Fliegende Fetzen
gelang Fred Colon, an dem schmierigen Holz Halt zu finden. Rein
theoretisch begann nun ein sehr heldenhaftes Unternehmen. Er und
Nobby Nobbs, die kühnen Krieger, stießen wagemutig ins Territorium
des Feindes vor. Leider wußte Colon, daß sie sich nur deshalb auf so
etwas einließen, weil Lord Vetinari im Boot saß und auf sehr eindeutige
Weise die Brauen heben würde, wenn sie sich weigerten.
Colon hatte immer angenommen, daß Helden über einen besonderen
inneren Antrieb verfügten, der sie kühn aufbrechen ließ, um für Gott,
Vaterland und Apfelkuchen – beziehungsweise für eine andere Speziali-
tät aus dem kulinarischen Repertoire der Mutter – zu sterben. Ihm wäre
nie in den Sinn gekommen, daß sich Helden so verhielten, weil man sie
ausschimpfte, wenn sie Furcht zeigten.
Colon griff nach unten.
»Komm hoch, Nobby«, sagte er. »Und denk daran: Wir tun dies für die
Götter, Ankh-Morpork und…« Colon war der Ansicht, daß eine leckere
Spezialität durchaus dazugehörte. »Und für das berühmte Hachsenbröt-
chen meiner Mutter!«
»Meine Mutter hat uns nie Hachsenbrötchen probieren lassen«, erwi-
derte Nobby, als er sich auf die Planken zog. »Aber du würdest staunen,
was sie mit einem Stück Käse anstellen konnte…«
»Ja, mag sein, aber das eignet sich nicht unbedingt für einen Schlacht-
ruf. ›Für die Götter, Ankh-Morpork und ein erstaunliches Etwas, das
Nobbys Mutter mit einem Stück Käse anstel en konnte‹? O ja, damit
säen wir Furcht in den Herzen unserer Feinde!« sagte Colon.
»Nun, wenn es darum geht, Furcht zu verbreiten…«, entgegnete Nob-
by. »Dafür wäre der ›Verzweifelte Pudding‹ meiner Mutter bestens geeig-
net. Mit Vanillesoße.«
»War er so schlimm?«
»Noch schlimmer, Feldwebel.«
Die Docks von Al-Khali sahen wie beliebige Docks aus, und zwar aus
gutem Grund. Ganz gleich, wo solche Hafenanlagen errichtet werden:
Sie dienen überal dem gleichen Zweck. Schiffe müssen be- und entladen
werden, und es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Methoden, dies zu
bewerkstelligen. Deshalb sehen alle Docks gleich aus. Manche sind hei-
ßer, andere feuchter, aber überal liegen Haufen von Dingen, die einen
halb vergessenen Eindruck erwecken.
In der Ferne glühten die Lichter der Stadt, die nichts von der Invasion
feindlicher Streitkräfte ahnte.
»›Besorgt uns Kleidung, mit der wir nicht auffal en‹«, brummte Colon.
»Leicht gesagt.«
»Es ist nicht nur leicht gesagt, sondern auch leicht getan«, behauptete
Nobby. »Ein Kinderspiel. Jeder weiß, wie man dabei vorgeht. Man versteckt sich in einer dunklen Gasse und wartet auf zwei geeignete Bur-
schen, die man dann näher lockt, um ihnen eins über die Rübe zu geben,
ja, und kurze Zeit später trägt man ihre Sachen.«
»Und das funktioniert?«
»Es klappt immer, Feldwebel«, sagte Nobby voller Zuversicht.
Im Mondschein wirkte die Wüste wie Schnee.
Mit der Taktikus-Methode des Kämpfens kam Mumm gut zurecht. Auf
diese Weise gingen Polizisten vor. Ein richtiger Polizist bezog nicht zu-
sammen mit anderen Polizisten Aufstellung, um dann anzugreifen. Ein
richtiger Polizist ging auf leisen Sohlen, lauerte im Schatten und wartete auf den richtigen Zeitpunkt. Anders ausgedrückt: Er geduldete sich, bis
der Verbrecher das Verbrechen begangen hatte und die Beute wegschlepp-te. Welchen Sinn hatte es, früher aktiv zu werden? Man mußte realistisch
bleiben. »Wir haben den Täter« klang weitaus besser als »Wir haben den
Burschen, der die Tat verüben wol te« – erst recht dann, wenn jemand
Beweise verlangte.
Irgendwo auf der linken Seite schrie jemand in der Ferne.
Nur die Kleidung weckte ein wenig Unbehagen in Mumm. Er hatte das
Gefühl, mit einem Nachthemd in den Kampf zu ziehen.
Er war ganz und gar nicht sicher, ob er jemanden töten konnte, der
nicht seinerseits versuchte, ihn umzubringen. Eigentlich mußte er davon ausgehen, daß ihm jeder bewaffnete Klatschianer nach dem Leben trachtete. So war das eben im Krieg. Aber…
Er hob den Kopf über den Rand einer Düne. Ein Klatschianer blickte
in die andere Richtung. Mumm kroch…
»Bimmel-bimmel-bamm! Dies ist der auf sieben Uhr morgens pro-
grammierte Weckruf. Hier Namen einfügen! Ich hoffe…«
»Häh?«
»Verdammt!«
Mumm reagierte zuerst und hieb dem anderen Mann die Faust auf die
Nase. Er sah keinen Sinn darin, zu warten und festzustellen, welche Wir-
kung er damit erzielte. Von einem Augenblick zum anderen
Weitere Kostenlose Bücher