Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
weiß.“
„Aber warum?“
Mick zieht eine ungeduldige Grimasse und schnippt Asche von seiner Zigarette.
„Muss es denn immer für alles einen Grund geben? Musst du immer fragen?“
„Im Augenblick bist du es, der mit merkwürdigen Fragen kommt. Ist das ein Hobby von dir?“
„Okay. Dann eben nicht.“
Mick rückt ab und Daniel verliert seinen Lautsprecherknopf im Ohr. Erschrocken tastet er danach. Er hat nicht gewollt, dass diese Verbindung abreißt. Seine Hand landet auf Micks Arm und Mick, der die Geste offenbar falsch versteht, dreht den Kopf und sieht Daniel an.
Ein kurzer, endloser Augenblick vergeht.
„Du würdest vielleicht lachen über meine Träume“, sagt Daniel mit trockenen Lippen.
„Lass es drauf ankommen“, sagt Mick.
„Ich würde gerne studieren. Meeresbiologie. Und dann bei einem Forschungsteam sein, das vor Ort Messungen macht, oder so. Etwas für den Umweltschutz tut. Die Wanderungen der Fischschwärme verfolgt. Es gibt unglaublich viele spannende Aufgaben auf diesem Gebiet.“
„Und was hindert dich?“
Diesmal ist es Daniel, der eine Grimasse zieht.
„Ich schaffe es ja nicht mal nach Berlin, ins Aquarium am Zoo. Wie soll ich da ein Studium finanzieren?“
„Geld also.“
„Ja. Unter anderem.“
„Ich dachte, man kann sich ein Studium vom Staat finanzieren lassen?“
„So einfach ist das nicht. Was man vom Staat kriegt, reicht nicht und das meiste davon muss man sowieso zurückzahlen. Außerdem müsste ich zuerst Biologie studieren, Meeresbiologie ist eine Spezialisierung und so etwas wird schon gar nicht finanziert.“
„Wow.“ Mick wirkt beeindruckt. „Ich wusste nicht, dass das so schwierig ist.“
„Ist es nicht. Nur, wenn man arm ist.“
„Ich kann nichts für meine reichen Eltern, weißt du?“
„Ja. Tut mir Leid.“
„Was ist noch so schwierig dran?“
Daniel hat den Lautsprecherknopf in den Falten von Micks Jackenärmel gefunden und dreht ihn zwischen den Fingern.
„Man braucht einen Tauchschein, wenn man vernünftig arbeiten will. Ich weiß nicht, ob ich das hinkriege, mit dem Asthma und allem. Und Bio ist ein echt schwieriger Studiengang. Was, wenn ich den nicht schaffe? Wenn ich über die Regelstudienzeit hinauskomme?“
„Was, wenn dir inzwischen der Himmel auf den Kopf fällt?“
„Danke für den sinnvollen Beitrag, Mick.“
„Mann, wenn du schon von vornherein beschlossen hast, dass es nichts wird, dann wird es auch nichts.“
„Jetzt komm mir nicht mit positivem Denken. Davon vermehrt Geld sich nämlich auch nicht.“
„Ich denke nur, dass du ja gar nicht alle Möglichkeiten kennen kannst, bevor du nicht damit angefangen hast.“
Daniel seufzt.
„Vielleicht ist das am schwierigsten von allem. Dass mir der Mut fehlt.“
Mick drückt seine fertig gerauchte Zigarette am Gerüst aus. Dann nimmt er Daniel den Lautsprecherknopf aus den Fingern und schiebt ihm das kleine Ding sachte ins Ohr.
„Man muss nicht davon träumen, mutig zu sein“, sagt Mick. „Man kann es einfach sein. Mut kann man mit Geld nicht kaufen.“
Daniel hat schon eine zynische Antwort auf der Zunge, schluckt sie aber hinunter. Das Letzte, was er will, ist mit Mick zu streiten und im Kern hat er ja recht.
Mick hat ein Lied gefunden und spielt es an, aber Daniel nimmt ihm den kleinen Player aus der Hand und drückt die Pausentaste.
„Jetzt du“, sagt er.
„Was?“, sagt Mick.
„Ich wüsste gerne, was dein größter Traum ist.“
„Lieber nicht.“ Plötzlich sieht Mick aus, als wäre ihm unbehaglich.
„Warum nicht? Das wäre nur fair.“
Mick betrachtet seine Schuhspitzen, die über dem Abgrund wippen.
„Du würdest nur wieder über reiche Leute herziehen. Du würdest etwas sagen wie, keine Ahnung, sonst hast du keine Probleme, oder so.“
„Und wenn ich dir verspreche, es nicht zu tun?“
„Dann würde ich mich immer noch schämen, weil mein Traum so … ich weiß nicht. Doof ist gegen deinen. Ich meine, du willst die Welt verbessern. Ein Forscher sein. Etwas für die Weltmeere tun. Ich will nur vor mich hin klimpern.“
„Das heißt …?“
Mick seufzt.
„Ich will alle Gitarrensoli aus The Wall fehlerfrei spielen können. Nicht nur fehlerfrei. Ich will sie so spielen, dass die Leute weinen müssen. Ich will sie berühren, verstehst du?“
„Vielleicht. Ich weiß nicht. Ich bin kein Musiker.“
„Ich glaube manchmal, ich lebe hinter Glas“, sagt Mick. „Ich kann die Leute sehen, aber ich habe keinen Kontakt zu ihnen. Ich bin
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