Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
der Wüste dem Summen, Klicken und Kreischen von Geschöpfen,
    denen es an der überlegenen Intelligenz des Menschen mangelte. Sie
    suchten niemanden, dem sie die Schuld geben konnten, hielten lieber
    nach jemandem Ausschau, der sich fressen ließ.
    Etwa um drei Uhr in der Nacht trat Mumm vor das Zelt, um zu rau-
    chen. Es war eiskalt. Das durfte in Wüsten doch eigentlich nicht passieren, oder? Mit Wüsten verband man Hitze und Kamele und… und…
    Mumm rang mit dem Unbekannten wie jemand, dessen geographisches
    Wissen ausgesprochen lückenhaft wurde, sobald er die gepflasterte Stra-
    ße verließ. Kamele und… ja, Datteln. Und vielleicht auch Bananen und
    Kokosnüsse. Aber hier war es so kalt, daß der Atem kondensierte.
    Er winkte mit dem Zigarrenpäckchen theatralisch dem D’reg zu, der
    unweit des Zeltes saß. Der Krieger zuckte mit den Schultern.
    Vom Feuer war nur noch ein grauer Haufen übrig. Mumm stocherte
    darin herum, in der Hoffung, einen letzten Rest glühender Asche zu fin-
    den.
    Er staunte über das Ausmaß des in ihm brodelnden Zorns. Ahmed war
    der Schlüssel – das wußte er. Und jetzt saßen sie hier in der Wüste fest, und niemand wußte, wo Ahmed steckte, und sie befanden sich in der
    Gewalt von… eigentlich ganz netten Leuten, zugegeben. Es mochten
    Räuber und Banditen sein, das Äquivalent von Piraten auf dem trocke-
    nen Land. Doch Karotte hätte sie bestimmt als sympathische Burschen
    bezeichnet. Wenn sie sich damit zufriedengaben, ihre Gäste zu sein, war
    al es in Butter, oder in Schafsaugen mit Sirup, oder was auch immer…
    Etwas bewegte sich im Mondschein. Ein Schatten huschte über den
    Hang einer Düne.
    Etwas heulte in der Wüstennacht.
    Mumm spürte, wie sich seine Haare an Nacken und Rücken aufrichte-
    ten, so wie es auch bei seinen Vorfahren der Fall gewesen war.
    Die Nacht ist immer alt. Er war zu oft zu später Stunde durch die
    dunklen Straßen gewandert und hatte dabei gespürt, wie sich die Nacht
    um ihn herum dehnte. In seinem Blut wußte er: Tage, Könige und Rei-
    che kommen und gehen, doch die Nacht ist immer gleich, äonentief.
    Schrecken entfaltete sich in samtener Schwärze – die Art der Kral en
    mag sich ändern, die Art des Geschöpfes aber nicht.
    Mumm stand lautlos auf und griff nach seinem Schwert.
    Es war nicht da.
    Die Klatschianer hatten es ihm weggenommen. Sie…
    »Eine angenehme Nacht«, erklang eine Stimme neben ihm.
    Jabbar stand an seiner Seite.
    »Wer ist dort draußen?« flüsterte Mumm.
    »Ein Feind.«
    »Welcher?«
    Weiße Zähne glänzten kurz in der Dunkelheit.
    »Das finden wir bald heraus, Offendi.«
    »Warum sollte jetzt jemand angreifen?«
    »Vielleicht glaubt der Feind, wir hätten etwas, das er haben will, Offen-
    di.«
    Mehr Schatten glitten durch die Wüste.
    Einer ragte hinter Jabbar auf, griff nach unten und hob ihn hoch. Eine
    große graue Hand nahm ihm das Schwert ab.
    »Was soll ich mit ihm machen, Herr Mumm?«
    »Detritus?«
    Der Troll salutierte mit der Hand, die den D’reg hielt.
    »Gesund und munter, Herr!«
    »Aber…« Plötzlich verstand Mumm. »Es ist kalt! Dein Gehirn funktio-
    niert wieder?«
    »Besser als vorher, Herr.«
    »Ist das ein Dschinn?« fragte Jabbar.
    »Ich weiß nicht, aber ich könnte jetzt einen vertragen«, erwiderte
    Mumm. Er fand endlich ein Streichholz in seiner Hosentasche. »Setz ihn
    ab, Feldwebel«, sagte er und zündete sich eine Zigarre an. »Jabbar, das ist Feldwebel Detritus. Er könnte dir jeden Knochen im Leib brechen, auch
    die kleinen in den Fingern, die normalerweise…«
    Es zischte in der Dunkelheit, und etwas sauste dicht an Mumms Nak-
    ken vorbei. Einen Sekundenbruchteil später pral te Jabbar gegen ihn und
    stieß ihn zu Boden.
    »Sie schießen auf das Licht!«
    »Mwwf?«
    Mumm hob vorsichtig den Kopf, spuckte Sand und Tabakreste.
    »Herr Mumm?«
    Nur Karotte flüsterte auf diese Weise. Er verband Flüstern mit Heim-
    lichkeit und Lüge, und sein Kompromiß bestand darin, laut zu flüstern.
    Mumm beobachtete entsetzt, wie der Hauptmann mit einer kleinen
    Lampe hinter einem Zelt hervortrat.
    »Stel das verdammte Ding…«
    Er hatte keine Gelegenheit, den Satz zu beenden. Irgendwo in der
    Nacht schrie ein Mann. Es war ein schriller Schrei, der abrupt abbrach.
    »Ah«, sagte Karotte, ging neben Mumm in die Hocke und blies die
    Lampe aus. »Das dürfte Angua gewesen sein.«
    »Aber es klang… Oh. Ja, ich verstehe, was du meinst«, erwiderte
    Mumm vol er Unbehagen. »Sie ist also

Weitere Kostenlose Bücher