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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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»Bist du gekommen, um Mutter zu besuchen?«
    »Sie hat gesagt, daß sie mit mir reden will«, erklärte Bonnie, während sie sich zur Wand neigte, um an den Blumen der Tapete zu riechen.
    »Dann komm rauf.«
    Geh nicht, flüsterte es, als Bonnie sich umdrehte.
    Sie ging die Treppe hinauf. Ihre Finger streiften die Wand entlang, sprangen von Blüte zu Blüte wie eine Biene, die Honig sammelt. Am Ende der Treppe blieb sie stehen. Die Tür zum Schlafzimmer ihrer Mutter war direkt vor ihr. Sie war offen.
    Geh nicht hinein, flüsterte es wieder warnend. Wach auf. Wach auf.
    Ganz langsam näherte sich Bonnie der Tür und sah die in Tücher verhüllte Gestalt einer Frau, die aufrecht im Bett saß. Ihr Gesicht war im Schatten. Plötzlich war Amanda an ihrer Seite und zupfte sie am Arm. »Mami, Mami«, rief sie. »Komm rein. Wir machen ein Fest.« Sie brachte plötzlich einen hohen, spitzen Papphut zum Vorschein und hielt ihn sich über den Kopf. Blut ergoß sich augenblicklich aus ihm, tränkte Amandas Haar, floß über ihr Gesicht und über ihre Schultern.
    »Nein!« stöhnte Bonnie und warf sich in ihrem Bett von einer Seite auf die andere.
    »Das ist doch nur Tomatensoße«, sagte Amanda kichernd, und Bonnie sah, daß sich Spaghetti wie kleine Schlangen in ihrem Haar wandten.
    »Nimm doch was«, sagte Nick und hielt Bonnie einen langen Holzlöffel hin.
    »Zuviel Zwiebel«, sagte Bonnie, nachdem sie probiert hatte. Sie bekam augenblicklich Magenkrämpfe.
    »Bonnie!« rief ihre Mutter mit schwacher Stimme vom Bett. »Bonnie, hilf mir. Ich fühle mich so elend.«
    »Zuviel Apfelkuchen«, sagte Bonnie zu ihr. »Wir sollten Dr. Greenspoon holen, damit er dich mal untersucht.« Sie erreichte das Bett, versuchte das Gesicht ihrer Mutter im Schatten zu erkennen. Wieder krampfte sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Sie krümmte sich und schrie auf.
    »Bonnie, was ist denn?« fragte Nick mit Rods Stimme. »Bonnie, Bonnie, was ist los? Bonnie, wach auf!«
    Ihre Mutter, die immer noch aufrecht in ihrem Bett saß, drehte ihren Kopf, und langsam tauchte ihr Gesicht aus dem Schatten auf.
    Bonnie versuchte verzweifelt, sie zu sehen, streckte sich mit wild klopfendem Herzen in ihrem Bett nach vorn, während schmerzhafte Stöße ihren Magen durchzuckten. Die Schmerzen weckten sie, wurden noch stärker, als sie ihre Augen öffnete, und sie erkannte, daß dies kein Traum mehr war. Im nächsten Moment lag sie auf den Knien im Badezimmer und übergab sich in die Toilette, während Rod sie hielt und ihr das Haar aus dem Gesicht strich.
    »Ist ja gut«, sagte er später, als er neben ihr auf dem gefliesten Boden saß und sie sachte in seinen Armen wiegte, ähnlich, wie sie das vor wenigen Tagen mit Lauren getan hatte. »Ist ja gut. Jetzt ist es wieder gut.«
    »O Gott«, stöhnte Bonnie. »Was war das nur?«
    »Du hast wahrscheinlich den gleichen Virus erwischt, den Lauren hatte«, sagte er.
    »Aber ich werde doch nie krank«, protestierte Bonnie.
    »So was kommt in den besten Familien vor.«
    »Nein«, sagte Bonnie und ließ sich von Rod auf die Füße helfen und ins Schlafzimmer zurückführen. »Es ist nur ein Alptraum. Morgen geht’s mir bestimmt wieder gut.«
    »Schlaf dich aus«, sagte Rod, deckte sie zu und küßte sie auf die Stirn.
    »Es ist nur ein Alptraum«, wiederholte Bonnie, als ihr schon die Augen wieder zufielen. »Morgen geht’s mir bestimmt wieder gut.«

18
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte Bonnie. »Wir sind gleich da.« Sie warf einen raschen Blick über ihre Schulter auf Sam und Lauren, die hinten saßen. Bei der abrupten Drehung ihres Kopfes schoß eine neue Welle von Übelkeit in ihr hoch. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich. Du bist nicht krank. Du wirst doch nie krank.
    Und was war das letzte Nacht?
    Das war alles mögliche gewesen, aber mit Krankheit hatte es nichts zu tun, sagte sie sich, während sie sich auf die Straße konzentrierte. Da ging es darum, daß Dr. Greenspoon viel zuwenig gesagt hat und Nick viel zuviel. Mit einem Blick hielt Bonnie den Wagen vor einer roten Ampel an. Diese Unverschämtheit Nicks, unangemeldet und uneingeladen in ihr Haus einzubrechen, sich in ihrer Küche breitzumachen und mit seinem frechen Charme, seinen Kochkünsten und seinen deplazierten Bemerkungen alles durcheinanderzubringen. »Weißt du eigentlich, daß du einen Großvater hast, Mandy?« Wie kam er dazu, ihre Tochter Mandy zu nennen? Kein Mensch hatte sie je so genannt. Und jetzt behauptete Amanda, es gefiele ihr. Am

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