Fliegende Fetzen
Nase, sondern klopfe daran«, sagte Colon streng.
»Um zu zeigen, daß ich Bescheid weiß.«
»Weil du den richtigen Riecher hattest«, fügte Nobby fröhlich hinzu.
»Eine solche hinterhältige Schlauheit ist typisch für die Klatschianer«,
sagte Colon.
»Meinst du damit die Tatsache, daß sie uns bezahlen, um sie umzu-
bringen?« fragte Nobby.
»Ach, weißt du, wenn hier bei uns irgendein hohes Tier aus Klatsch umgebracht wird, so können uns die Klatschianer eine pampige Mitteilung
schicken, in der Art von: ›Ihr habt unser hohes Tier umgebracht, ihr aus-
ländischen Neffen von Hunden, das bedeutet Krieg!‹ Verstehst du? Ein
perfekter Vorwand.«
»Braucht man einen Vorwand, um Krieg zu führen?« erkundigte sich
Nobby. »Ich meine, zu welchem Zweck? Warum sagt man nicht einfach:
›He, ihr habt eine Menge Geld und Land, aber wir haben die besseren Schwerter, und deshalb solltet ihr mit uns teilen, andernfalls gibt’s Gehacktes.‹ Das würde ich sagen«, fügte der Militärstratege Korporal Nobbs hinzu. »Und zwar erst nach dem Angriff.«
»Ja, weil du nichts von Politik verstehst«, sagte Colon. »So kann man
sich heute nicht mehr verhalten. Glaub mir, dieser Fal ist eindeutig politischer Natur. Deshalb hat der alte Mumm mich darauf angesetzt, völlig
klar. Politik. Der junge Karotte leistet gute Dienste, aber bei einer delika-ten politischen Situation braucht man einen erfahrenen Mann von Welt.«
»Das mit dem Nasenklopfen hast du jedenfal s gut raus«, meinte Nob-
by. »Ich haue meistens daneben.«
Aber auch er spürte Unheil, wenn nicht in der Nase, so doch in dem
kleinen Organ, das Blut durch seinen Körper pumpte. Diese Sache fühlte
sich einfach nicht richtig an. In Nobbys Leben hatten sich die meisten
Dinge nicht richtig angefühlt, und deshalb wußte er genau, was dieses
Gefühl bedeutete.
Er sah an den kahlen Wänden hoch und blickte dann auf die schlichten
Dielen hinab.
»Da liegt Sand auf dem Boden«, stellte er fest.
»Eine weitere Spur «, konstatierte Colon zufrieden. »Hier hat sich ein Klatschianer aufgehalten. Immerhin wimmelt’s in Klatsch von Sand, und
er hatte noch immer was davon in den Sandalen.«
Nobby öffnete das Fenster. Dahinter neigte sich sanft ein Dach. Man
konnte ganz einfach nach draußen klettern und durch den Irrgarten aus
Schornsteinen entkommen.
»Er könnte durchs Fenster hereingekommen und anschließend wieder
nach draußen geklettert sein, Feldwebel«, sagte er.
»Guter Hinweis, Nobby. Schreib’s auf. Anzeichen für heimliches Um-
schleichen und Verschwörung mit einem Klatschianer.«
Nobby senkte den Blick. »He, da liegt Glas, Fred…«
Feldwebel Colon trat ebenfal s zum Fenster, in dem eine Scheibe fehl-
te. Die Splitter lagen draußen auf den Schindeln.
»Könnte das eine Spur sein?« fragte Nobby hoffnungsvoll.
»Ja, ich denke schon«, antwortete Feldwebel Colon. »Hast du bemerkt,
daß die Glassplitter draußen liegen? Jeder weiß, daß Scherben dorthin fal en, wohin man blickt. Ich schätze, der Bursche probierte seinen Bogen aus, und dabei ging ein Schuß los.«
»Das ist wirklich clever, Feldwebel«, sagte Nobby.
»So was ist Ermittlungsarbeit«, betonte Colon. »Es reicht nicht, die
Dinge nur zu sehen, Nobby. Man muß auch klar denken, sozusagen in ge-raden Linien.«
» Cecil, Feldwebel.«
»Und es heißt Frederick, Cecil. Komm, ich glaube, wir haben diesen Fal gelöst. Und der alte Mumm wollte den Bericht so schnell wie möglich.«
Nobby blickte noch einmal aus dem Fenster. Das Dach grenzte an die
Mauer eines ziemlich großen Lagergebäudes. Einige Sekunden spürte er,
wie er in krummen Linien zu denken begann, doch er vermutete, daß ein Korporal auf diese Weise dachte und daß die Gedanken eines Korporals
nicht so wichtig sein konnten wie die eines Feldwebels. Deshalb behielt
er sie für sich.
Als sie die Treppe hinuntergingen, beobachtete sie Frau Geifer durch
eine nur wenige Zentimeter geöffnete Tür am anderen Ende des Flurs.
Sie schien bereit zu sein, die Tür beim ersten Anzeichen von sexuellem
Magnetismus sofort zu schließen.
»Ich weiß überhaupt nicht, wo ich mir einen sexuel en Magneten besor-
gen könnte«, brummte Nobby. »Und sie hat nicht einmal gelacht.«
Außerdem haben wir die Bogenläden in der Straße Schlauer Kunsthandwerker besucht und dem Manne bei Burlich-und-Starkimarm das Ikonographenbild gezeigt, er versicherte, daß er es ist, mit anderen Worten, er identifizierte den
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