Fliegende Fetzen
zerplatzten an der Meeresoberfläche.
»Vater?« sagte er.
»Das ist der Schmierige Arif da draußen!« donnerte Fester. »Sieh ihn
dir gut an! Seit Jahren kommt er hierher und stiehlt unsere Tintenfische, der verlogene kleine Teufel!«
»Vater, das Meer…«
»Nimm du die Ruder, und ich schlage ihm die schwarzen Zähne aus!«
Les hörte eine Stimme von dem anderen Boot. »… siehst du, mein
Sohn, wie der niederträchtige Fischdieb…«
»Ruder!« rief Fester.
»An die Ruder!« rief jemand im anderen Boot.
»Wem gehören die Tintenfische, Vater?« fragte Les.
» Uns !«
»Was, bevor wir sie gefangen haben?«
»Sei still und ruder!«
»Ich kann das Boot nicht bewegen, Vater. Wir sitzen an irgend etwas
fest!«
»Hier ist das Meer hundert Faden tief, Junge! Woran sol ten wir festsit-
zen?«
Les versuchte, ein Ruder aus dem Etwas zu ziehen, das sich aus dem
sprudelnden Meer erhob.
»Sieht wie ein… Huhn aus, Vater!«
Unterhalb der Meeresoberfläche hörten sie ein Geräusch. Es klang
nach einem Gong oder einer Glocke, die langsam hin und her schwang.
»Hühner können nicht schwimmen!«
»Dieses Huhn besteht aus Eisen, Vater!«
Fester eilte zum Heck des Bootes.
Es schien tatsächlich ein Huhn aus Eisen zu sein. Es trug einen Mantel aus Tang und Muscheln. Wasser tropfte herab, als sich das Ding den
Sternen entgegenreckte.
Das Gebilde hockte auf einer kreuzförmigen Hühnerstange.
Buchstaben bildeten die vier Enden des Kreuzes.
Fester hielt die Laterne etwas näher.
»Was zum…«
Hastig zog er das Ruder frei und setzte sich neben seinen Sohn.
»Ruder, was das Zeug hält, Les!«
»Was ist denn los, Vater?«
»Sei still und ruder! Wir müssen so schnell wie möglich fort von hier!«
»Kommt ein Ungeheuer aus dem Meer, Vater?«
»Etwas viel Schlimmeres als ein Ungeheuer!« rief Fester, als die Ruder
durchs Wasser pflügten.
Das Objekt hatte inzwischen eine eindrucksvolle Höhe erreicht. Of-
fenbar stand es auf einer Art Turm…
»Was ist es, Vater? Was ist es ?«
»Ein verdammter Wetterhahn!«
Im großen und ganzen hielt sich die geologische Aufregung in Grenzen.
Das Versinken von Kontinenten geht für gewöhnlich einher mit Vulkan-ausbrüchen, Erdbeben und ganzen Flotten von kleinen Booten, mit de-
nen alte Männer aufbrechen, um Pyramiden und mystische Steinkreise in
irgendeinem neuen Land zu bauen, wo die Verwalter von uralter okkul-
ter Weisheit darauf hoffen dürfen, daß sie auf junge Frauen attraktiv
wirken. Doch das Aufsteigen dieser Landmasse verursachte kaum Stö-
rungen in der al gemeinen Struktur. Sie schlich an ihren alten Platz zu-
rück, wie eine Katze, die einige Tage fort gewesen ist und weiß, daß man
sich wegen ihr Sorgen gemacht hat.
An den Küsten des Runden Meers schlug eine große Wel e auf – als
diese das Ufer erreichte, war sie nur noch etwas mehr als anderthalb Me-
ter hoch –, die ein wenig Aufsehen erregte. In manchen sehr tief gelege-
nen Sumpfregionen wurden einige Dörfer überschwemmt, aber dort
wohnten ohnehin nur Leute, um die sich niemand scherte. Rein geolo-
gisch gesehen, geschah nicht sehr viel.
Rein geologisch gesehen.
»Es ist eine Stadt, Vater! Sieh nur al die Fenster und…«
»Du sollst still sein und rudern!«
Meerwasser floß über die Straßen. Auf beiden Seiten stiegen große, al-
genverkrustete Gebäude aus den brodelnden Fluten.
Vater und Sohn versuchten, das Boot zu stabilisieren, als es von den
Fluten mitgerissen wurde. Unglücklicherweise blickten sie beim Rudern
in die falsche Richtung, weshalb sie das andere Boot zu spät bemerkten.
»Irrer!«
»Dummkopf!«
»Rühr das Gebäude nicht an! Dieses Land gehört Ankh-Morpork!«
Die beiden Boote drehten sich auf einem kurzlebigen Strudel.
»Im Namen des Serifen von Al-Khali erhebe ich Anspruch auf dieses
Land!«
»Wir haben es zuerst gesehen! Les, sag ihm, daß wir es zuerst gesehen
haben!«
»Wir haben es zuerst gesehen, bevor ihr es zuerst gesehen habt!«
»Les, du bist Zeuge, er hat versucht, mich mit dem Ruder zu schlagen!«
»Aber Vater, so wie du den Dreizack schwingst…«
»Sieh nur die al es andere als vertrauenswürdige Art, in der er uns an-
greift, Akhan!«
Unter dem Kiel der beiden Boote knirschte es. Sie neigten sich zur Sei-
te und sanken dabei in den Schlamm des einstigen Meeresgrunds.
»Da drüben steht eine interessante Statue, Vater…«
»Er hat seinen Fuß auf klatschianischen Boden gesetzt! Der
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