Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
letzten Herbst?“
„Na gut. So lange die Abstände so groß sind, dass du dich nicht mehr dran erinnerst, kann ich das tolerieren. Du weißt, dass man aufpassen muss mit solchen Sachen.“
„Ja“, sagt er geduldig.
„Woher hattet ihr das Zeug?“
„Ähm. Weiß nicht. Mick hat’s mitgebracht.“
„Scheint ja ein interessanter Bursche zu sein.“
„Geht so.“
Daniel weiß nicht, ob es fair ist, Mick Erfahrung in der Drogenbeschaffung anzuhängen, aber andererseits hat er offenbar welche, sonst hätte er sich nicht erboten, das Tütchen wieder zu füllen.
Seine Mutter seufzt und lehnt sich auf dem quietschenden Küchenstuhl zurück.
„Du weißt, wie es ist. Ich trage die Verantwortung für dich alleine. Ich bin manchmal vielleicht übervorsichtig. Aber es macht mich einfach nervös, wenn ich nicht weiß, wo du bist. Wenn du dich mit Leuten herumtreibst, die ich nicht kenne und die offenbar in der Lage sind, Drogen zu beschaffen.“
„Es war nur ein winziges Tütchen Gras, Ma. Ich würde das an deiner Stelle echt nicht überbewerten.“
„Gras ist heute auch nicht mehr harmlos. Die haben das hochgezüchtet. Der THC-Gehalt ist heute zwanzigmal so hoch wie früher, hab ich gelesen.“
„Und wenn ich jetzt wochenlang weiße Kaninchen sehe, kann ich es auch nicht mehr ändern. Oh, warte mal. Da ist schon eines.“
„Treib nicht deine Späße mit mir, Daniel.“
Daniel winkt ab und trinkt Kaffee.
„Ich muss immer alles verstehen“, sagt er. „Dass dein Beruf eben leider wenig Geld einbringt. Dass wir uns leider keine größere Wohnung leisten können. Dass ich kein neues Fahrrad haben kann, vom Führerschein ganz zu schweigen. Dass du mit mir alleine bist, Verantwortung und so weiter. Aber du musst auch mal etwas verstehen. Dass ich gelegentlich eine Auszeit brauche. Ständig alles zu verstehen ist nämlich ganz schön anstrengend.“
„Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, solange du nicht anfängst, dir deine Auszeiten gewohnheitsmäßig mit Marihuana zu versüßen.“
„Ich bin ein Opfer deiner Erziehung, Ma. Ich kann gar nicht drogenabhängig werden. Dazu bin ich viel zu vernünftig.“
Sie lächelt schief.
„Noch etwas anderes“, sagt sie. „Ich hatte ja heute Nacht viel Zeit, während ich auf dich gewartet habe. Da bin ich unter anderem auf das hier gestoßen.“
Sie schiebt Daniel einen Zeitungsausschnitt rüber und er überfliegt ihn beiläufig.
„Ein Wettbewerb für Nachwuchsjournalisten“, stellt er fest.
„Genau. Eine Aktion der Morgenpost, mit der Schülerzeitungen und Nachwuchskräfte gefördert werden sollen. Das wäre doch etwas für dich, oder nicht?“
„Ich bin nicht sicher, ob ich mich als Nachwuchsjournalist betrachte.“
„Du kannst schreiben. Du bist Redakteur und der Gewinner bei diesem Wettbewerb bekommt dreihundert Euro. Was hast du zu verlieren?“
„Ich überleg’s mir. Wenn ich ein gutes Thema finde, mal sehen.“
„Krieg zuerst mal deinen Kopf klar und dann denk darüber nach.“
Daniel nickt und schiebt den gefalteten Zettel in die Hosentasche. Manchmal versteht er seine Mutter nicht. Wenn er einen so mühsamen und wenig aussichtsreichen Beruf hätte, er würde sein Kind davon abhalten, in die gleiche Richtung zu gehen, nicht es bestärken.
Er trinkt seine Tasse leer. Sein Kopf fühlt sich immer noch merkwürdig an, eine gewisse Überschärfe liegt in seinem Blick, die alles schon wieder unscharf wirken lässt.
„Ich hau mich hin“, sagt er. „Bisschen Schlaf nachholen.“
Seine Mutter nickt und klappt den Laptop zu.
„Ich wecke dich dann zum Mittagessen.“
„Von mir aus.“
Daniel schläft unruhig, schwitzt und wälzt sich herum und in seinem Traum hat er ein ganzes Zimmer voller Buntbarsche, die er einfach nicht satt kriegt.
3. NÄHE UND DISTANZ
Die zweite Ferienwoche vergeht, ohne dass Daniel auch nur ein Lebenszeichen von seinem so genannten neuen besten Freund bekommt. Das leere Gras-Tütchen macht ihm zunehmend Sorgen. Zumindest riecht man in Krügers Wohnzimmer nichts mehr, seit Daniel beim Fischefüttern noch zweimal gründlich gelüftet hat und so kann er sich vielleicht mit sturem Leugnen und gespielter Überraschung aus der Affäre ziehen.
Komisch. Irgendwie hatte er gedacht, Mick würde wenigstens mal simsen. Andererseits, ein bekiffter Schwur macht noch lange keine Freundschaft und so gibt es eigentlich gar keinen Grund, enttäuscht zu sein.
Die Woche ist gefüllt mit seinem Nebenjob bei Aquaristik-Welt
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