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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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habe dir alles gegeben, was du dir wünschen konntest. Warum bist du denn so wütend auf mich?”
    “Warum ich wütend auf dich bin? Fragst du das im Ernst, Manuel?”
    “Natürlich.”
    Obwohl sie es eigentlich vermeiden wollte, ihn persönlich anzugreifen, kamen die schlimmen Erfahrungen der letzten sechs Jahre in ihr hoch. Sie konnte nicht anders, als ihm ihre Gefühle entgegenzuschleudern. “Du weißt doch genau, wie unglücklich ich die ganze Zeit gewesen bin. Du hast mich missbraucht und manipuliert und …”
    “Ich hab dir ein schönes großes Haus gekauft und ein hübsches Auto. Das würde ich nicht gerade missbrauchen nennen. Vielleicht solltest du mal zu einem Arzt gehen und dir ein Mittel gegen Depressionen verschreiben lassen. Das malst du dir doch alles nur aus.”
    Jetzt packte sie die Wut, was ganz neu für sie war. Sie spürte, wie all ihre Frustration, ihre Verletzungen und ihr Zorn aus ihr herausbrechen wollten. “
Du
bist doch krank!”, rief sie. “Und du machst mich krank!”
    Als er nicht gleich antwortete, wusste sie, dass ihr heftiger Gefühlsausbruch ihn überraschte. Aber immerhin hatte sie ihn jetzt so weit provoziert, dass er aufhörte, ihr etwas vorzuspielen. “Du glaubst doch nicht etwa, ich lasse zu, dass du mir meinen Sohn wegnimmst?”, blaffte er sie an.
    “Glücklicherweise hast du in dieser Hinsicht nichts mehr zu melden.”
    “Du dreckige Hure! Wenn ich dich zwischen die Finger kriege, dann …”
    Sie schloss die Augen. “Halt den Mund! Ich will das nicht mehr hören, nie mehr, hast du verstanden? Nicht ein Wort davon. Ich ertrage es nicht. Sei still!”
    Schweigen.
    “Mommy?” Max sah verängstigt zu ihr auf.
    Emma versuchte, sich zu beherrschen. Kaum zu glauben, dass sie zu so einem Gefühlsausbruch fähig war. Einen Moment fühlte sie sich wie befreit. Aber dann drang Manuels hämisches Lachen an ihr Ohr.
    “
Querida
, du bist so schön widerspenstig, ich mag das. Bleib so, ja? Und wenn wir heute Abend wieder zu Hause sind, spielen wir ein schönes Spiel.”
    Als Emma sich ausmalte, was für ein Spiel das sein könnte, wurde ihr übel. “Geh zum Teufel!”, presste sie hervor.
    Seine Stimme wurde leiser, und der amüsierte Tonfall verschwand. “Du kommst dir wohl vor wie etwas Besseres, hm? Erstaunlich, wie schnell jemand hochnäsig wird, wenn er glaubt, in Sicherheit zu sein. Aber freu dich nicht zu früh, ich bin dir dicht auf den Fersen.”
    Augenblicklich bekam ihr Selbstbewusstsein wieder einen Knacks. Und genau das hatte er bezweckt, das wusste sie. Sie riss sich zusammen. Er konnte sie jetzt nicht packen, quälen, misshandeln, sie vor Max’ Augen erniedrigen, er konnte ihr ihren Sohn nicht wegnehmen. Sie hatte ihn doch längst hinter sich gelassen. Außerdem hatte er doch keine Ahnung, wo sie sich gerade aufhielt. “Du kannst mir gar nichts mehr anhaben”, stieß sie hervor.
    “Ich weiß, dass du mit jemandem zusammen bist,
querida”
, zischte er.
    “Du weißt überhaupt nichts.”
    “Woher kennst du diesen Kerl?”
    “Von nirgendwo.”
    “Lüg mich nicht an!”
    “Was ich tue, muss dich überhaupt nicht interessieren.”
    “Gehst du mit ihm ins Bett?”
    Vor Emmas geistigem Auge tauchte Preston auf – Preston mit den langen blonden Haaren, die ihm lässig ins Gesicht fielen oder im Fahrtwind flatterten, wenn sie die Fenster heruntergelassen hatten, Preston mit den blauen Augen, den sanften Lippen und dem ernsten Blick.
    “Ach, hör doch auf damit”, sagte sie.
    “Ich werde das Schwein umbringen, das verspreche ich dir!”
    Sie erinnerte sich wieder daran, wie sie sich danach gesehnt hatte, von Preston umarmt und gestreichelt zu werden. Das war ein vollkommen neuartiges Gefühl gewesen, das ihr während der Zeit mit Manuel völlig abhandengekommen war. Mit Manuel zusammen zu sein bedeutete, dass man sich ständig in Gefahr befand.
    Preston wird nur noch zwei Tage bei uns sein, nur bis wir Iowa erreicht haben. Dann werden wir uns trennen und nicht wiedersehen. Manuel wird uns niemals finden. Und er wird auch niemals herausbekommen, wer uns geholfen hat.
    Sie klemmte den Hörer zwischen Kopf und Schulter, um sich die schweißnassen Hände an der Shorts abzuwischen. “Hör auf mich zu bedrohen, Manuel. Ich wollte dir noch etwas sagen, was dir überhaupt nicht gefallen wird.”
    “Was denn?”
    “Ich habe Beweise.”
    Schweigen.
    “Mommy?” Max umschlang ihr Bein. “Wann bist du denn endlich fertig? Ich will jetzt endlich was

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