Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
weil … weilichmickgeküssthabesolangeihrwegwart.“
„Wie bitte?“
Lilli klingt nicht gerade überrascht, eher belustigt.
„Weil ich Mick geküsst habe, gestern Abend“, wiederholt Daniel unglücklich.
„Cool“, sagt Lilli. „Na endlich.“
Daniels Kopf schnellt hoch. Lilli grinst.
„Freut mich zu hören, dass wir nicht umsonst auf dem dunklen Pausenhof herumgestanden sind.“
„Hhhhh“, sagt Daniel fassungslos.
„Und?“, sagt Lilli. „Ich meine – hat er dich auch geküsst?“
„Jjj – ja, aber – ich meine, woher – wie hast du …?“
„Ich bin nicht blind. Ich habe gesehen, wie du ihn anschaust. Und er dich, immer, wenn er glaubt, dass du es nicht merkst. Als ich es zum ersten Mal beobachtet habe, war mir klar, dass ich nicht mehr auf den Tag warten muss, an dem du ein Mädchen so anschaust.“
„Du meine Güte.“ Daniel hebt den Kaffeebecher zum Mund.
„Vorsicht, heiß“, sagt Lilli.
Daniel stellt den Becher wieder ab.
„War es denn schön?“, fragt Lilli. Daniel nickt und spürt, wie seine Wangen schon wieder ihr Alpenglühen entwickeln.
„Na prima“, sagt Lilli. „Dann ist doch alles klar.“
„Findest du nicht, dass du es dir ein bisschen einfach machst? Nichts ist klar, Lilli. Ich bin vielleicht schwul, Himmelherrgottnochmal!“
„Na und?“
„Laut einer Studie halten über ein Drittel der Befragten Liebe zwischen Männern für unnormal und eklig!“
Lilli seufzt.
„Ich habe nicht gesagt, dass es einfach ist. Aber es ist doch gut, zu wissen, was los ist, oder?“
Daniel nickt zögernd.
„Aber was mache ich denn jetzt?“
„Nichts. Was willst du machen? Wenn du wirklich schwul bist, ist das nichts, wogegen man etwas unternehmen muss.“
Daniel seufzt und trinkt einen sehr vorsichtigen Schluck Kaffee. Es ist merkwürdig, darüber zu sprechen. Die Worte ziehen seine verworrenen Gedanken ans Licht und befestigen sie in der Wirklichkeit. Er kann immer weniger so tun, als wäre nichts geschehen.
Daniel. Schwul.
Ausgerechnet er, mit seinem Geldproblem und dem blöden Asthma und seinem Vater, auf dessen Grab er Geranien pflanzt, mit seiner ziemlich ausgeflippten Mutter und seinem schrulligen Hobby. Kann er nicht einmal so sein wie alle anderen?
Irgendwie ist es bestimmt einfacher, schwul zu sein, wenn man Mick ist. Bei Mick ist es exzentrisch. Bei Daniel nur merkwürdig.
Obwohl es sich nicht merkwürdig anfühlt. Im Gegenteil, endlich gibt es etwas in Daniels Leben, das einfach stimmt.
Mick mit seinen Tiefseeaugen, der die Arme ausbreitet und sich nach hinten in den Pool fallen lässt.
Mick, der „Komm und hol’s dir“ sagt und diese lässige Bewegung in den Hüften macht, die man hoffentlich als Schwuler nicht zwingend können muss, sonst wird Daniel ein miserabler Schwuler sein.
Mick, mit nichts hinter sich als schwarzer Nacht.
„Ich bin immer zu nah am Rand.“
„Verdammt!“ Daniel vergräbt das Gesicht in den Händen. „Kann er nicht anrufen? Er kann doch nicht durch die Gegend laufen, Leute küssen und dann nicht anrufen.“
„Männer sind Schweine“, sagt Lilli weise. „Das wirst du auch noch merken. Die meisten jedenfalls und Anwesende ausgenommen.“
„Das sind ja tolle Aussichten.“
„Dich hat’s echt erwischt, oder?“
Daniel nickt unglücklich.
„Dann lass es entspannt angehen. Egal was draus wird, du hast jedenfalls gewonnen. Du weißt endlich, wie du tickst, das ist doch schon etwas wert.“
„Das klingt, als wäre ich vorher permanent durch mein Leben gelaufen und hätte mir den Kopf zerbrochen. So war es aber nicht. Ich war eigentlich ganz zufrieden.“
„Und du hast dich nie gefragt, warum es nichts werden wollte mit Laura und dir? Und mit Betty? Das sind Mädels, um die dich der halbe Jahrgang beneidet hätte. Jeder nicht-schwule Junge hätte sich mal zwei, drei Wochen auf die eingelassen, nur um zu sehen, was geht. So läuft das Spiel.“
„Ich dachte eben, das richtige Mädchen kommt noch.“
„Ja, genau.“ Lilli grinst. „Und Mick haben wir zu verdanken, dass du nicht mit vierzig immer noch drauf wartest. Auch wenn ich, ehrlich gesagt, nicht nachvollziehen kann, was du an ihm findest.“
„Nein? Ich dachte, er hätte so eine Aura für Frauen.“
Lilli zuckt die Schultern.
„Prallt an mir ab.“
Sie beißt in ihr Hörnchen. Daniel lässt den Kaffee im Pappbecher kreisen. Draußen traben zwei verspätete Schulkinder mit großen bunten Ranzen vorbei.
„Vielleicht ist es ja nur eine Phase“,
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