Fliegende Fische Band (Junge Liebe ) (German Edition)
Wird er morgen eben die Wäsche machen. Was soll’s.
„Ich hasse meine Eltern“, sagt Mick plötzlich und Daniel fällt vor Schreck beinahe aus dem Bett.
„Mann! Ich dachte, du schläfst.“
„Ich gehe nicht zurück“, sagt Mick. „Ich weiß nicht, wohin ich gehe, aber nicht zurück. Und wenn ich achtzehn bin, bin ich weg.“
„Wann wirst du achtzehn?“
Kurze Pause.
„Zwölfter Januar.“
„Na, das sind ja noch ein paar Tage.“
„Ja.“
Daniel fragt sich, ob Mick plant, hier zu bleiben bis zum zwölften Januar. Bei aller Liebe, aber das wird eng.
„Vielleicht schläfst du jetzt erst mal“, schlägt er vor. Er selbst ist müde und sehr entspannt, um zehn nach sechs klingelt der Wecker. „Die Nacht ist nicht mehr lang. Morgen können wir über alles reden, was passiert ist.“
„Nichts ist passiert.“ Micks Stimme ist ganz hart. „Das sind alles Idioten. Ich hasse sie. Ich hasse meine Familie. Das ist passiert.“
„Das ist mir mittlerweile klar. Aber wir ändern nichts dran, jetzt mitten in der Nacht. Entspann dich. Du bist hier und alles ist gut.“
„Glaubst du wirklich, dass es so einfach ist?“
„Nein. Möchte ich aber.“
Mick nickt und seufzt in Daniels Schulter.
„Gute Nacht“, sagt Daniel, nur um sicher zu gehen.
„Nacht“, murmelt Mick und drückt ein Küsschen auf Daniels Schulter.
Daniel lächelt noch, als am nächsten Morgen der Wecker klingelt.
***
Der Morgen beginnt sehr merkwürdig. Daniel hat noch nicht einmal seine erste Tasse Kaffee gehabt und muss schon den Anblick seiner Mutter verkraften, die mit einem blutigen Messer in der Hand in der Küche steht.
„Was ist das denn?“, fragt er, nur mäßig erschrocken, weil seine Mutter offensichtlich keine Anzeichen einer Verletzung zeigt. „Lustiges Horrorfilme-Raten?“
„Wüsste ich auch gerne“, sagt Rita und dreht das Messer in den Händen. Es ist eines von den kleinen, scharfen, mit denen man sich beim Kartoffelschälen so schön in den Finger säbeln kann. „Wo ist denn dein Freund? Schläft er noch?“
„Im Bad. Wieso?“
„Hast du mal seine Arme gesehen?“
Und nicht nur die. Was für ein triumphales Gefühl.
„Ja, wieso?“
„Ist dir nichts aufgefallen?“
„Na ja. Sie sind ganz schön … verkratzt.“
Rita seufzt.
„Da hast du dir ja ein hübsches Bürschchen angelacht.“
„Finde ich auch, aber warum …?“
„Weil er sich die Kratzer selber beibringt, mit dem Messer. Langsam verstehe ich, warum seine Eltern ihn gerne beim Therapeuten hätten.“
Die Badezimmertür klappt und Rita fährt an Daniel vorbei aus der Tür, das Messer in der Hand.
„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen“, hört Daniel Micks Stimme. Er wirft einen Blick auf den Gang. Mick hat ein Handtuch um die Hüften geschlungen und die Hände erhoben, als würde er bedroht.
„Warst du heute Nacht in der Küche?“, fragt Rita.
„Ähm“, sagt Mick. „Ja …? Ich hatte Hunger und wollte mir ein Brot machen.“
„Nach drei Pfund Nudelauflauf?“
„Ich bin eben noch im Wachstum.“
Rita hält Mick das Messer unter die Nase. Mick zuckt zurück.
„Ja“, sagt er. „Ich bin mit dem Messer ausgerutscht und hab mich verletzt.“
Rita packt Mick am Handgelenk und hebt seinen Arm hoch.
„Gleich vier- oder fünfmal hintereinander?“
„Ich bin eben sehr ungeschickt.“
„Lass es“, sagt sie. „Schneid dir kein Brot mehr ab, so lange du hier bist. Wenn ich dich noch einmal erwische, wie du dir Brot abschneidest, fliegst du raus, kapiert?“
„Kapiert“, sagt Mick erstaunt und ungewöhnlich fügsam.
„Gut.“ Rita legt das Messer weg. „Dir auch einen schönen guten Morgen, Mick.“
***
Nach diesem Einstieg fühlt es sich vergleichsweise normal an, zusammen mit dem Lift runterzufahren, die Fahrräder aufzuschließen und zur Schule zu radeln. Vor dem Schultor verabschiedet Mick sich mit einem lässigen Winken und Daniel ist froh, dass Mick zumindest hier darauf verzichtet, ihn ungefragt zu outen.
Obwohl es gleichzeitig schade ist, so glücklich und stolz zu sein und niemand darf es wissen.
Nach der Schule fährt Daniel in den Laden und arbeitet eine kurze, zweistündige Mittagsschicht ab. Als er schließlich nach Hause kommt, liegt Mick in seinem Bett und schläft. Daniels Mutter muss ihn reingelassen haben, bevor sie zu ihrem Nachmittagstermin gefahren ist.
Daniel sieht auf Mick hinunter, der das Gesicht im Kopfkissen vergraben hat. Er trägt eines von Daniels
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