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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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lange vernachlässigten Komposthaufen halten können. Sie schnüffelte, während sie ging.
    Ein Fuß streckte sich, um das Geschöpf anzuhalten.
    »Guten Abend, Krummi«, sagte Karotte, als der Karren zum Stehen kam.
    Die gebeugte Gestalt verharrte. Ein Teil von ihr neigte sich nach oben.
    »Ver’winde«, erklang es irgendwo in dem Haufen.
    »Oh, ich bitte dich, Krummi, wir wollen uns doch gegenseitig helfen, nicht wahr? Du hilfst mir, und ich helfe dir.«
    »Ver’winde, ‘ptm’nn.«
    »Du beantwortest meine Fragen«, erklärte Karotte. »Und ich verzichte darauf, deinen Karren zu durchsuchen.«
    »Ich verabscheue Gnolle«, sagte Angua. »Sie riechen
scheußlich

    »Oh, jetzt bist du ungerecht. Ohne dich und deinesgleichen wären die Straßen viel schmutziger, nicht wahr, Krummi?« Karotte sprach noch immer in sehr freundlichem Ton. »Du hebst dies auf und hebst das auf, schlägst es manchmal gegen die nächste Wand, bis es zu zappeln aufhört…«
    »‘s ist d’ völl’g falsche Wahr’eit«, erwiderte der Gnoll. Es folgte ein Blubbern, das leises Lachen sein mochte.
    »Wie ich hörte, weißt du vielleicht, wo sich Schneetreiben Schuppert aufhält«, sagte Karotte.
    »K’ne Ahn’ng.«
    »Gut.« Karotte holte eine Mistgabel mit drei Zinken hervor und wanderte um den tropfenden Karren herum.
    »Hab k’ne Ahn’ng v’n d’m Süßwa’nlad’n im Geldf’nweg.«
    »Meinst du den Laden mit dem Schild ›Zimmer zu vermieten‹?«
    »G’nau.«
    »Ausgezeichnet. Danke, daß du ein so hilfsbereiter Bürger gewesen bist«, sagte Karotte. »Übrigens: Auf dem Weg hierher haben wir eine tote Möwe gesehen. Sie liegt in der Brauerstraße. Wenn du dich beeilst, erreichst du sie vielleicht, bevor der Andrang zu groß wird.«
    Der Gnoll schnaufte etwas Unverständliches und beugte sich wieder nach vorn. Der Karren wankte los und verschwand kurz darauf hinter einer Straßenecke.
    »Im Grunde ihres Wesens sind es gute Burschen«, sagte Karotte. »Es spricht für die Toleranz in dieser Stadt, daß selbst Gnolle in Ankh-Morpork eine Heimat finden können.«
    »Wenn ich sie sehe und
rieche,
dreht sich mir der Magen um«, erwiderte Angua. »Auf diesem wuchsen sogar Pflanzen!«
    »Herr Mumm sagt, wir sollten etwas für sie tun«, ließ sich Karotte vernehmen.
    »Er meint es wirklich gut.«
    »Mit einem Flammenwerfer, sagt er.«
    »Das würde nichts nützen. Sie sind zu feucht. Hat man jemals herausgefunden, wovon sie sich ernähren?«
    »Man sollte sich die Gnolle besser als Leute vorstellen, die… saubermachen. Heutzutage sieht man nicht mehr so viel Müll und tote Tiere auf den Straßen wie früher.«
    »Ja, aber hast du jemals beobachtet, daß ein Gnoll mit Bürste und Schaufel arbeitet?«
    »Nun, so ist das eben mit der Gesellschaft«, sagte Karotte. »Alles wird auf die Leute weiter unten abgeladen, bis man jemand findet, der bereit ist, es zu essen. Das sagt jedenfalls Herr Mumm.«
    »Ja«, erwiderte Angua. Eine Zeitlang gingen sie schweigend, dann fragte sie: »Für dich ist sehr wichtig, was Herr Mumm sagt, nicht wahr?«
    »Er ist ein guter Polizist und ein Beispiel für uns alle.«
    »Und… du hast nie in Erwägung gezogen, dir zum Beispiel in Quirm eine neue Arbeit zu suchen? Die anderen Städte machen Wächtern aus Ankh-Morpork gute Angebote.«
    »Was, Ankh-Morpork verlassen?« Sein Tonfall war Antwort genug.
    Angua seufzte. »Nein, natürlich nicht.«
    »Außerdem weiß ich gar nicht, wie Herr Mumm ohne mich zurechtkommen sollte.«
    »Das ist ein Standpunkt«, kommentierte Angua.
    Es war nicht weit bis zum Geldfallenweg. Er gehörte zu einem Stadtviertel, dessen Bewohner Lord Rust vermutlich als »geschickte Handwerker« bezeichnet hätte. Die Betreffenden standen auf der sozialen Leiter zu tief, um Dinge zu erschüttern, aber gleichzeitig hoch genug, um sich nicht so leicht erschüttern zu lassen. Viele von ihnen arbeiteten als Schleifer und Polierer. Es waren Leute, die nicht viel besaßen und sehr stolz auf das Wenige waren. Es gab kleine Hinweise darauf, zum Beispiel glänzende Hausnummernschilder. Und an den Wänden der Häuser, die nach Jahrhunderten des Bauens und Erweiterns eine lange Reihe bildeten, markierten unterschiedliche Farben Eigentumsgrenzen: Bis auf den Millimeter genau hatten die Bewohner ihren Teil der langen Hausreihe gestrichen. Karottes Meinung nach drückte solch ein Verhalten die instinktive Erkenntnis der Leute aus, daß Zivilisation auf dem gegenseitigen Respekt von Besitz basiert.

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