Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
schnaubt.
„Ich glaube, dein Drogenkonsum gerät dir ein bisschen außer Kontrolle“, sagt er. „Oder warum prügelst du dich, um in eine versiffte Disco zu kommen, nur weil da dein Dealer drin ist?“
„Es hatte mit Drogen nichts zu tun“, sagt Mick. „Stell mich nicht hin, als wäre ich ein Junkie.“
„Dann pass einfach auf, dass du keiner wirst.“
„Verzieh dich, Mann. Lass mich in Ruhe.“
Mick dreht sich um und geht weg. Jo schaut ihm hilflos hinterher.
„Der macht mich fertig“, sagt er. „Was für ein Freak.“
„Lass ihn“, sagt Daniel. „Der fängt sich schon wieder.“
„Ach, tatsächlich? Na, du musst es ja wissen. Du hast ja neuerdings einen so hervorragenden Draht zu ihm.“
„Lass stecken. Ich steige nicht auf irgendeine Eifersuchts-Kiste ein.“
„Ist ja auch egal“, sagt Jo, mittlerweile mehr frustriert als wütend und geht in die andere Richtung davon, obwohl Daniel ziemlich sicher ist, dass die beiden gleich gemeinsam Unterricht haben.
Am Nachmittag haben sich die Gewitterwolken verzogen und die Mitglieder von Spellbound treffen sich an der Schule, um gemeinsam zum Vorspielen anzurücken. Als Daniel und Lilli aus dem Cafe Müller kommen, wo sie eine entspannte Mittagspause verbracht haben, wartet der Bandbus schon: Ein alter Ford Transit, auf den Lillis kleiner Bruder vor einiger Zeit den Schriftzug der Band gesprüht hat. Dafür, dass er erst dreizehn ist, hat er es echt drauf mit der Kunst, denkt Daniel, auch wenn er leider gleichzeitig ein Spinner ist.
„Na, endlich!“ Jo gibt Lilli ein flüchtiges Küsschen. „Alles klar?“
„Logisch“, sagt Lilli. „Wohin fahren wir?“
„Zum Probenraum. Dieser Pfeifer war echt okay. Meinte, es wäre doch viel einfacher, wenn er zu uns rüberkommt, als wenn wir unser ganzes Equipment einpacken müssten.“
Daniel macht sich mit dem Rest der Band bekannt: Kathy, der zierlichen dunkelhaarigen Bassistin und den Brüdern Max und Patrick, die den Leadgesang und die zweite Gitarre abdecken. Mick turnt inzwischen auf der Ladefläche des Ford Transit herum und singt „Welcome to the Heart Light“. Dann scheucht Jo alle ins Auto und klemmt sich hinters Steuer.
Die Fahrt geht hinaus ins Gewerbegebiet und endet vor einem Schulungsgebäude der Handwerkskammer. Während der Fahrt, die er eingezwängt zwischen Lilli und Max verbringt, schaut Daniel immer wieder nach vorne zu Mick, erntet aber nicht mehr als ein schiefes Grinsen. Die Schürfwunden in Micks Gesicht sind ein wenig angeschwollen, aber er tut immer noch, als wäre nichts.
Der Probenraum liegt im Keller. Während Jo die Verstärkeranlage in Betrieb nimmt, räumen Daniel und Lilli eilig die Spuren vom letzten anstrengenden Probenwochenende weg: leere Chipstüten, Limo- und Bierflaschen, überquellende Aschenbecher. Dann kommt Herr Pfeifer und entpuppt sich als großer, smart aussehender Enddreißiger im Anzug und nach kurzer Begrüßung legen Spellbound los.
Daniel denkt, dass er vielleicht jetzt erst erfährt, wer dieser Mick wirklich ist. Wie ein Fisch, den er bisher nur im Händlerbecken gesehen hat, blass vor Stress und mit angelegten Flossen und der sich jetzt in artgerechter Umgebung entfaltet und zu leuchten beginnt. Und alles an Mick leuchtet: seine Augen, seine Haut, Daniel kann die Energie, die von ihm ausgeht, förmlich spüren. Alle Bandmitglieder sind technisch gut, soweit Daniel das beurteilen kann, aber nur Mick hat etwas, das ihn über die anderen hinausragen lässt – und das, obwohl er nicht einmal der Frontmann ist. Er ist mit seiner Gitarre wie verwachsen, die Riffs fließen mühelos aus ihm hinaus und wenn er die zweite Stimme singt, zieht eine merkwürdige Empfindung Daniels Kehle zusammen.
Irgendwie hat er gar nicht damit gerechnet, ein Faible für Livemusik zu haben.
Die Band spielt einen klassischen ACDC-Titel zum Warmwerden, hängt einen aktuellen von Snow Patrol dran und kriegt dann mit geschickter Überleitung den Bogen zu den Ärzten. Herr Pfeifer wippt mit dem Fuß im Takt und sieht aus, als wollte er jeden Augenblick richtig abrocken. Lilli tanzt und singt mit und strahlt zu Jo hinüber, der sich am Schlagzeug verausgabt.
Als die letzten Takte verklungen sind, schnappt sich Mick das Mikro und lächelt erhitzt hinein, als wolle er ein Millionenpublikum bezaubern.
„Den letzten dürfen Sie sich aussuchen“, sagt er. „Was soll es denn sein?“
„Hm“, sagt Herr Pfeifer überrascht, „ich weiß nicht … vielleicht noch –
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