Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
Vom Netzwerk:
kann. Ich bin total durcheinander, Nick. Ich habe das Gefühl, daß mein ganzes Leben aus den Fugen geraten ist. Und wenn du mir jetzt nicht bald ein paar Antworten gibst, dann wird dir nichts anderes übrigbleiben, als mich zu erschießen, weil ich nämlich sonst die Polizei anrufe und sage, daß mein Bruder, der Knastbruder, mit einer.357er Magnum bei mir im Schlafzimmer sitzt.«
    »Das wird nicht nötig sein.«
    »Wenn du mit mir nicht redest, dann redest du vielleicht mit der Polizei«, versetzte sie.
    »Bonnie«, sagte Nick ruhig, »ich bin die Polizei.«

28
    Als Rod nach Hause kam, war Nick nicht mehr da.
    »Wie geht es dir, mein Schatz?« fragte Rod und nahm Bonnie fest in die Arme. Dann trat er einen Schritt zurück, um sie lange und aufmerksam zu mustern. »Du siehst ja schrecklich aus«, sagte er.
    Automatisch griff Bonnie sich an ihr Haar und versuchte, den kurzen Pony tiefer in die Stirn zu ziehen. Tränen schossen ihr in die Augen. Fast eine Stunde lang hatte sie im Bad gestanden und versucht, sich für Rods Heimkehr schönzumachen. Sie hatte geduscht, sich die Haare mit einem besonderen Shampoo gewaschen, das Glanz und Fülle versprach, sie hatte sich die Zähne geputzt und dabei sorgfältig jede Berührung des Zahnfleisches vermieden, das dennoch geblutet hatte. Sie hatte sich sogar geschminkt, versucht ihre Blässe mit Rouge zu überspielen, hatte sich die Wimpern getuscht, die immer dünner zu werden schienen, und hatte die Lippen nachgezogen. Den verschwitzten Morgenrock, aus dem sie, wie ihr schien, seit Tagen nicht mehr herausgekommen war, hatte sie gegen ein frisches buntes Kleid getauscht. Und trotzdem sagte er, sie sähe schrecklich aus. Nun ja, nach Marla Brenzelle, dem Silikonwunder, hatte ihr Mann vielleicht vergessen, wie eine richtige Frau aussah, besonders wenn sie nicht ganz fit war. Richtige Frauen fliegen nicht nach Miami, um sich mit Fernsehbossen herumzuschlagen, dachte sie mit einem Blick die Treppe hinauf. Sie bleiben in Boston und schlagen sich mit Riesenschlangen herum.
    »Wie geht es den Kindern?« Rod ging in die Küche, sah seine Post durch.
    Bonnie folgte ihm. »Gut.« Sie sah auf ihre Uhr. Es war entweder zehn Minuten nach eins oder fünf Minuten nach zwei, sie konnte es nicht genau feststellen. Wie auch immer, die Kinder waren in der Schule.
    »Hast du mit dem Arzt gesprochen?« fragte Rod.
    »Ich hab’ die Praxis heute morgen angerufen, aber die Untersuchungsergebnisse waren noch nicht da. Anscheinend gibt es im Labor besonders viel zu tun.«
    »Bei welchem Arzt bist du überhaupt?«
    »Bei Dr. Kline«, antwortete Bonnie. »Das hab’ ich dir doch schon gesagt. Diana hat ihn mir empfohlen.«
    »Ich dachte, sie geht zu einem Dr. Gizmondi.«
    »Tatsächlich?«
    »Erinnerst du dich denn nicht? Sie hat uns doch einen ganzen Abend lang von ihm vorgeschwärmt. Ich erinnere mich nur, weil der Name so ungewöhnlich ist.«
    »Wahrscheinlich hat sie gewechselt«, meinte Bonnie ausweichend. Sie fühlte sich jetzt nicht fähig, Rod zu erklären, wer sie in Wahrheit zu Dr. Kline geschickt hatte. Sobald es ihr besser ging, würde sie ihm von ihren Besuchen bei Dr. Greenspoon erzählen, nahm sie sich vor und fragte sich, wann das wohl sein würde. Hatte nicht Dr. Kline gesagt, daß Infektionen des Innenohrs sich monatelang hinziehen konnten?
    »Du siehst aus, als hättest du tagelang nicht geschlafen«, bemerkte Rod.
    Hatte er immer schon diese Neigung gehabt, das Offensichtliche zu sagen?
    »Wir haben übrigens die Schlange gefunden«, sagte sie.
    »Ach was? Wo denn?«
    »In Amandas Zimmer«, antwortete Bonnie, ohne eine nähere Erklärung zu geben. Wieder etwas, das sie ihm verschwieg. Dein Platz wäre hier gewesen, dachte sie und hatte sofort das Bild ihres Bruders vor Augen.
    Sie setzte sich auf einen der Küchenstühle und musterte ihren Mann, während der seine Post durchsah. Ihre Gedanken kehrten zu den Ereignissen des vergangenen Abends zurück, und erneut, wie schon zu wiederholten Malen seit Nick heute morgen das Haus verlassen hatte, spielte sie das Gespräch mit ihrem Bruder in allen Einzelheiten durch.
    »Bonnie«, hörte sie ihn wieder sagen, »ich bin die Polizei.«
    Neugier mischte sich in ihre Angst. »Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, daß ich immer noch Räuber und Gendarm spiele, Bonnie, und immer noch die Bösen jage.«
    »Ich verstehe nicht. Du bist doch der Böse. Du mußtest ins Gefängnis.«
    »Ja, ich mußte ins Gefängnis.«
    »Und seit wann stellt

Weitere Kostenlose Bücher