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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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anzulegen, Gebieter.«
    »Dann soll er sie so bald wie möglich bekommen. Immerhin ist er un-
    ser Ehrengast. Wir sollten auf angemessene Weise vorgehen. Bitte ver-
    such den Eindruck zu erwecken, daß du den Geschmack von kaltem
    Stahl verabscheust.«
    Auf dem Sand zwischen den beiden Heeren hatten die Klatschianer ein
    Zelt mit offenen Seiten errichtet. Ein niedriger Tisch stand dort im
    Schatten. Daran saßen Lord Rust und seine Begleiter – sie warteten be-
    reits seit einer guten halben Stunde.
    Als Prinz Cadram hereinkam, standen sie auf und verbeugten sich steif.
    Die im Zelt anwesenden Ehrenwachen aus Klatsch und Ankh-Morpork
    wechselten argwöhnische Blicke und hielten gegenseitig nach schwachen
    Punkten Ausschau.
    »Und nun… spricht einer der Herren Klatschianisch?« fragte Cadram nach
    einer recht langen Vorstellungszeremonie.
    Lord Rusts Lächeln erstarrte auf seinen Lippen. »Hornett?« zischte er.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, was er gesagt hat, Herr«, erwiderte der
    Leutnant nervös.
    »Ich dachte, du kannst Klatschianisch!«
    »Ich kann Klatschianisch lesen, Herr. Das ist etwas anderes…«
    »Oh, keine Sorge«, warf der Prinz ein. »Wie man bei uns sagt: Dieser
    Narr führt ein Heer?«
    Die klatschianischen Generäle im Zelt setzten plötzlich Pokermienen
    auf.
    »Hornett?«
    »Etwas über… besitzen oder kontrollieren, Herr…«
    Cadram sah Lord Rust an und lächelte. »Mit diesem Brauch bin ich
    nicht sehr vertraut«, sagte er. »Trittst du deinen Feinden immer vor einer Schlacht gegenüber?«
    »Es gilt als ehrenvoll«, erklärte Lord Rust. »Um nur ein Beispiel zu
    nennen: Am Abend vor der berühmten Schlacht von Pseudopolis trafen
    sich Offiziere von beiden Seiten auf einem Bal bei Lady Selachi .«
    Cadram sah zu General Ashal, der nickte.
    »Wirklich? Offenbar müssen wir noch viel lernen. Wie der Prophet
    Mosheda sagte: Dieser Mann ist unglaublich.«
    »Ah, ja«, sagte Lord Rust. »Klatschianisch ist eine sehr poetische Spra-
    che.«
    »Ich bitte um Entschuldigung, Herr«, ließ sich Leutnant Hornett ver-
    nehmen.
    »Was ist denn, Mann?«
    »Es…äh… geht etwas vor…«
    Eine Staubwolke erhob sich in der Ferne. Jemand näherte sich ziemlich
    schnel .
    »Einen Augenblick«, sagte General Ashal.
    Als er wenige Sekunden später vom Sattel seines Kamels zurückkehrte,
    hielt er ein mit verschnörkelten klatschianischen Schriftzeichen verziertes Metal rohr in den Händen. Er richtete es auf die Staubwolke und blickte
    durch das eine Ende.
    »Reiter«, sagte er »Kamele und Pferde.«
    »Das ist ein Macht-Dinge-größer-Apparat, nicht wahr?« fragte Lord
    Rust. »Meine Güte, ihr seid modern. Man hat sie erst im letzten Jahr erfunden.«
    »Ich habe dies nicht gekauft, sondern von meinem Großvater geerbt,
    Lord.« Der General blickte erneut durchs Fernrohr. »Etwa vierzig Män-
    ner, würde ich sagen.«
    »Meine Güte«, murmelte Prinz Cadram. »Verstärkung, Lord Rust?«
    »Der… Reiter ganz vorn… trägt eine Fahne, glaube ich. Sie ist noch
    zusammengerollt…«
    »Unerhört!« entfuhr es Lord Rust. Hinter ihm seufzte Lord Selachi .
    »Ah, jetzt entrol t er sie. Es… es ist eine… weiße Fahne, Gebieter.«
    »Jemand möchte sich ergeben?«
    Der General ließ das Fernrohr sinken. »Ich weiß nicht, Gebieter… Wer
    auch immer die Fremden sind: Sie scheinen es sehr eilig zu haben.«
    »Schick ihnen eine Gruppe entgegen, mit dem Befehl, sie zu ergreifen«,
    sagte Prinz Cadram.
    »Wir schicken ebenfalls eine Gruppe«, stieß Lord Rust hastig hervor
    und nickte dem Leutnant zu.
    »Oh, eine gemeinsame Aktion«, kommentierte der Prinz.
    Kurze Zeit später verließen Männer die beiden Heere und ritten auf
    Abfangkurs los.
    Al e sahen, wie es in der näher kommenden Wolke aufblitzte – dort
    wurden Waffen gezogen.
    »Mit der Kapitulationsfahne in den Kampf ziehen?« Lord Rust konnte
    es kaum fassen. »Das ist… unmoralisch !«
    »Es dürfte zumindest neu sein«, meinte der Prinz.
    Die drei Gruppen wären sich begegnet, wenn nicht auch Experten
    Probleme gehabt hätten, die Geschwindigkeit eines galoppierenden Ka-
    mels richtig einzuschätzen. Als die Anführer der beiden ausgeschickten
    Gruppen begriffen, daß sie den Kurs ändern mußten, hätten sie den
    Kurs bereits geändert haben müssen.
    »Offenbar haben deine Leute die Dinge falsch beurteilt, Prinz«, sagte
    Lord Rust.
    »Ich wußte, daß es besser gewesen wäre, sie von weißen Offizieren führen zu lassen«, erwiderte Cadram.

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