Fliegende Fetzen
ziemlich einsam, unser Nobby«, sagte Karotte.
»Nun, ja…«
»Aber ich bin sicher, früher oder später findet er die richtige Person«, fügte Karotte munter hinzu.
Wahrscheinlich in einer Flasche, dachte Angua und erinnerte sich an das Gespräch mit ihm. Es war schrecklich, so zu denken, aber… in ihr regte sich Unbehagen bei der Vorstellung, daß man Nobby gestattete, sich dem Genpool hinzuzugesellen, wenn auch nur am seichten Ende.
»Diese Münzen sind seltsam«, sagte Karotte.
»Wie meinst du das?« fragte Angua, dankbar für die Ablenkung.
»Warum sollte man Ostie in klatschianischen
Wol
bezahlen? Hier hätte er nichts damit kaufen können, und die Geldwechsler bieten keinen besonders guten Kurs an.« Karotte warf eine Münze in die Luft und fing sie wieder auf. »Als wir aufbrachen, sagte Herr Mumm zu mir: ›Versucht, die Datteln und das Kamel unter dem Kopfkissen zu finden.‹ Ich glaube, ich weiß, was er meinte.«
»Sand auf dem Boden«, sagte Angua. »Gibt es eine
deutlichere
Spur? Man weiß sofort, daß nur ein Klatschianer in Frage kommt.«
»Aber die Gewürznelke.« Karotte befingerte das braune Etwas. »Nicht einmal bei den Klatschianern ist es üblich, solche Dinge mit sich herumzutragen. Das ist keine deutliche Spur, oder?«
»Sie riecht nicht so alt«, stellte Angua fest. »Ich schätze, er war in der vergangenen Nacht hier.«
»
Nach
Osties Tod?«
»Ja.«
»Warum?«
»Woher soll ich das wissen?« erwiderte Angua. »Und überhaupt: Was ist 71-Stunden-Ahmed für ein Name?«
Karotte zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich glaube, Herr Mumm
glaubt,
jemand in Ankh-Morpork will uns zu der Annahme verleiten, die Klatschianer hätten für den Anschlag auf den Prinzen bezahlt. Das klingt… scheußlich, aber logisch. Allerdings verstehe ich nicht, warum ein echter Klatschianer an dieser Sache beteiligt ist…«
Ihre Blicke trafen sich.
»Politik?« sagten sie beide gleichzeitig.
»Für genug Geld wären viele Leute zu
allem
bereit«, meinte Angua.
Plötzlich klopfte es mit ziemlichem Nachdruck an der Tür.
»Hast du jemanden dort drin?« fragte Frau Geifer.
»Durchs Fenster!« flüsterte Karotte.
»Warum zerfetze ich ihr nicht einfach die Kehle?« entgegnete Angua. »Schon gut, es war nur ein
Scherz
.« Sie seufzte und kletterte nach draußen.
In Ankh-Morpork gab es keine Feuerwehr mehr. Manchmal dachten die Bürger der Stadt sehr direkt, und es dauerte nicht lange, bis sie einsahen: Es konnte falsch sein, eine Gruppe von Männern für die Anzahl der Brände zu bezahlen, die sie löschten. Kurz nach dem Holzkohlendienstag war der Groschen endgültig gefallen.
Seitdem verließ man sich in Ankh-Morpork auf das gute alte Prinzip des eigenen Interesses. Wer in der Nähe eines brennenden Gebäudes wohnte, zögerte nicht, etwas gegen das Feuer zu unternehmen. Immerhin konnte das Strohdach, das so gerettet wurde, durchaus das eigene sein.
Doch die Menge vor der brennenden Botschaft beobachtete das Feuer so, als loderte es auf einem fernen Kontinent.
Die Leute wichen automatisch beiseite, als Mumm sich mit den Ellenbogen einen Weg zum Tor bahnte. Flammen leckten bereits aus allen Fenstern im Erdgeschoß; hin und her laufende Gestalten zeichneten sich in ihrem flackernden Schein ab.
Er wandte sich der Menge zu. »Was ist los mit euch? Bildet eine Eimerkette!«
»Es ist
ihre
verdammte Botschaft«, sagte jemand.
»Ja. Klatschianisches Territorium.«
»Und klatschianisches Territorium darf man nicht einfach so betreten.«
»Das wäre eine
Invasion.
«
»Sie erlauben es gar nicht«, sagte ein kleiner Junge mit einem Eimer in der Hand.
Mumm sah zum Tor der Botschaft. Zwei Wächter standen dort. Ihre besorgten Blicke glitten zwischen dem Feuer hinter ihnen und der Menge vor ihnen hin und her. Sie waren nervös. Aber was noch schlimmer war: Sie waren nervös und mit Schwertern bewaffnet.
Der Kommandeur näherte sich ihnen vorsichtig, lächelte und hob seine Dienstmarke wie einen Schild. Er wünschte sich plötzlich, sie wäre ein ganzes Stück größer.
»Ich bin Kommandeur Mumm von Ankh-Morporks Stadtwache«, sagte er und versuchte, möglichst freundlich und hilfsbereit zu klingen.
Einer der beiden Wächter winkte ihn fort. »Hinweg mit dir!«
»Äh…«, sagte Mumm. Er sah aufs Kopfsteinpflaster, hob dann den Kopf und richtete seinen Blick wieder auf den Wächter. Irgendwo in den Flammen schrie jemand.
»Du! Komm her! Siehst du das?« rief er dem Wächter zu und deutete
Weitere Kostenlose Bücher