Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
bei den Fahrrädern links. Bevor es ins Nachbarhaus rein geht.“
Mick nimmt die Münzen und schlurft barfuß zur Wohnungstür hinaus. Daniel klemmt sich das Telefon wieder unters Kinn und kehrt zurück vor das Aquarium.
„Wieder da“, sagt er in den Hörer.
„Na, wenigstens scheinst du dein chaotisches Element gut im Griff zu haben“, sagt Lilli.
„Geht so. Mal besser, mal schlechter.“
Lilli seufzt.
„Weißt du, ich gönne dir dein Glück, ganz bestimmt. Aber ich weiß nicht, ob er wirklich gut für dich ist.“
„Das weiß ich auch nicht“, sagt Daniel ehrlich.
„Mein Bruder hat sich mal eine brennende Zigarette auf dem Arm ausgedrückt. Das geht in die gleiche Richtung, oder? Und du weißt, was für ein Spinner mein Bruder ist. Solche Menschen kosten dich endlos viel Energie. Du denkst immer, du kannst sie heilen, ihnen Halt geben, was auch immer, aber das wollen die doch gar nicht. Die wollen doch Spinner sein.“
„Ich weiß aber auch, wie sehr du deinen Bruder liebst.“
„Er ist mein Bruder. Ich kann nicht wegrennen.“
„Ich kann auch nicht wegrennen. Wohin denn? Er wohnt seit gestern in meinem Zimmer.“
„Du weißt, was ich meine, oder?“
„Ja. Ich passe schon auf mich auf.“
Lilli hat daran ihre Zweifel und Daniel denkt, zu recht.
Sie haben sich gerade verabschiedet, als die Wohnungstür klappt. Mick kommt rein, hingebungsvoll kauend und wirft eine Handvoll bunter Kugeln in eine vergessene, leere Kaffeetasse auf dem Tisch.
„Besser?“, fragt Daniel und Mick nickt zufrieden.
„Na, ein Glück. Ich muss jetzt Hausaufgaben machen. Wie sieht es mit dir aus?“
Mick verzieht das Gesicht.
„Keinen Bock. Ich hab Mathe auf. Ich hasse Mathe.“
„Bist du gut in Englisch?“
„Ja, wieso?“
„Cool. Dann machst du meine Englisch-Hausaufgabe und ich mache deine in Mathe.“
„Guter Plan.“
Mick angelt sich eine neue Kaugummikugel aus der Tasse, während Daniel seine Schultasche nach den richtigen Unterlagen durchsucht.
„Mist!“
Daniel sieht auf. Mick hat sich vornüber gebeugt und spuckt etwas in die hohle Hand.
„Was?“
„Das ist kein Kaugummi. Das ist ein Flummi!“
Daniel lacht, bis er auf dem Sofa niedergerungen wird und dann spricht für eine geraume Zeit niemand mehr von Hausaufgaben.
***
Je näher der große Auftritt von Spellbound rückt, desto tiefer werden die Gräben, die sich durch die Band ziehen.
„Merkst du’s nicht?“, faucht Mick. „Du merkst es nicht! Du kommst immer einen Viertelschlag zu spät! Hier!“
Er spielt die Melodie auf seiner Gitarre und stampft den Takt mit dem Fuß.
„Drei – zwei – eins – jeee-eee-tzt!“
„So mache ich das“, sagt Jo frustriert. „Genau so. Schon seit wir den Song im Programm haben.“
„Du spielst schlampig.“
„Und du bist die größte Nervensäge, die wir je hatten!“
„Jens, Jens Jens“, singt Max, der Leadsänger, zur Melodie des Beatles-Songs. „All you need is Jens …“
„Jens war der Bassist, den sie vor Kathy hatten“, erklärt Lilli leise. Daniel sitzt mit ihr auf den zusammen geschobenen Tischen an der Wand, eigentlich nur, um ein bisschen zuzuhören, aber Daniel denkt, dass die Vorstellung hier jedem Kino-Drama das Wasser abgräbt. Fehlt nur Popcorn oder Eiskonfekt in der Schachtel. „Er war gut, aber echt antisozial. Kam rein, sparte sich die Begrüßung und wollte anfangen zu spielen. Bei jedem Wortwechsel, der nicht direkt mit Musik zu tun hatte, fing er an zu motzen. Und das bei einer Band, die sich ursprünglich mal hauptsächlich wegen Party, Bier und Mädels gegründet hat. Um es kurz zu machen, er flog nach sechs Wochen wieder raus.“
„Weißt du, ich find’s auch ätzend, wenn du jeden Song dreimal unterbrichst“, sagt Kathy. „Jetzt lass uns doch mal in Ruhe spielen.“
Mick macht ein Gesicht wie eine Gewitterwolke und spielt einen ärgerlichen Riff.
Drei Minuten später.
„Ich bin hier der Frontmann“, sagt Max. „Niemand hat gesagt, dass du eine zweite Stimme dazu singen sollst.“
„Das muss mir auch niemand sagen“, sagt Mick feindselig. „Da komme ich schon ganz von selbst drauf.“
Fünf Minuten später.
„Wir spielen nicht zwei Schnulzen hintereinander“, sagt Mick. „Ich will, dass die Post abgeht. ACDC, von mir aus.“
„Es war deine Idee, die beiden aneinander zu hängen“, schimpft Jo. „Weißt du noch? Letzte Woche. Und jetzt lassen wir es so, denn ich habe überhaupt keinen Bock auf noch mehr
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