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Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)

Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)

Titel: Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Pavlovic
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lächelt.

5. ALLES ANDERS
     
    Später in dieser Nacht, oder vielleicht auch schon früh am Morgen, sitzt Daniel im Wohnzimmer vor seinem dunklen Aquarium und starrt hinein. Die Fische schlafen. Reglos schweben die Skalare zwischen den Wasserpflanzen; man kann sie überhaupt nur sehen, weil ihr helles Schuppenkleid das trübe Licht der Straßenlaternen von draußen reflektiert.
    Daniel fragt sich, ob sein Leben sich jemals wieder wie sein eigenes anfühlen wird.
    Er kann nicht schlafen. Er muss pausenlos an Mick denken und an den Augenblick, in dem die beiden anderen viel zu früh die Leiter anlegten und über den Rand krabbelten. An die Art, wie Mick sich abgewandt und verstohlen mit der Hand den Mund abgewischt hat. Wie er ganz der Alte war, danach, als wäre nichts gewesen, im Gegensatz zu Daniel, der spüren konnte, wie feuerrot seine Wangen waren, wie uncool sein Gestotter, wie überfordert und überrascht und überglücklich und total verängstigt sein ganzes Inneres.
    Er geht in den Flur und kramt sein Handy aus der Jackentasche. Keine neue Nachricht. Er weiß auch gar nicht, was er erwartet. Mick ist schließlich kein Mädchen, das verliebte SMS schreibt.
    Falls es für Mick überhaupt mehr gewesen ist als ein Spaß.
    Daniel steht im dunklen Flur und versucht, mit der Tatsache fertig zu werden, dass er in seinen Freund verliebt ist.
    Das ist zu viel. Das ist echt zu viel.
    Daniel macht Licht in der Küche, wo der Laptop seiner Mutter steht. Er fährt den Laptop hoch, macht sich Kaffee und geht ins Internet.
     
    ***
     
    Am nächsten Morgen hat er Glück. Seine Mutter ist spät dran, stürzt im Stehen eine Tasse Kaffee hinunter und ist weg, ohne zu bemerken, dass er überhaupt nicht im Bett war. Daniel schluckt zwei Kopfschmerztabletten und schwingt sich aufs Fahrrad. Erst auf halber Strecke bemerkt er, dass er ohne Schultasche unterwegs ist, aber egal, er ist jedenfalls pünktlich genug, um Lilli vor dem Schultor abzufangen.
    Sie ist Arm in Arm mit Jo. Mick ist nirgends zu sehen.
    „Hi“, sagt sie erstaunt. „Was ist denn mit dir los? Du siehst ja aus wie durchgekaut und ausgespuckt.“
    „Du musst mit mir Englisch schwänzen“, sagt Daniel ohne Umschweife. „Heute. Jetzt. Sofort. Bitte.“
    „Ähm … okay …?“
    „Cool. Komm mit, bevor uns ein Lehrer sieht.“
    „Ist etwas passiert?“, erkundigt sich Jo besorgt.
    „Ja“, sagt Daniel.
    „Und … was?“
    „Nichts. Ich kann das jetzt nicht erklären.“
    Zögernd lässt Jo Lilli los.
    „Also gut“, sagt Lilli. „Jo? Wir sehen uns in der Pause. Stimmt doch, Daniel, oder?“
    „Ich denke schon.“
    Lilli schüttelt den Kopf.
    „Du bist ein Geheimniskrämer.“
    „Also, bis später dann“, sagt Jo, immer noch einigermaßen perplex. Daniel schnappt sein Fahrrad und wartet ungeduldig, bis Lilli zu ihm aufschließt.
    „Wohin?“, sagt sie. „Das Müllers hat noch nicht auf.“
    Daniel kann sich nicht darum kümmern, woher Lilli ihren gepflegten zweiten Morgenkaffee bekommt. Er ist vollauf mit einer spontanen Panikattacke beschäftigt.
    Er ist doch wohl nicht etwa drauf und dran, Lilli zu erzählen, er hätte sich in seinen derzeit besten Kumpel verliebt? Wie klingt denn das? So etwas passiert nicht. Nicht in Daniels Durchschnittsleben. Niemand, den er kennt, ist schwul. Schwule gibt es nur im Fernsehen.
    Außer Mick, vielleicht.
    Bis Lilli sich in der Bäckerei einen Kaffee und ein Hörnchen organisiert hat, ist er mit seiner Krise einigermaßen durch.
    Er hat schließlich nicht geträumt, letzte Nacht.
    „Jetzt bin ich aber gespannt“, sagt Lilli und breitet ihr Frühstück am Stehtisch in der Ecke aus. Sie hat auch einen Kaffee für Daniel mitgebracht, dankbar schließt er die Hände um den warmen Pappbecher.
    Lilli beißt in ihr Hörnchen und sieht Daniel erwartungsvoll an. Daniel nimmt einen Schluck Kaffee und verbrennt sich die Lippen.
    „Ich habe gestern Abend noch ein bisschen gegoogelt.“
    „Okay …?“
    „Wusstest du, dass fünf bis zehn Prozent aller Menschen … homosexuell sind?“
    „Nö“, sagt Lilli kauend.
    „Es gibt eine kaum einzuschätzende Dunkelziffer.“ Daniel dreht seinen Pappbecher zwischen den Fingern. „Etwa die Hälfte aller … schwulen … Jungs findet es vor dem achtzehnten Geburtstag raus. Die meisten versuchen es erst mit Mädchen, aber es klappt nicht.“
    „Aha“, sagt Lilli interessiert. „Warum erzählst du mir das?“
    „Weil … gestern Abend – also … als du mit Jo unten warst …

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