Flieh Wenn Du Kannst
Kline.«
»Mrs. Wheeler, Sie gehören dringend ins Krankenhaus. Zumindest sollten Sie sich sofort mit der Polizei in Verbindung setzen...«
Bonnie legte einfach auf.
Das kann nicht wahr sein, dachte sie, während sie sich hin und her wiegte und versuchte, sich zu sammeln. Sie mußte sich jetzt konzentrieren, ihre fünf Sinne zusammennehmen und versuchen, das, was sie soeben erfahren hatte, ruhig und sachlich zu betrachten. Sie wurde langsam vergiftet, das jedenfalls war klar. Mit Arsen – in einer Reihe von Haushaltsprodukten enthalten. Zuerst hatte man Lauren das Gift gegeben, entweder versehentlich oder mit Absicht, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen; um Bonnie glauben zu machen, sie hätte es mit einer simplen Grippe zu tun. Und danach war sie selbst krank geworden. Und krank geblieben. Rod war immer zur Stelle gewesen, hatte darauf geachtet, daß sie genug Flüssigkeit zu sich nahm, daß sie immer ihren Tee trank. Er wußte von ihrer eingefleischten Aversion gegen Ärzte.
Aber Rod war die ganze Woche verreist gewesen, und ihr Zustand hatte sich dennoch nicht gebessert, nicht einmal die Antibiotika hatten gewirkt, und das konnte nur heißen, daß sie weiterhin Gift bekommen hatte. Was aber bedeutete das? Hatte Josh Freeman irgendwie damit zu tun? Und wenn ja, handelte er allein oder zusammen mit Nick? Oder mit Rod? Vielleicht steckten sie alle drei unter einer Decke.
»Das ist ja verrückt«, stöhnte Bonnie. »Ich bin ja völlig verrückt.«
Und was ist mit Sam? fragte sich Bonnie mit wachsendem Entsetzen, als ihr einfiel, daß Sam derjenige war, der stets zur Stelle war. Immer war er so fürsorglich, kochte Tee, brachte ihr Bouillon ans Bett. Für ihn wäre es relativ einfach gewesen, eine kleine Prise Gift in ihren Tee oder ihre Bouillon zu geben. Und genauso einfach wäre es für ihn gewesen, die Schlange zu verstecken und auf Amanda anzusetzen.
O Gott, dachte Bonnie, das kann nicht sein. Das kann einfach nicht sein. Sie griff zum Telefon und wählte hastig die Nummer der Polizei. »Captain Mahoney, bitte«, sagte sie.
»Tut mir leid, der Captain ist im Augenblick nicht hier«, sagte der Beamte am Telefon.
»Dann verbinden Sie mich mit Detective Kritzic.«
»Sie ist leider auch nicht da. Vielleicht kann Ihnen jemand anders helfen.«
»Nein, ich rufe wieder an.«
Bonnie stand auf, setzte sich wieder, stand wieder auf. Sie hatte nicht mehr viel Zeit. Sie mußte sich anziehen und verschwinden. Wie gejagt rannte sie zu ihrem Schrank, schlüpfte in einen blauen Pulli und eine Jeans und hetzte aus dem Zimmer. Sie wußte nicht, wohin sie wollte. Sie wußte nicht, was sie vorhatte, sie wußte nur, daß sie aus dem Haus sein mußte, ehe jemand zurückkam.
Sie würde zum Kindergarten fahren und Amanda abholen und dann – wohin? In das Haus ihres Vaters konnte sie nicht – dort war Nick. Zu Diana konnte sie auch nicht – dort war Sam. Und auf keinen Fall konnte sie hier bei Rod bleiben. Sie wußte nicht, wohin. Sie wußte nicht, wem sie vertrauen konnte.
Sie dachte an Dianas Wohnung in der Stadt und rief Dianas Kanzlei an. Bestimmt würde sie ihr die Wohnung für ein paar Tage überlassen.
»Diana Perrin bitte«, sagte Bonnie laut und deutlich.
»Mrs. Perrin kommt erst am Montag wieder in die Kanzlei«, teilte ihr Dianas Sekretärin mit. »Wenn Sie ihr eine Nachricht hinterlassen möchten...«
Bonnie legte auf. Sie hatte jetzt keine Zeit für langes Palaver. Sie mußte weg hier, zur Polizei fahren, konnte nur hoffen, daß Captain Mahoney und Detective Kritzic bis dahin zurück sein würden. Schwach vor Schwindel und Übelkeit, nahm sie ihre Handtasche und war fast an der Haustür, als ihr einfiel, daß sie die Flasche mit der Bouillon vergessen hatte.
Sie stand ganz hinten im Kühlschrank, und zuerst sah sie sie nicht. Als sie den Kühlschrank gerade wieder zumachen wollte, entdeckte sie die hohe Flasche, in der nur noch ein Rest Bouillon war. Sie nahm die Flasche, die sich kalt und glitschig anfühlte. Beinahe wäre sie ihr aus der Hand gerutscht, als sie in ihrer Handtasche nach den Autoschlüsseln kramte. Sie fand sie und ließ sie fallen. »Ach, verdammt noch mal«, jammerte sie, bückte sich, grapschte nach den Schlüsseln und mußte hilflos zusehen, wie alles andere ihren Händen entglitt, ihre Handtasche, ihre Hausschlüssel, die Glasflasche. »Nein!« schrie sie auf, als sie sah, wie die Flasche zersprang und die Bouillon sich über den Asphalt der Einfahrt ergoß und versickerte wie
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