Flieh Wenn Du Kannst
reden kannst?« fragte Lauren.
»Ich habe der Polizei nichts zu sagen.«
»Ach nein? Das ist komisch. Ich dachte, du hättest ihnen eine ganze Menge zu erzählen.«
»Nein«, erwiderte Bonnie. »Nichts.«
»Ich hab’ sie getötet«, sagte Lauren gleichmütig. »Ich hab’ sie alle getötet.«
Bonnie stockte der Atem. »Du hast deine Mutter getötet?« fragte sie, obwohl die Frage bereits beantwortet war.
Laurens Stimme nahm einen gereizten Ton an. »Sie war selbst schuld. Wenn sie nicht in meinem Zimmer rumgeschnüffelt hätte, hätte sie das Album nicht gefunden. Damit hat alles angefangen.«
»Das Album gehört dir?«
Lauren nickte. »Gut, hm? Ich hab’s an dem Tag angefangen, an dem du meinen Vater geheiratet hast.«
»Aber warum?«
Ein Schatten zog über Laurens Gesicht. »Mein Vater liebt mich. Er hat mich immer geliebt. Auch als er weggegangen ist. Auch als du versucht hast, ihn mir wegzunehmen.«
»Lauren, ich wollte dir deinen Vater nie wegnehmen.«
»Doch, das wolltest du«, widersprach Lauren. »Alle wollten ihn mir wegnehmen. Aber ich hab’ sie nicht gelassen.«
Krampfhaft versuchte Bonnie, aus dem klug zu werden, was sie hörte, während sie wie gebannt auf Laurens Hand am Handgelenk ihrer Tochter blickte. Wenn es ihr gelang, Lauren in ein Gespräch zu verwickeln, würde sie es vielleicht nach einer Weile loslassen.
»Darum hast du Diana erschossen?«
»Die war echt ätzend, stimmt’s? Tut so, als wär’ sie deine Freundin, und bumst mit meinem Vater. Weißt du, wann ich das rausgekriegt hab’?«
»Als dein Vater plötzlich bei Diana erschien?«
»Nein.« Lauren schüttelte den Kopf. »Das hatte ich schon viel früher raus. Ich bin draufgekommen, als Sam und ich das erstemal bei ihr drüben waren, als Amanda dabei war. Weißt du, was Amanda gefunden hat, als sie in Dianas Kommode gekramt hat? Einen Haufen Reizwäsche, stimmt’s, Amanda?«
Das kleine Mädchen nickte wie hypnotisiert, obwohl sie offensichtlich keine Ahnung hatte, wovon die Rede war.
»Und weißt du, was sie noch gefunden hat?« fuhr Lauren fort. »Tücher und Schals, solche, wie du sie in der Nacht, als mir so schlecht war, um die Arme hattest. Die gleichen Schals, mit denen mein Vater dich ans Bett gebunden hatte, als ihr miteinander geschlafen habt.«
»Mami, warum hat Daddy dich ans Bett gebunden?« fragte Amanda mit weitaufgerissenen Augen.
Bonnie senkte den Kopf. Die Erinnerung an jene Nacht war so widerwärtig wie der Geruch einer fauligen Frucht.
»Mensch, ist mir da schlecht geworden«, sagte Lauren. »Fast so schlecht wie von dem Arsen.«
»Du hast selbst Arsen genommen?«
»Clever, hm? Das hab’ ich mal in einem Film gesehen. Deswegen bist du nicht auf mich gekommen, nicht mal, als du gemerkt hast, daß dich einer vergiften will. Ich mußte es natürlich ganz langsam tun. Ich konnte dir immer nur ein kleines bißchen geben, damit alle dachten, du hättest eine Grippe.«
»Und du hast die Schlange in Amandas Bett gelegt.«
»Sie sollte sich eigentlich um ihren Hals wickeln und dann ein bißchen zudrücken, aber das hat nicht geklappt. Na ja, das war nicht weiter schlimm. Ich hab’ gewußt, daß es noch andere Gelegenheiten geben würde. Kleine Kinder haben dauernd Unfälle. Die fallen schnell mal vom Dreirad oder von der Schaukel.« Sie lachte. »Außerdem hat’s mir Spaß gemacht zu sehen, wie du dich ängstigst.«
»Hast du deshalb das Blut über sie gegossen? Damit ich Angst bekomme?«
Lauren sah Amanda lächelnd an. »Du hättest sie sehen sollen, ehe sie sie saubergemacht haben.«
»Du hast Blut auf mich geschüttet«, wiederholte Amanda entrüstet und versuchte, sich loszureißen. »Ich mag dich nicht mehr.«
»Komm schon, Mandy«, redete Lauren ihr zu und faßte sie fester. »Du hast doch keine Angst vor ein bißchen Blut, oder? Ich dachte, du bist ein großes Mädchen.«
»Ich mag dich aber nicht mehr. Du bist nicht lieb. Ich will nicht deine Schwester sein.« Wieder versuchte Amanda, sich loszureißen.
Lauren hob sie rasch auf ihren Schoß und hielt ihr die Rasierklinge an den Hals.
»Nein! Bitte nicht!« schrie Bonnie. »Bitte, tu ihr nichts an. Rühr dich nicht, Schatz«, warnte sie das strampelnde Kind.
»Es ist alles deine Schuld«, sagte Lauren zu Bonnie.
»Meine Schuld?«
»Ich wollte, daß sie dich wegen des Mordes an meiner Mutter verhaften. Dann hätte ich zu meinem Vater ziehen und mir damit Zeit lassen können, Amanda loszuwerden. Es wäre viel einfacher gewesen. Ich
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