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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Bewohner gelten als Musterbeispiel für bukolische Dummheit. Aus irgendeinem mir völlig unerfindlichen Grund scheinen die Wächter angenommen zu haben, daß ihr von dort stammt. Was das Morporkianische betrifft… Das ist selbst im klatschianischen Reich eine Art Lingua franca. Wenn jemand aus Herscheba mit jemandem aus Istanzia Geschäfte machen möchte, feilschen sie auf Morporkianisch. Das gereicht uns natürlich zum Vorteil. Die große Streitmacht, die hier zusammengestellt wird, bedeutet folgendes: Praktisch jeder Mann ist für den nächsten ein Fremder mit sonderbaren Angewohnheiten. Wir sollten also nicht auffallen, solange wir uns nicht
zu
fremdartig verhalten. Damit meine ich, daß wir weder Curry mit Steckrüben und Rosinen noch Winkels Besonders Altes Bier bestellen sollten, habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    »Äh… was hast du vor, Exzellenz?«
    »Zuerst erkunden wir die Lage.«
    »Und dann suchen wir das klatschianische Oberkommando. Dort möchte ich mit Leonards Hilfe ein kleines… Paket abliefern, von dem ich hoffe, daß es den Krieg sehr schnell beendet.«
    Feldwebel Colon sah den Patrizier groß an. Seit einigen Sekunden führte das Gespräch in eine für ihn sehr verwirrende Richtung.
    »Bitte um Entschuldigung, Exzellenz… Du hast gerade das Oberkommando erwähnt.«
    »Ja, Feldwebel.«
    »Meinst du damit die… Lametta- beziehungsweise Turbanträger, die hohen Tiere, umgeben von den Elitetruppen? Sie umgeben sich immer mit Elitetruppen, die hohen Tiere.«
    »Damit rechne ich auch in diesem Fall, ja. Ich hoffe es sogar.«
    Feldwebel Colon versuchte erneut, mit der Konversation Schritt zu halten.
    »Ah. Gut. Und wir brechen auf und suchen nach dem Oberkommando, Herr?«
    »Ich kann es wohl kaum bitten, zu uns zu kommen, Feldwebel.«
    »Oh, natürlich nicht, Herr. Ich meine, dann würde es hier viel zu eng.«
    Schließlich hob Lord Vetinari doch noch den Kopf.
    »Gibt es irgendein Problem, Feldwebel?«
    Feldwebel Colon erfuhr ein weiteres Geheimnis der Tapferkeit. Eigentlich handelte es sich dabei um verstärkte Feigheit: Man wußte, daß der Tod
vielleicht
auf einen wartete, wenn man vorrückte; aber das war nichts im Vergleich zu der
sicheren
Hölle, die einen nach dem Rückzug empfangen würde.
    »Äh… nein, eigentlich nicht, Herr«, sagte er.
    »Gut.« Vetinari legte das Papierbündel beiseite. »Wenn der Sack noch mehr geeignete Kleidung enthält, ziehe ich mich jetzt um, und dann sehen wir uns Al-Khali an.«
    »Lieber Himmel…«
    »Wie bitte, Feldwebel?«
    »Ich meine, ich freue mich schon, Herr.«
    »Gut.« Vetinari zog gewisse Gegenstände aus dem Sack: die Keulen eines Jongleurs, einen Beutel mit bunten Kugeln und dann ein Plakat von der Art, wie man es an der Seite der Bühne während der Vorstellung eines Artisten erwarten durfte.
    »›Gulli, Gulli und Beti‹«, las er. »›Exotische Kunststücke und Tänze.‹ Hm«, fügte er hinzu, »offenbar gehörte auch eine Dame zu den Eigentümern dieses Sacks.«
    Die Wächter betrachteten den hauchdünnen Stoff, der als nächster auftauchte. Nobby bekam Stielaugen.
    »Was ist
das
denn?«
    »Ich glaube, so etwas bezeichnet man als Haremhose, Korporal.«
    »Sie ist ziemlich…«
    »Die Kleidung der Bajadere oder exotischen Tänzerin dient nicht in erster Linie dazu, etwas zu enthüllen, sondern soll vielmehr auf eine
b
e
vorstehende
Enthüllung hinweisen«, erklärte der Patrizier.
    Nobby blickte auf das Kostüm hinab, sah dann zu Feldwebel Al-Colon in
seinem
Kostüm und sagte fröhlich: »Nun, ich weiß nicht, ob dir so etwas stehen wird, Herr.«
    Er bereute seine Worte sofort.
    »Ich hatte nicht vor, mich damit zu verkleiden«, erwiderte der Patrizier ruhig. »Bitte gib mir deinen Fes, Korporal Beti.«
     
    Das subtile und trügerische Licht vor dem eigentlichen Morgengrauen kroch über die Wüste. Der Kommandant des klatschianischen Kontingents freute sich keineswegs darüber.
    Die D’regs griffen immer bei Morgengrauen an. Es spielte keine Rolle, wie viele sie waren und wie groß die Anzahl der Feinde sein mochte. Der ganze Stamm griff an, nicht nur die Männer, Frauen und Kinder, sondern auch Kamele, Ziegen, Schafe und Hühner. Man konnte natürlich Vorbereitungen treffen und den Gegner mit Bögen dezimieren, aber… sie erschienen immer ganz plötzlich, wie von der Wüste ausgespuckt. Wenn man zu lange wartete und zu spät reagierte… mußte man damit rechnen, von Schwertern, Schnäbeln, Hufen und Kamelspucke attackiert zu

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