Flinx
»denn diese Meliorares«, sie spie das Wort förmlich aus, »scheinen da anderer Ansicht zu sein. Das genügt mir. Ich bin keine Spezialistin. Sie sind es, die entscheiden werden, was mit dir geschehen soll.«
»Und je früher, desto besser«, fügte ihr Begleiter hinzu.
Flinx hatte das Gefühl, als würden ihm nicht nur sein Verstand, sondern auch seine Füße den Dienst versagen. Wo er Rettung erwartet hatte, war da jetzt nur neuer Schmerz, neue Gleichgültigkeit. Nein, schlimmer als Gleichgültigkeit, denn diese Leute sahen in ihm eine deformierte, ungesunde Kreatur. In diesem Raum gab es kein Verständnis für ihn, weder von Seiten seiner Verfolger noch von Seiten dieser Neuankömmlinge. Alle schienen gegen ihn zu sein.
›Herrichten‹, hatte die Frau gesagt, man würde ihn ›herrichten‹. Aber ihm fehlte doch nichts. Warum wollen sie mir das antun? fragte er sich zornig.
Der Schmerz und die Verwirrung erzeugten Resultate, die die beiden Parteien nicht wahrnahmen. Angestachelt von den kraftvollen Emotionen, die von ihrem Herrn ausgingen, nicht länger durch einen Zustrom von Schlafgas in ihren Käfig, wachte die Flugschlange auf. Sie brauchte nicht visuell nach Flinx zu suchen - der Schmerz, der aus ihm herausplatzte, war wie ein Leuchtturm, den man einfach nicht übersehen konnte.
Die Flügel der Schlange blieben eingefaltet, während sie schnell ihr Gefängnis untersuchte. Dann richtete sie sich auf und spuckte. In dem Stimmengewirr, das den Raum erfüllte, blieb das leise Zischen sich auflösenden Pancryls unbemerkt.
»Schaffen wir sie hinaus!« Der männliche Friedenshüter trat nach rechts und stellte sich neben den Eingang, während sie hinter die Gruppe trat, die sich in der Mitte des Raums versammelt hatte.
»In einer Reihe!« befahl sie und gestikulierte dabei mit ihrer Waffe. »Alle! Und die Hände oben lassen!«
Cruachan versuchte, mit ihr zu diskutieren. »Bitte, wir sind doch bloß ein paar harmlose alte Wissenschaftler. Das ist unsere letzte Chance. Dieser Junge ...« - dabei wies er auf Flinx - »ist vielleicht unsere letzte Chance, um zu beweisen ...«
»Ich habe Ihre Vergangenheit studiert und die Berichte gelesen.« Die Stimme der Frau war eisig. »Was Sie getan haben, ist unverzeihlich. Sie werden bekommen, was Sie verdienen, aber ganz bestimmt keine Chance, weiter an diesem verbildeten Kind herumzuexperimentieren.«
»Bitte, kann mir denn niemand erklären ...?« sagte Flinx verzweifelt. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden! Will mir denn niemand sagen ... ?«
»Das wird wahrscheinlich schon jemand«, sagte die Frau.
»Ich bin mit den Einzelheiten nicht vertraut und auch nicht für Erklärungen zuständig.« Sie schauderte sichtlich. »Und darüber bin ich froh.«
»Rose, passen Sie auf!« Auf den warnenden Ruf ihres Begleiters wirbelte die Frau herum. Da war etwas in der Luft, etwas, das wie eine riesige Hummel summte und schnell hin- und herhuschte: etwas, das blau und rosafarben vor der Decke herumhuschte.
»Was, zum Teufel, ist denn das?« platzte es aus ihr heraus.
Flinx setzte zur Antwort an, aber Cruachan kam ihm zuvor, indem er aus der Reihe trat und auf den Friedenshüter zuging. »Das Tier gehört dem Jungen. Ich weiß nicht, wie es sich befreit hat. Es ist gefährlich.«
»Oh, ist es das?« Die Mündung des kurzen Karabiners hob sich.
»Nein!« Cruachan rannte auf sie zu, und der Summer von der Konsole kreischte schrill in seinen Ohren. »Nicht!«
Die Friedenshüterin reagierte instinktiv auf den unerwarteten Angriff. Ein kurzer Strahl hochintensiven Schalls traf den Anführer der Meliorares. Sein Leib explodierte förmlich, riss ihm die Wirbelsäule auseinander. Die Waffe hatte keinen hörbaren Ton von sich gegeben. Nur ein leises, stoßendes Geräusch war zu vernehmen gewesen, als der Strahl sein Ziel getroffen hatte.
Eine der älteren Frauen schrie entsetzt auf. Die Friedenshüterin stieß einen Fluch aus und zielte auf das, was all die Unruhe erzeugt hatte. Während sie die Waffe auf Pip richtete, prallten all die Wut und der Schmerz und die Angst in Flinx Kopf aufeinander.
»Pip! Nein!« schrie er und sprang die Frau an. Der männliche Friedenshüter versuchte, seiner Begleiterin zu helfen. Pip schoss in den hinteren Teil des Lagerraums. Die Waffe der Frau verfolgte den Minidrach, und ihr Finger krümmte sich um den Abzug.
Etwas geschah. Cruachans Augen waren noch immer offen.
Er nahm es wahr. Ein befriedigtes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher