Flieh Wenn Du Kannst
gut sein. Und Ihr Mann ist der Beste. Einfach der Beste«, erklärte sie beinahe wehmütig und führte Bonnie an einer Tür mit der Aufschrift »Grünes Zimmer« vorbei. »Da drinnen warten unsere Gäste«, bemerkte sie mit gesenkter Stimme. »Es ist wirklich toll, wie nervös die Leute hier werden. Haben Sie heute eigentlich keinen Unterricht?« fuhr sie fort, ohne Luft zu holen.
»Wir haben früher aufgehört«, antwortete Bonnie und sagte sich, daß das ja wahr sei. Sie hatte tatsächlich früher aufgehört. Viel früher.
»Das Studio ist hier.« Marla zog eine schwere, graue Tür auf und ließ Bonnie den Vortritt. Plötzlich befanden sie sich in einer verdunkelten Welt von Kameras und Monitoren, wo sich dicke Kabel wie kriechende Pflanzen am Boden und an der Decke entlangzogen. Das Publikum, etwa dreihundert Personen, größtenteils Frauen, saß in bequemen, stufenweise angeordneten Sesseln, und alle Augen waren auf das pfirsichfarbene Sofa und den blaßrosa Drehsessel auf dem erleuchteten Podium am Ende des Studios gerichtet. Topfpalmen aus Seide und Vasen mit frischen Blumen schmückten dieses Pseudowohnzimmer. An der rückwärtigen Wand hing ein moderner Wandteppich, eine Komposition aus Pink-, Mauve-und Beigetönen. Marla hatte recht – es war weit freundlicher und einladender als das alte Set. Rod hatte immer schon einen guten Geschmack gehabt.
»Wollen Sie sich nicht da drüben hinsetzen?« fragte Marla und schenkte einer Frau in der ersten Reihe, die sie bewundernd anstarrte, ein strahlendes Lächeln. »Dann bin ich gleich bei Ihnen, falls Sie einem unserer Gäste eine Frage stellen wollen.«
»Ich will aber gar keine Fragen stellen«, entgegnete Bonnie.
»Man kann nie wissen«, erklärte Marla. »Es kann ja sein, daß einer Sie interessiert. Wir haben heute sehr interessante Gäste.«
»Das glaube ich, aber ich wollte eigentlich nur auf einen Sprung zu Rod. Ich habe wirklich keine Zeit, mir die ganze Aufzeichnung anzusehen.«
»Es dauert nur noch eine halbe Stunde, und er kann sowieso erst nach der Aufzeichnung mit Ihnen sprechen. Er ist jetzt im Kontrollraum.« Marla zeigte zu einem Glaskasten hoch über ihren Köpfen im hinteren Teil des Studios. »Also, setzen Sie sich einfach, und machen Sie es sich gemütlich.« Sie stieß Bonnie praktisch in den leeren Sessel in der zweiten Reihe. »Ich sag’ dem Kameramann, er soll Sie mal in Großaufnahme zeigen.«
»Bloß nicht!« Sofort fuhr sich Bonnie wieder ins Haar.
»Ach, seien Sie doch nicht so schüchtern.« Marla entfernte sich bereits. »Und denken Sie daran, laut zu sprechen, wenn Sie unsere Gäste etwas fragen wollen.«
»Ich weiß ja noch nicht einmal, worum es in der Show eigentlich geht«, protestierte Bonnie schwach, froh sich setzen zu können.
»Ach, hab’ ich Ihnen das noch gar nicht gesagt? Es geht um Seitensprünge.« Sie lächelte mit ihren überkronten Zähnen. »Der Titel ist >Ehefrauen, die klammern<. Also, bis später. Amüsieren Sie sich.«
»Sie hat ein Verhältnis mit meinem Mann«, sagte Bonnie, die vor Dianas Schreibtisch wie eine Löwin im Käfig auf und ab rannte.
»Bonnie, jetzt beruhig dich erst einmal.«
»Sag jetzt bloß nicht, ich bilde mir das ein.«
»Ich sage gar nichts«, erwiderte Diana. »Ich versuche lediglich zu begreifen, was passiert ist.«
Bonnie rannte zur Glaswand des modernen Bürogebäudes und blickte auf die etwa zwanzig Stockwerke tiefer liegende Straße hinunter. Ihr schwindelte bei dem Anblick, sie fuhr zurück und stieß gegen die scharfe Ecke von Dianas grünem Marmorschreibtisch.
»Setz dich doch erst mal«, sagte Diana und wies auf die beiden Sessel vor ihrem Schreibtisch.
»Ich will mich nicht setzen«, gab Bonnie heftig zurück. »Ich hab’ den ganzen Tag schon gesessen.« Erst im Auto, dann im Frisiersalon, dann im Zuschauerraum des verdunkelten Studios. »>Ehefrauen, die klammern<, hat sie gesagt«, zischte Bonnie wütend. »Kannst du dir das vorstellen? Sie hatte tatsächlich die Frechheit, mir das ins Gesicht zu sagen.«
»Aber Bonnie«, versetzte Diana besänftigend, »das ist doch der Titel der Show. Sie hat sich das doch nicht deinetwegen ausgedacht. Sie hatte ja keine Ahnung, daß du kommen würdest.«
»Kann schon sein, aber wie sie es gesagt hat«, entgegnete Bonnie. »Der Unterton war überhaupt nicht zu überhören. Sie hat unterstellt, daß ich auch so eine Ehefrau bin. Du warst nicht dabei. Du hast es nicht gehört.«
Diana stand aus ihrem hochlehnigen, schwarzen
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