Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
fertig ist, ist auch seine Geduld am Ende.
„Jetzt tu sie rein“, sagt er mit glänzenden Augen.
„Es ist keine besonders großartige Show, weißt du? Die verwandeln sich nicht in Seejungfrauen oder etwas.“
Mick nickt ungeduldig und baut sich vor dem Aquarium auf wie ein hungriger Kater.
Mit dem Käscher fängt Daniel die Fische aus dem Eimer und setzt sie ins Aquarium. Für ein paar Augenblicke stehen sie erstarrt, wo sie den Käscher verlassen haben, dann sind sie mit einigen raschen Flossenschlägen zwischen den Pflanzen verschwunden.
„Die sehen toll aus“, sagt Mick glücklich. „Der Typ in dem Laden sagte, es wäre ein Pärchen. Wenn du Glück hast, bekommst du viele kleine Fischbabys.“
„Das wird sich zeigen“, bremst Daniel Micks Begeisterung. „Die sind so klein, dass man den Geschlechterunterschied noch gar nicht zuverlässig feststellen kann. Und ob sie sich dann gern haben, ist eine zweite Frage.“
„Oh. Und wie lange dauert es, bis du es weißt?“
„Keine Ahnung. Halbes Jahr mindestens.“
„So lang?!“
„Na und?“
„Wie kannst du nur immer so geduldig sein. Das ist ja schon fast unheimlich.“
„Schnelle Erfolge langweilen mich“, sagt Daniel achselzuckend. Mick betrachtet ihn nachdenklich und nickt.
„Ich wollte, ich wäre mehr wie du“, sagt er.
„Au weia“, sagt Daniel. „Du weißt nicht, wovon du sprichst.“
Aber die Worte bewirken eine Wärme in seinem Inneren, ein gutes, starkes Gefühl, als könnte dies doch noch ein richtig cooler Geburtstag werden. Das Gefühl trägt ihn durch den Nachmittag und als er abends die Wohnungstür aufsperrt, ist sogar noch etwas davon übrig.
„Hi“, sagt er zu seiner Mutter, die in der Küche steht und die Post durchsieht.
„Hi“, sagt sie und lächelt. „Wie war dein Tag?“
Daniel denkt an den Nachmittag, an Zitroneneis, Sonne, an entspanntes Herumhängen in der Eisdiele und später am Marktbrunnen. An die Blicke der Passanten, als Jo Lilli ins flache Brunnenwasser geschubst hat, an die glitzernden Wassertropfen, an Gekreisch und Gelächter. An Mick, der immer mal wieder seinen Arm um Daniels Schulter gelegt hat, obwohl es eigentlich zu warm war, um so auf Tuchfühlung zu gehen.
„Gut. Es war ein prima Tag.“
„Ich hoffe, er ist immer noch prima, wenn du mal nach deinem Aquarium gesehen hast“, sagt seine Mutter. „Irgendetwas stimmt da nämlich nicht. Hast du da neue Fische drin?“
„Ja, aber es war nicht meine Idee.“
Daniel stürmt ins Wohnzimmer.
„Oh.“
Die Bewohner haben das Aquarium von innen umdekoriert. Die zarten grünen Pflanzenstengel sehen gerupft aus; kleine grüne Pflanzenteile treiben im Wasser und strudeln träge um den Luftfilter. Der größere der beiden Skalare ist der einzige Fisch, den Daniel zu Gesicht bekommt. Er patrouilliert an der Frontscheibe hin und her und stürzt sich auf jeden anderen Fisch, der die Nase aus der zerrupften Deckung steckt.
„Shit.“
Der Eimer mit dem Wassergemisch von vorhin steht noch neben dem Aquarium. Daniel fängt den Störenfried und setzt ihn zurück in den Eimer.
„Wer sich nicht benimmt, fliegt raus“, sagt er zu dem Fisch, der hektisch im Kreis schwimmt. „Und wer sich zu sehr aufregt, kriegt einen Herzinfarkt.“
Er hatte gehofft, er könnte die Skalare so lange behalten, bis Mick ihre Existenz vergessen oder das Interesse an ihnen verloren hat, was nach erster Einschätzung schneller geht, als die Fische wachsen. Dass Mick einen männlichen Skalar mit dem Ego eines Hammerhais erwischt hat, ist Pech – aber dann auch wiederum nicht verwunderlich.
Wer hätte gedacht, dass Mick und ein Fisch etwas gemeinsam haben können.
***
„Hi“, sagt Mick. „Ihr seid aber spät dran.“
„Mach mal langsam.“ Lilli rückt den Rucksack über ihrer Schulter zurecht. „Wir sind nicht spät dran, sondern genau rechtzeitig.“
„Ich hatte Schwierigkeiten, rauszukommen“, erklärt Daniel. „Ich wollte sicher sein, dass meine Mutter schläft.“
„Ist doch egal“, sagt Jo. „Gehen wir.“
Dies ist, rechnet man den Filmabend bei Krüger mit, die zweite „Aktion“, zu der Daniel und Lilli die beiden anderen mitnehmen. Aktion, das ist die interne Sprachregelung für die halb bis gar nicht erlaubten kleinen Abenteuer, mit denen sie gelegentlich ihren Alltag auflockern. Einmal haben sie sich über Nacht in der Stadtbücherei einschließen lassen. Davon wird Daniel noch seinen Enkeln erzählen, sollte er es jemals zu Enkeln
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