Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
Vom Netzwerk:
auf dem Display von Manuels Gerät auftauchte. “Das Telefon hier ist nicht für das geeignet, was ich vorhabe.”
    Da Max unbedingt raus wollte, fragte er nicht weiter. “Okay, gehen wir”, sagte er und lief voraus.
    Sie schrieb eine kurze Notiz für Preston, falls er während ihrer Abwesenheit zurückkäme und griff nach dem zweiten Zimmerschlüssel. Dabei bemerkte sie Prestons Handy auf der Kommode, das an die Steckdose angeschlossen war und sich auflud. Emma zog den Stecker heraus und steckte den Apparat in ihre Handtasche. Vielleicht wäre er nicht erfreut, dass er auf sie warten musste, wenn er zurückkam, aber er fuhr bestimmt nicht ohne sein Handy los. Das betrachtete Emma als kleine Versicherung für alle Fälle, eine sehr kleine, aber sie fühlte sich besser, wenn sie es mitnahm.
    Trotz der Mittagssonne war es auf der Straße nicht übermäßig heiß. Sie gingen den Bürgersteig entlang und Emma roch die Petunien im Beet neben dem Weg und hörte die eigenen Schritte auf dem Asphalt. Salt Lake City gefiel ihr. Die Stadt war sauber und gepflegt und von hohen, majestätisch wirkenden Bergen umgeben.
    Beim Gehen jagte Max die Tauben auf dem Gehweg und kreischte vor Begeisterung, wenn er eine fast erwischte. Sie lächelte, weil er endlich mal wieder ein wenig Spaß hatte, und wünschte, sie könnten endlich einmal wieder ein paar Tage lang ausspannen. Der Wunsch wuchs enorm, als die Telefonzelle in Sicht kam. Gleich würde sie mit Manuel sprechen, dem Mann, den sie einmal hatte heiraten wollen, der aber seit der Geburt von Max nur noch Angst und Widerwillen in ihr auslöste, weil er sie versklavte und missbrauchte.
    Während sie an ihn dachte, spürte sie wieder seine unsichtbare Hand nach ihr greifen, glaubte, einen Hauch im Nacken zu fühlen, wie damals, wenn er sie dort packte, um sie ins Schlafzimmer zu dirigieren, während er sie lüstern und brutal anstarrte, um sie wenig später zu Dingen zu zwingen, die sie hasste, und die ihr ein schreckliches Gefühl von Hilflosigkeit vermittelten.
    Es lief ihr kalt den Rücken hinunter. Instinktiv drehte sie sich um und musterte die anderen Passanten.
    Nur Unbekannte.
    Manuel war nicht hier, natürlich nicht. Das war ganz und gar unmöglich.
    Trotzdem ermahnte Emma ihren Sohn, als er wieder laut schreiend auf einige Tauben zustürzte, er solle nicht so laut sein.
    Am Rand einer Tankstelle mit Kiosk erreichten sie die mit Graffiti beschmierte Telefonzelle. Der Apparat hatte schon bessere Zeiten gesehen, aber über ihm hing ein Schild, auf dem stand, dass man hier keine Anrufe entgegennehmen konnte. Also würde keine Nummer auf dem Display des Angerufenen erscheinen, und das war genau das, was sie brauchte.
    “Setz dich da hin”, sagte sie zu Max und deutete auf den Bordstein zu ihren Füßen. “Und wenn du ganz brav bist, kauf ich dir eine Süßigkeit in dem kleinen Laden an der Tankstelle, okay?”
    “Okay!” Gehorsam ließ er sich nieder, bemüht, einen sehr folgsamen Eindruck zu machen, und Emma atmete erleichtert aus. Die nächsten Minuten würden schwierig genug werden, auch wenn Max nicht den Bürgersteig entlangrannte, herumkasperte oder irgendwelche Passanten ansprach.
    Sie riss sich zusammen und wählte die Nummer von Manuels Handy. Eine automatische Stimme erklärte ihr, wie viel Geld sie einwerfen musste, um ein solches Ferngespräch zu führen. Mit angehaltenem Atem steckte Emma ihr ganzes Kleingeld in den Apparat, schloss die Augen und hörte ihr Herz pochen, während sie darauf wartete, dass er abnahm.
    “Hallo?”
    Noch vor dem Sprechen ergriff ein Gefühl des Ekels von ihr Besitz, und sie musste schlucken. “Manuel?”
    “Vanessa. Gott sei Dank.”
    Aus seinen Worten sprach große Erleichterung. Sie schien echt zu sein. So eigenartig wie er veranlagt war, glaubte er allen Ernstes, sie zu lieben – oder zumindest zu brauchen.
    “Ich bin ja so froh, dass du anrufst,
querida.
Geht es dir gut?”
    Querida. Mein Liebling.
Sie verzog das Gesicht. “Ja, es geht mir gut.”
    “Und wie geht es meinem
hijito?”
    “Auch gut.”
    “Das ist schön.” Einen Moment herrschte Schweigen. “Hast du dich wieder beruhigt? Kommst du zurück nach Hause?”
    Sie dachte an Juanita und an Rosa. Es gab wirklich keinen Grund, sich zu beruhigen. “Nein.”
    “Vanessa, mach es mir doch nicht so schwer. Komm einfach zurück. Du gehörst doch zu mir. Das weißt du auch.”
    “Das stimmt nicht.”
    “Hast du denn alles vergessen? Ich hab dich doch verwöhnt,

Weitere Kostenlose Bücher