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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Abfluß durch den Kamin davonkroch. Die ganze Nacht er-
    klang von den schneebedeckten Dächern das melancholisch klingende
    Piepsen seiner kleinen Papiertröte.
    Wasserspeier waren gute Beobachter und vergaßen nichts. Außerdem
    hatten sie jede Menge Geduld.
    Mumm öffnete das Fenster. Mit ruckartigen Bewegungen kam Abfluß
    herein und kroch rasch zu einer Ecke von Mumms Schreibtisch – viel-
    leicht gewährte ihm die dortige Perspektive ein wenig Trost.
    Angua und Karotte betrachteten den Pfeil, den Abfluß in der einen
    Hand hielt.
    »Ah, gute Arbeit«, lobte Mumm noch immer im gleichen ruhigen Ton-
    fall. »Wo hast du ihn gefunden, Abfluß?«
    Der Wasserspeier stotterte einige kehlig klingende Silben, die nur je-
    mand bilden konnte, dessen Mund aus einem Rohr bestand.
    »In einer Wand des zweiten Stocks eines Bekleidungsgeschäfts am
    Platz der Gebrochenen Monde«, übersetzte Karotte.
    »Schk«, sagte Abfluß.
    »Das ist nicht auf halbem Weg zum Hiergibt’salles-Platz, Herr Kom-
    mandeur.«
    »Ja«, sagte Mumm. »Ein schwächlicher Mann, der versucht, die Sehne
    eines schweren Bogens nach hinten zu ziehen, wobei der Pfeil immer
    stärker wackelt… vielen Dank, Abfluß. In dieser Woche bekommst du
    eine zusätzliche Taube.«
    »Nke«, erwiderte Obergefreiter Abfluß und kletterte wieder aus dem
    Fenster.
    »Wenn du gestattest, Herr Kommandeur…« Angua nahm den Pfeil
    von Mumm entgegen, schloß die Augen und schnupperte vorsichtig dar-
    an.
    »Ja«, sagte sie. »Er riecht ganz deutlich nach Ostie…«
    »Danke, Korporal. Es gibt also nicht den geringsten Zweifel.«
    Karotte griff nach dem Pfeil und betrachtete ihn. »Hm. Pfauenfedern
    und eine versilberte Spitze. So etwas kaufen Amateure, um ihre Treffsi-
    cherheit durch Magie zu verbessern. Wie dumm.«
    »Ja«, sagte Mumm. »Du, Karotte, und du, Angua… ihr kümmert euch
    um diesen Fal .«
    »Ich verstehe nicht, Herr Kommandeur«, entgegnete Karotte. »Du hast
    doch Fred und Nobby mit den Ermittlungen beauftragt, oder?«
    »Ja«, bestätigte Mumm.
    »Aber…«
    »Feldwebel Colon und Korporal Nobbs gehen der Frage nach, warum
    der verstorbene Ostie versucht hat, den Prinzen umzubringen. Und wißt
    ihr, was? Bestimmt finden sie viele Spuren. Da bin ich mir ganz sicher.
    Ich fühle es.«
    »Aber wir wissen doch, daß Ostie unmöglich… «, begann Karotte.
    »Ist das nicht komisch?« unterbrach Mumm den Hauptmann. »Ihr soll-
    tet vermeiden, Fred irgendwie in die Quere zu kommen. Fragt ein wenig
    herum. Versucht es beim Schuldigen Schuft oder bei Sidney Schief, ha,
    der hält die Ohren offen. Oder sprecht mit den Schmerzlichen Schwe-
    stern oder mit Lilly Habspaß. Oder mit Herrn Rutschig… hab ihn schon
    seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen…«
    »Er ist tot, Herr Kommandeur«, sagte Karotte.
    »Was, Riecher Rutschig? Seit wann?«
    »Seit letzten Monat, Herr Kommandeur. Er wurde von einem herabfal-
    lenden Bettgestell erschlagen. Ein sehr seltsamer Unfall.«
    »Warum hat mir niemand etwas davon gesagt?«
    »Du bist sehr beschäftigt gewesen, Herr Kommandeur. Aber du hast
    Geld in den Umschlag gesteckt, mit dem Fred gesammelt hat. Zehn Dol-
    lar. Fred fand das sehr großzügig.«
    Mumm seufzte. Oh, ja, die Umschläge. Seit einiger Zeit schien Fred
    dauernd mit dem einen oder anderen Umschlag unterwegs zu sein. Im-
    mer wieder geschah es, daß jemand die Wache verließ, oder ein Freund
    der Wache geriet in Schwierigkeiten, oder es gab eine Verlosung, oder
    die Teekasse war wieder leer. Manchmal schienen die Erklärungen recht
    kompliziert zu sein. Mumm beschränkte sich darauf, einfach Geld in den
    jeweiligen Umschlag zu stecken, ohne irgendwelche Fragen zu stellen. So
    war es am einfachsten.
    Der alte Riecher Rutschig…
    »Ihr hättet mich darauf hinweisen sol en«, sagte er in vorwurfsvol em
    Tonfal .
    »Du hast hart gearbeitet, Herr Kommandeur.«
    »Gibt es sonst noch Neuigkeiten von der Straße, über die ich Bescheid
    wissen sollte, Hauptmann?«
    »Nein, ich glaube nicht, Herr Kommandeur.«
    »Na schön. Stel t fest, aus welcher Richtung der Wind weht. Seid vor-
    sichtig. Und… vertraut niemandem.«
    Karotte wirkte besorgt.
    »Äh… ich kann doch Angua vertrauen, oder?« fragte er.
    » Natürlich kannst du das…«
    »Und auch dir, nehme ich an.«
    »Mir? Ja. Das ist doch selbstverständlich…«
    »Und Korporal Kleinpo? Sie kann sehr hilfreich sein…«
    »Grinsi, ja, sie hat Vertrauen verdient…«
    »Und Feldwebel Detritus? Ich habe ihn

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