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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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bemüht, wie eine Erwachsene zu sprechen. »Wenn du sehr lieb bist.«
    »Ich bin lieb«, erklärte Amanda, und Bonnie schauderte unwillkürlich.
    »Du brauchst nicht lieb zu sein«, flüsterte sie.
    »Was? Hast du etwas gesagt, Schatz?« fragte Rod.
    Das Telefon läutete.
    »Ich geh’ schon hin«, rief Lauren, rannte in Bonnies Schlafzimmer und nahm ab. »Hallo!« Eine kurze Pause. »Sie kann im Moment leider nicht ans Telefon kommen. Kann ich ihr etwas ausrichten?«
    Wieder folgte eine Pause, länger diesmal. Bonnie hatte den Eindruck, daß Lauren den Atem anhielt.
    »Wann denn?« hörte sie Lauren ungläubig, mit brüchiger Stimme fragen. Dann: »Und wie?«
    Wieder eine lange Pause. »Ja, danke, für Ihren Anruf. Ich werde es ihr ausrichten.«
    »Wer war das?« fragte Bonnie, als Lauren langsam aus dem Schlafzimmer kam. Ihr Gesicht war blaß, ihre Augen schienen allen Glanz verloren zu haben. »Lauren, wer war das? Was ist passiert?«
    »Was ist denn, Kind?« fragte Rod.
    »Das war eine der Pflegerinnen aus der Melrose Klinik«, antwortete Lauren. Ihre Stimme schien von weit her zu kommen. »Meine Großmutter ist letzte Nacht gestorben.«
    »Was?« Bonnie traute ihren Ohren nicht. »Wie ist denn das gekommen?«
    »Die Pflegerin hat gesagt, sie wäre vor ein paar Tagen ins Koma gefallen und gestern nacht gestorben. Ich kann es einfach nicht glauben«, fuhr Lauren fort. »Das ist doch unmöglich. Wir waren doch erst letzte Woche bei ihr.«
    »Sie war eine alte Frau«, sagte Rod. »Und sie hat gelitten. Es ist besser so.«
    »Aber wir waren doch erst bei ihr«, wiederholte Lauren wie betäubt.
    »Und das war wirklich ein Glück, wenn man es sich überlegt«, sagte Rod zu ihr. »Du hast deine Großmutter vor ihrem Tod noch einmal gesehen. Und sie hat dich gesehen. Das hat sie bestimmt sehr glücklich gemacht.«
    »Sie hat mich erkannt«, sagte Lauren, und ein kleines Lächeln blitzte auf, ehe es in einem Tränenstrom unterging.
    Rod zog seine ältere Tochter in seine Arme. »Es tut mir wirklich leid, Schatz.«
    »Ist Großmama Sally gestorben?« fragte Amanda ihre Mutter mit großen Augen.
    »Nein, nein, Liebes«, erklärte Bonnie. »Großmama Sally geht es gut. Das war die Großmutter von Lauren und Sam.«
    »Nicht meine Großmutter?« wiederholte Amanda.
    »Nein.«
    »Deine Mama?« fragte sie.
    »Nein, Amanda«, antwortete Bonnie, die sich dem Gespräch in diesem Moment kaum gewachsen fühlte. »Meine Mama ist schon vor ein paar Jahren gestorben.«
    »Wie alt war sie, als sie gestorben ist?«
    »Sechzig«, antwortete Bonnie geistesabwesend und sah ihre Mutter vor sich, wie sie aufrecht im Bett saß, das Gesicht von den Schatten verdunkelt.
    »Und wie alt bist du?« fragte Amanda ängstlich.
    »Noch lange nicht sechzig«, sagte Rod beschwichtigend. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Deine Mama bleibt noch lange, lange bei uns.«
    »Aber du bist doch krank. Mußt du jetzt sterben?« beharrte Amanda immer noch ängstlich.
    Sie sind in Gefahr, hörte sie plötzlich Joan rufen. Sie und Amanda sind in Gefahr.
    Ein Schauder durchrann Bonnie. »Ich werde nicht sterben«, sagte sie. »Es geht mir bestimmt bald wieder besser.«
    Sie sind in Gefahr, rief Joan wieder. Sie und Amanda sind in Gefahr.
    »Hier stirbt überhaupt niemand«, sagte Rod energisch. »Ist das klar? Solange Daddy weg ist, stirbt keiner.«
    Lautes Klopfen, dann Klingeln unterbrach ihn.
    »Das wird mein Wagen sein«, sagte Rod mit einem Blick auf seine Uhr.
    »Der kommt aber früh.«
    »Ich werde dem Fahrer sagen, er soll warten.«
    »Aber nein, du bist doch fertig«, widersprach Bonnie. »Fahr ruhig los. Es gibt keinen Grund zu bleiben.«
    »Ich hab’ hier drei Gründe direkt vor mir stehen«, entgegnete Rod.
    Vielleicht habe ich mich getäuscht, dachte Bonnie hoffnungsvoll. Vielleicht hat Rod gar keine Affäre mit Marla. Vielleicht sind das nur Hirngespinste von mir.
    »Drei Gründe, gesund wieder zurückzukommen«, sagte Bonnie zu ihm.
    Er neigte sich zu ihr und küßte sie zärtlich auf den Mund. »Ich rufe jeden Abend an.«
    »Das ist wirklich nicht nötig.«
    »Ich tu’s trotzdem«, sagte er.
    Dann ging er, und Bonnie sah ihm nach, wie er die Treppe hinunter und zu der wartenden Limousine ging.
     
    Bonnie schlief, als sie das Läuten der Türglocke wahrnahm. Im ersten Moment glaubte sie, es wäre Teil ihres Traums – sie rannte gerade durch die Korridore der Melrose Klinik, und überall schrillten Alarmglocken -, dann aber erkannte sie, daß

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