Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
bringen.
Es ist nett zu beobachten, dass Mick und Jo ganz schön nervös sind, als sie über den leeren Parkplatz hinüber zum Hoftor der Schule gehen. Natürlich tun sie alles, um es sich nicht anmerken zu lassen, aber es fehlt ihnen einfach die Lässigkeit der geübten Regelbrecher.
Dann hakt Lilli sich bei Daniel ein und bremst ihn, sodass einige Schritte Abstand zwischen ihnen und den anderen entstehen.
„Und?“, sagt sie. „Wie geht’s dir?“
„Was ist das denn für eine Frage?“, erwidert Daniel erstaunt.
„Nur so“, sagt Lilli. „Ich hatte ja gehofft, du kommst mit Betty zusammen. Sie steht wirklich auf dich. Stattdessen hängst du immer mit Mick rum.“
„Ich hänge nicht immer mit Mick rum.“
Lilli sieht ihn über die Schulter an.
„Okay“, räumt Daniel ein. „Ich hänge oft mit ihm rum. Na und? Hauptsache, ich bin von der Straße, oder nicht?“
„Und es geht dir gut damit?“
„Warum sollte es nicht? Wir haben uns eben angefreundet.“
„Ja“, sagt Lilli mit dem rätselhaften Gesicht einer Sphinx. Mädchen. Fragen Mädchenfragen und geben sich undurchschaubar. „Das ist mir auch schon aufgefallen. Ihr habt euch echt besonders eng angefreundet, oder?“
„Was dagegen?“
„Nö. Natürlich nicht! Ich freu mich doch für dich.“
„Ich weiß nicht, Lilli. Du klingst, als würdest du nur die Hälfte von dem sagen, was du denkst.“
„Das kommt manchmal vor“, sagt sie und zwinkert ihm zu.
Die Straßen sind verlassen um diese Uhrzeit. Obwohl es ein sonniger Tag war, hat ein Gewitter am Abend die Luft empfindlich abgekühlt. Nicht die ideale Nacht für ein Picknick im Freien, aber man muss die Baugerüste nehmen, wie sie fallen.
Die Fenster der Schule sind dunkel und spiegeln das Licht der Straßenlaternen wie ein müdes Blinzeln. Mick und Jo stellen ihr Gepäck am Hoftor ab. Mick springt hoch, greift den oberen Rand des Tores und zieht sich hinauf. Er schwingt das Bein darüber und lässt sich auf der anderen Seite zu Boden fallen.
„Du zuletzt“, sagt er zu Jo. „Lilli? Auf geht’s.“
Mit Jos Hilfe überwindet Lilli das Hoftor und hangelt sich auf der anderen Seite hinunter.
„Okay, Daniel“, sagt Mick. „Jetzt du.“
Daniel schubst seine Tasche über das Tor und Mick fängt sie auf. Er grinst breit, seine Augen strahlen. Es sieht aus, als fände er langsam Geschmack an diesem nächtlichen Einbruch in die Schule.
„Kriegst du’s hin?“, fragt Mick. „Oder brauchst du eine Räuberleiter?“
„Vielen Dank“, sagt Daniel. „Ich glaube, ich schaffe es gerade noch so.“
Er springt und packt den oberen Rand des Tores.
Jetzt nur nicht peinlich werden.
Er ist nicht sportlich. Wer hätte denn auch gedacht, dass man sich mit Geräteturnen auf Schuleinbrüche vorbereiten kann.
Der Klimmzug gerät schief und wackelig, aber er befördert ihn immerhin auf den oberen Rand des Tores. Daniel keucht, für einen Augenblick schwindelig. Dann hat er seine Gliedmaßen sortiert und kriegt irgendwie ein Bein über den Rand. Sein Turnschuh schabt Halt suchend über die glatten Gitterstangen, dann verliert er das Gleichgewicht und rutscht ab.
Jemand packt ihn um die Hüften.
„Langsam reiten, Cowboy.“ Mick hilft ihm hinunter. „Wir wollen doch keine Verletzten.“
Daniel sagt nichts. Er ist außer Atem und er spürt Micks Hände immer noch auf seinen Hüften, obwohl der längst wieder losgelassen hat.
Während Daniel zu Atem kommt, reicht Jo Lillis Rucksack über das Tor. Dann nimmt er Anlauf, springt, zieht sich mit einem mustergültigen Klimmzug in die Höhe und lässt sich auf der anderen Seite geschickt wieder hinunter.
„Sportler haben nichts im Hirn“, feixt Lilli.
„Was für ein Glück, dass du sowieso nur meinen Körper willst“, gibt Jo zurück, nimmt sie zärtlich beim Zopf und küsst sie auf den Mund. Mick werkelt geräuschvoll am Gepäck.
Daniel sieht sich um. Der Fahrradschuppen öffnet sich am Rand des Pausenhofes wie eine Höhle, die direkt ins Erdinnere führt. Über dem Dach des Fahrradschuppens rascheln die Birken auf dem Parkplatz mit ihren dünnen Zweigen. Drüben, am Eingang des Schulgartens, ergießt der Walnussbaum einen Teich aus undurchdringlichen Schatten auf den stumpfen grauen Asphalt.
Morgen früh wird alles wieder ganz normal sein: Fünftklässler mit großen, bunten Rucksäcken, ein Gestrüpp aus Fahrrädern, ein Grüppchen aus der Neunten, das hinter dem Fahrradschuppen heimlich eine raucht. Lärm, Hektik. Aber im
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