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Fliehganzleis

Fliehganzleis

Titel: Fliehganzleis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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der Nachbarorte.«
    »Hört sich fundiert an.«
    »Es gibt mittlerweile eine Phantomzeichnung, mit der die Kollegen von Pontius zu Pilatus laufen.«
    »Ein Auswärtiger, der kam, um zu morden!«
    »Ob eine Mordabsicht vorliegt, ist ja noch nicht belegt«, wandte Nero ein.
    »Ich bitte Sie!« Wir erreichten das schmiedeeiserne Tor. Hier traf der gräfliche Besitz auf die Staatsstraße, die an der Nordseite des Anwesens eine scharfe Kurve bildete und ins Dorf führte. Ein Feldweg bog von der Straße ab und schlängelte sich an Larissas Grundstück entlang ins Grüne. Dorthin lotste ich Nero.
    »Der zweite Zeuge hat eine Frau gesehen. Sehr schlank. Mittleren Alters. In Rothenstayn und Umgebung unbekannt. Allerdings sollen sich diese beiden Personen zur selben Zeit am selben Ort aufgehalten haben. Einzeln, nicht miteinander. Für ein Phantombild erwiesen sich die Angaben des zweiten Zeugen als unzureichend. Er hat die Person nur aus großer Entfernung gesehen.«
    Rechts von uns erstreckten sich Stoppelfelder, links der verwilderte Schlosspark. Der Weg führte einen Hügel hinauf. Gras wucherte auf beiden Seiten und griff nach unseren Hosenbeinen.
    »Zeuge Nummer eins ist sich sicher, den Dicken außerhalb des Dorfes in östlicher Richtung gesehen zu haben. Und zwar um 18.15 Uhr. Er erinnert sich, dass die Kirchenglocke in Rothenstayn genau einmal schlug. Bei Zeuge Nummer zwei ist das nicht anders. Dieselbe Stelle, dieselbe Uhrzeit.«
    »Dann kann was nicht stimmen. Einer der beiden Zeugen muss sich täuschen.«
    »Die Hotelanmeldungen aus dem Goldenen Löwen geben nichts her. Auf keine der Personen, die im fraglichen Zeitraum dort zu Gast waren, passt die Beschreibung. Übrigens auch nicht auf die Gäste in den Privatquartieren.« Nero lachte leise auf. »Entweder haben die Männer kein volles Haar, obwohl sie beleibt sind, oder die Damen sind alles andere als knabenhaft.«
    »Diese Bemerkung hätten Sie sich sparen können.« Langsam kam ich wieder in Fahrt.
    »Der dritte Zeuge«, fuhr Nero unbeeindruckt fort, »hat Mittwochnacht einen Kleinwagen durchs Dorf rasen sehen, Marke unbekannt. Vom Kennzeichen weiß er nur, dass die Chiffre für die Stadt drei Buchstaben enthielt und der erste ein › H ‹ war.«
    » HAS «, sagte ich. »Haßfurt. Liegt nicht weit von hier.«
    »Nun, mag sein. Es gibt aber noch andere Möglichkeiten. HAL , HAM , HBN … «
    »Farbe des Wagens?«
    »Der Zeuge kann sich nicht erinnern. Er gab zu, in der Nacht getrunken zu haben.«
    »Also war er sturzbesoffen und hat › H ‹ gesehen, wo › M ‹ oder › B ‹ stand.«
    »Möglich.« Nero machte eine Pause. Ich wusste, dass er es liebte, seine Gedanken zusammenhängend zu äußern, bevor seine Zuhörer etwas einbrachten. »Wie Sie wahrscheinlich wissen, nehmen Menschen sehr selektiv wahr.«
    »Ach nee.« Wir erreichten eine Pferdekoppel. Ich lehnte mich gegen den Holzzaun und lockte einen hübschen Rappen.
    »Die Auswertung der Telefonverbindungen über die letzten drei Monate hinweg hat nichts ergeben. Die Gräfin besitzt nicht einmal ein Handy.«
    »Ich war heute Morgen bei ihr. Sie wollte mich sehen. Und sagte nur einen einzigen Satz. ›Finden Sie Katjas Mörder‹.«
    »Haben Sie … «
    »Ja. Ihre Kollegin hat mich vor der Station abgepasst und genau diesen Satz aus mir herausgeleiert.«
    Das Pferd trabte auf uns zu.
    »Aber Sie wissen nicht, wer Katja ist?«
    »Nein.« Ich ließ das Pferd an meinen Fingern schnuppern. »Nicht die Bohne. Übrigens: Die Zeugen könnten jeweils eine andere Person gesehen haben. Dann gäbe es zwei Fremde.«
    »Vielleicht. Dennoch unlogisch, wenn die Zeit- und Ortsangaben korrekt sind.«
    »Ja, wenn !«
    »Wir wissen es einfach nicht. Kea?«
    »Hm?« Ich wagte nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Lieber streichelte ich die sternförmige Blesse des Pferdes. Sein Fell war ganz warm und wunderbar rau.
    »Wollen wir nicht endlich dieses dumme ›Sie‹ sein lassen?«
    Der Rappe knabberte an meinem T-Shirt. Schau dem Kerl wenigstens in die Augen! Der Befehl musste einige Hundert Kilometer Luftlinie zurückgelegt haben. Ganz bestimmt hatte Juliane ihn getrommelt. Ich spürte es einfach. Nur leider hatte ich ein großes Problem. Ich konnte nicht. Ich konnte meinen Kopf nicht drehen und in Neros Torfaugen blicken. Die Hand in der Mähne des Rappen verkrallt, stand ich da und atmete den süßen Pferdegeruch.
    Neros Hände umfassten meine Schultern. Sanft drehte er mich zu sich.
    Der Rest ist Geschichte.

17
    Wenn ein

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