Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
Müller, Arbeit für die Schule und dem schwachsinnigen Versuch seiner Mutter, aus dem winzigen, grauen Balkon eine Wellness-Oase zu machen, dem er sich irgendwie nicht entziehen kann: Zu irgendeinem Zeitpunkt ihres begeisterten Monologes hat er einfach nicht schnell genug „nein“ gesagt und so bleibt ihm die Erfahrung nicht erspart, dass es tatsächlich möglich ist, eine zerlegte und in Pappe verpackte Gartenbank auf dem Fahrrad zu transportieren, dass es aber einen guten Grund gibt, warum kein vernünftiger Mensch das tut.
Am Freitag lädt Lilli ihn ins Kino ein. Sie hat einen Pärchensitz gebucht und eine Schachtel selbst gebackener Kekse im Rucksack. Während im halbdunklen Saal die Werbung über die Leinwand flimmert, überlegt Daniel, ob er nachfragen soll. Er hat eigentlich keine Lust dazu, aber noch weniger will er während des gesamten Films darüber nachdenken.
„Und?“, sagt er schließlich vorsichtig. „Wie läuft’s so?“
„Gut“, sagt sie und schiebt sich einen Keks in den Mund. „Was meinst du genau?“
„Na ja … so … allgemein.“
„Du meinst, wie es mit Jo läuft und ob ich mich mit ihm gestritten habe, weil ich dich mit in den Pärchensitz genommen habe und nicht ihn?“
„Das war reines Glück, oder?“
„Was?“
„Du kannst unmöglich aus meinen drei Worten erkannt haben, dass ich das wissen will.“
„Willst du es denn wissen?“
„Na ja… ich… äh…“
„Mit Jo läuft es prima, alles ist toll und ich bin mit dir im Kino, weil ich mit dir ins Kino gehen will und wann wirst du endlich aufhören, dich selbst als Ersatzmann zu betrachten?“
„Manchmal ist es gruselig, wie gut du mich kennst.“
„Männer!“ Lilli grinst. „Halten sich für das größte Geheimnis der Menschheitsgeschichte, sind aber leichter zu durchschauen als das Rätsel auf einer Happy-Meal-Tüte.“
„Im Namen aller Männer auf diesem Planeten, vielen Dank.“
Sie lehnt sich gegen ihn und hält ihm die Keksschachtel hin.
„Mal was von Mick gehört?“, fragt sie.
„Komisch, dass du ihn erwähnst. Nein, wieso?“
„Nur so. Ihr habt euch ja offenbar ganz gut verstanden.“
„Deshalb muss er mich nicht gleich anrufen, oder?“
„Ich dachte nur. Wäre irgendwie praktisch. Wenn er mal öfter mit dir herumhängen würde, würde er weniger mit Jo herumhängen.“
„Eifersüchtig?“
„Quatsch. Er ist einfach eine Nervensäge. Nett, aber eine Nervensäge. An einem Nachmittag hat er Jo fünf SMS geschickt.“
„Er muss wohl nicht auf seine Handyrechnung achten.“
„Und darüber können wir ganz froh sein. Wer weiß, wie oft er sonst einfach vor der Tür stünde.“
„Mit anderen Worten, ihr braucht einen Babysitter.“
Lilli seufzt.
„Ich glaube, er hasst mich. Und es ist gar nicht gut, wenn der beste Freund einen hasst.“
„Ich würde nicht direkt von Hass sprechen. Er muss sich vielleicht erst an dich gewöhnen. Wie ich mich an Jo gewöhnen muss.“
„Na, da weiß ich aber, wer von euch erwachsener mit der Situation umgeht.“
Der Film beginnt und die Vordermänner drehen sich um und zischen mahnend. Lilli verdreht die Augen und nimmt sich noch einen Keks.
Sie kann besonders laut kauen, wenn sie es darauf anlegt, aber Daniel hat schon vor Jahren aufgehört, Dinge, die Lilli tut, peinlich zu finden.
***
Mick taucht schließlich auf, als Daniel am wenigsten mit ihm rechnet. Samstagnachmittag und es hängen immer die gleichen Gestalten bei Aquaristik-Welt Müller rum. Freaks, die vor dem Schauaquarium mit den Diskusbarschen stehen und fachsimpeln, wie sie demnächst „ihr Zweihunderter pimpen“ wollen. Daniel denkt, dass die wahrscheinlich jeden Fisch kaufen würden, solange man ihn nur tiefer legen und ordentlich aufbohren kann. Er ist trotzdem freundlich, denn er kriegt sein Geld nicht dafür, dass er Kunden vergrault. Viel lieber aber befasst er sich mit der Familie um den Sechsjährigen, der stolz wie Oskar sein erstes kleines Aquarium aussucht und ist froh, als die Freaks den Laden wieder verlassen haben.
Er sieht auf die Uhr. Kurz vor vier. Zeit, die Straßenwerbung reinzuholen und dann kann er so langsam abschließen. Er will gerade nach draußen, als er bemerkt, dass einer in den Laden gekommen ist, während er sich mit der Familie beschäftigt hat.
Er steht vor dem Verkaufsbecken mit den Skalaren, die Fäuste in den Hosentaschen vergraben. Ein Kabel führt ihm vom Ohr in die Jackentasche und er wippt sachte im Takt.
Daniel ignoriert die
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