Flieh Wenn Du Kannst
es in Bonnies Kopf, mit jedem Atemzug lauter und schmerzhafter, bis sie meinte, ihr Kopf würde zerspringen.
»Was ist denn?« fragte Rod beunruhigt. Er lief zu Bonnie und kniete neben ihrem Stuhl nieder. »Du bist plötzlich kreidebleich geworden.«
»Ich möchte, daß du die Lebensversicherungen für mich und Amanda kündigst«, sagte Bonnie, den Blick geradeaus gerichtet, weil sie Angst hatte, ihm in die Augen zu sehen.
»Wie?«
»Ich möchte, daß du...«
»Ich hab’ schon verstanden«, unterbrach er sie und richtete sich wieder auf. »Ich verstehe nur nicht, warum so plötzlich.«
»Es ist nicht plötzlich«, widersprach Bonnie. »Mir geht das schon seit Wochen durch den Kopf. Mir behagt das Ganze nicht, und ich möchte, daß du die Versicherungen kündigst.« Und wenn er sich weigerte? Was sollte sie dann tun? Konnte sie denn wirklich einfach ihr Kind nehmen und auf und davon gehen?
»Betrachte es als erledigt«, sagte Rod.
»Wie?«
»Ich sagte, betrachte es als erledigt.«
»Du kündigst die Versicherungen?«
Rod zuckte mit den Achseln. »Ich habe selbst schon daran gedacht, sie zu kündigen. Ich zahle einen Haufen Geld für diese verdammten Policen, das wir gut für andere Dinge gebrauchen könnten.« Er hielt inne und lächelte schwach. »Du hast doch vor, wieder gesund zu werden, nicht wahr?«
Bonnie lächelte, lachte, weinte dann. Wie hatte sie nur an ihm zweifeln können? Daran war nur diese verdammte Krankheit schuld. Sie vernebelte ihr das Hirn, so daß sie einfach nicht mehr klar denken konnte.
Rod war sofort bei ihr und kniete neben ihrem Stuhl. »Bonnie, was ist los? Sprich mit mir, Liebes. Sag mir, was los ist.«
Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und schluchzte. »Ich bin so müde«, stieß sie weinend hervor, »ich bin so furchtbar müde.«
Rod zog sie behutsam von ihrem Stuhl hoch und führte sie zur Treppe. »Komm, jetzt bringe ich dich erst mal ins Bett.«
»Aber ich will nicht ins Bett«, widersprach Bonnie und fand den weinerlichen Ton in ihrer Stimme abscheulich. »Du bist doch eben erst nach Hause gekommen. Ich möchte hören, wie es in Florida war.«
»Das erzähle ich dir später. Ich muß sowieso noch auf einen Sprung ins Studio.«
»Du gehst noch mal weg?«
»Nur kurz. Ich bin wieder da, ehe du aufwachst, das verspreche ich dir. Und dann haben wir das ganze Wochenende für uns, und ich werde dich mit meinen Geschichten von Florida zu Tode langweilen.« Sie hatten das Ende der Treppe erreicht. »Ich möchte auf jeden Fall mit diesem Dr. Kline sprechen, wenn er anruft, denn mir reicht es jetzt allmählich. Wenn er nichts für dich tun kann, suchen wir einen anderen Arzt.« Er führte Bonnie ins Schlafzimmer und begann ihr Kleid aufzuknöpfen.
»Küß mich, Rod«, bat Bonnie leise mit tränenfeuchten Lippen.
Er küßte ihre Mundwinkel, ihre Augenlider, dann ihre Lippen. Sie fühlte ihren Mund auf dem ihren, so weich, so weich, dachte sie, während er ihr das Kleid von den Schultern streifte. Sie hörte, wie es raschelnd zu Boden fiel, während er schon ihren Büstenhalter aufhakte. Sie fragte sich, ob sie überhaupt die Kraft hatte, mit ihm zu schlafen, wenn das seine Absicht war. Er setzte sie behutsam aufs Bett, hob ihre Beine hinauf, drückte sie sachte in die Kissen und zog die Bettdecke hoch. Nein, mit ihr zu schlafen war offensichtlich nicht seine Absicht.
»Ruh dich aus, Liebes«, flüsterte er. Dann ging er zum Fenster und zog die Vorhänge zu, tauchte das Zimmer in das Halbdunkel, in dem sich anscheinend der größte Teil ihres Lebens abspielte. Sie sah seine schattenhafte Gestalt aus dem Zimmer gleiten, dann schloß sie die Augen.
Als sie erwachte, war es fast vier Uhr. Es war still im Haus. Wo waren sie alle? Dann fiel es ihr wieder ein – Sam und Lauren waren noch zum Tapezieren drüben bei Diana; Amanda war im Kindergarten; Rod war im Studio. Immer noch? Hatte er nicht versprochen, zurück zu sein, ehe sie erwachte?
»Rod?« rief sie, warf die Bettdecke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. »Rod, bist du wieder da?«
Niemand antwortete.
Das Telefon läutete. Sie hob ab, ehe es ein zweites Mal läuten konnte.
»Ist dort Mrs. Wheeler?«
»Ja«, antwortete Bonnie.
»Dr. Kline möchte Sie gern sprechen.«
»Danke«, sagte Bonnie, wischte sich den Schlaf aus den Augen und strich sich über das Haar, als müßte sie präsentabel aussehen, wenn er an den Apparat kam.
»Hallo, Mrs. Wheeler«, begann er. »Ich habe jetzt Ihre
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