelheit.
»Das finden wir bald heraus, Offendi.«
»Warum sollte jetzt jemand angreifen?«
»Vielleicht glaubt der Feind, wir hätten etwas, das er haben will, Offendi.«
Mehr Schatten glitten durch die Wüste.
Einer ragte hinter Jabbar auf, griff nach unten und hob ihn hoch. Eine große graue Hand nahm ihm das Schwert ab.
»Was soll ich mit ihm machen, Herr Mumm?«
»Detritus?«
Der Troll salutierte mit der Hand, die den D’reg hielt.
»Gesund und munter, Herr!«
»Aber…« Plötzlich verstand Mumm. »Es ist kalt! Dein Gehirn funktioniert wieder?«
»Besser als vorher, Herr.«
»Ist das ein Dschinn?« fragte Jabbar.
»Ich weiß nicht, aber ich könnte jetzt einen vertragen«, erwiderte Mumm. Er fand endlich ein Streichholz in seiner Hosentasche. »Setz ihn ab, Feldwebel«, sagte er und zündete sich eine Zigarre an. »Jabbar, das ist Feldwebel Detritus. Er könnte dir jeden Knochen im Leib brechen, auch die kleinen in den Fingern, die normalerweise…«
Es zischte in der Dunkelheit, und etwas sauste dicht an Mumms Nacken vorbei. Einen Sekundenbruchteil später prallte Jabbar gegen ihn und stieß ihn zu Boden.
»Sie schießen auf das Licht!«
»Mwwf?«
Mumm hob vorsichtig den Kopf, spuckte Sand und Tabakreste.
»Herr Mumm?«
Nur Karotte flüsterte auf diese Weise. Er verband Flüstern mit Heimlichkeit und Lüge, und sein Kompromiß bestand darin,
laut
zu flüstern. Mumm beobachtete entsetzt, wie der Hauptmann mit einer kleinen Lampe hinter einem Zelt hervortrat.
»Stell das verdammte Ding…«
Er hatte keine Gelegenheit, den Satz zu beenden. Irgendwo in der Nacht schrie ein Mann. Es war ein schriller Schrei, der abrupt abbrach.
»Ah«, sagte Karotte, ging neben Mumm in die Hocke und blies die Lampe aus. »Das dürfte Angua gewesen sein.«
»Aber es klang… Oh. Ja, ich verstehe, was du meinst«, erwiderte Mumm voller Unbehagen. »Sie ist also dort draußen.«
»Ich habe sie schon vor einer ganzen Weile gehört. Wahrscheinlich hat sie viel Spaß. In Ankh-Morpork hat sie nicht viele Chancen, sich richtig auszutoben.«
»Äh… nein…« Mumm dachte an einen Werwolf, der sich austobte. Aber Angua würde doch nicht…
»Ihr beiden…äh… kommt ihr gut miteinander zurecht?« fragte Mumm und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen.
»Oh, ja. Bestens.«
Es beunruhigt dich also nicht, daß sich Angua immer wieder in einen Wolf ve
r
wandelt
? Mumm brachte es nicht fertig, diese Frage zu stellen.
»Es gibt überhaupt keine… Probleme?«
»Nein, eigentlich nicht, Herr Kommandeur. Angua kauft ihren eigenen Hundekuchen, und sie hat ihre Klappe in der Tür. Bei Vollmond werde ich kaum an den Ereignissen beteiligt.«
Laute Stimmen erklangen in der Nacht, und dann raste eine Gestalt aus der Dunkelheit heran. Sie jagte an Mumm vorbei und verschwand in einem Zelt, ohne nach einem Eingang zu suchen. Sie prallte mit voller Geschwindigkeit auf das Tuch und setzte den Weg fort, bis das ganze Zelt um sie herum einstürzte.
»Und was war
das
?« fragte Jabbar.
»Die Erklärung könnte recht lange dauern«, sagte Mumm und stand auf.
Karotte und Detritus zogen bereits an den Planen des Zelts.
»Wir sind D’regs«, sagte Jabbar vorwurfsvoll. »Die Tradition verlangt von uns, daß wir unsere Zelte leise abbauen, nicht auf eine
solche
Weise…«
Der Mond schien hell genug. Angua setzte sich auf und zog Karotte ein Stück Zelt aus der Hand.
»Herzlichen
Dank«, sagte sie und hüllte sich in den Fetzen. »Bevor jemand fragt: Ich habe ihn nur in den Hintern
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