Flinx
zu haben.« Sie zog ihn an sich und presste ihn an ihren dünnen, warmen Körper.
»Gebrauche nur deinen Verstand und alles andere, was du besitzt. Dazu hat man es dir gegeben. Ein Talent ist auch nichts anderes als jede andere Fähigkeit. Wenn da noch etwas ist, das du an dir selbst ausprobieren willst, tu es nur! Das ist dein Körper und dein Verstand, und darüber hat sonst keiner etwas zu sagen.«
3. Kapitel
Das Paar kam aus Burley. Mutter Mastiff erkannte das an ihrem groben Akzent und dem auffällig glitzernden Metallschmuck, den sie trugen. Sie waren auf der Suche nach kunstgewerblichen Gegenständen, und die schwarze Kesselholzschnitzerei in Mutter Mastiffs Laden war ihnen sofort aufgefallen. Sie zeigte in feinster Schnitzarbeit das Bild einer Torupedenkolonie, wie sie sie auf den Kontinenten der Nordhemisphäre von Moth in großer Zahl gab. Die Schnitzerei füllte die ganze Breite des Holzklotzes, nämlich beinahe zwei Meter. Sie war einen halben Meter dick und war auf Hochglanz poliert.
Es war eine ungewöhnliche Arbeit. Normalerweise hätte Mutter Mastiff nie daran gedacht, sich von ihr zu trennen, denn die Art von Stücken lockte Passanten in den Laden. Aber das Paar aus Burley zeigte größtes Interesse, und nur der unmöglich hoch angesetzte Preis schien sie noch am Kauf zu hindern.
Flinx kam von der Straße hereingeschlendert, machte sich an einem Haufen kleiner Armreifen zu schaffen und sah zu, wie der Mann und die Frau miteinander diskutierten. Und dann hatten sie plötzlich ihre Entscheidung getroffen. Sie mussten das Stück haben. Es war genau das, was in ihrem Freizeitraum noch fehlte, und alle ihre Freunde würden sie darum beneiden. Zum Teufel mit den Versandspesen, der Versicherung und dem Preis! Sie würden es kaufen. Und das taten sie auch, wenn auch ihre Credcard kaum für den Kaufpreis reichte. Später am Nachmittag kamen zwei Männer, um das Objekt abzuholen und es in das Hotel zu bringen, wo die Besucher abgestiegen waren.
Am Abend, nachdem der Laden geschlossen hatte, nach dem Abendessen, sagte Mutter Mastiff beiläufig: »Erinnerst du dich an die beiden Leute, die heute die Kesselholzschnitzerei gekauft haben?«
»Ja, Mutter?«
»Die waren bestimmt ein halbes Dutzend mal hier, ehe sie sich entscheiden konnten.«
»Das ist interessant«, sagte Flinx abwesend. Er saß in einer Ecke und studierte auf seinem tragbaren Betrachter einen Chip. Er war dabei sehr geschickt. Sie hatte nie daran gedacht, ihn auf eine formelle Schule zu schicken - für sie waren Mietchips als Kind auch gut gewesen, und damit würden sie für ihn auch reichen müssen.
»Ja«, fuhr sie fort. »Sie hatten gerade noch genug Geld dafür. Ich habe sie bedrängt, mich dann zurückgezogen, kurz, alles getan, was mir einfiel, um sie davon zu überzeugen, wie wertvoll das Stück ist, als mir auf einmal klar war, dass sie es wirklich ernst meinten. Aber jedesmal, ganz gleich, was ich sagte, gingen sie wieder hinaus und diskutierten miteinander.
Dann bist du aufgetaucht und standest einfach dort und hast sie beobachtet, und hopplahopp, ganz plötzlich brach ihr ganzer Verkaufswiderstand in sich zusammen und sie griffen zu. Ist das nicht interessant?«
»Eigentlich nicht«, antwortete er. »Passiert das nicht häufig?«
»Nicht, wenn etwas so teuer ist wie dieses Kesselholz. So etwas passiert praktisch nie. Ich nehme doch nicht an, dass du etwas mit ihrem plötzlichen Gesinnungswechsel zu tun hattest? Du hast doch nicht vielleicht etwa ihr Zögern verspürt und etwas getan, um ihnen zu helfen?«
»Aber natürlich nicht, Mutter.« Er blickte überrascht von seinem Betrachter auf. »So etwas kann ich nicht.«
»Oh«, murmelte sie enttäuscht. »Du lügst mich doch jetzt nicht etwa an, oder, Junge?«
Er schüttelte heftig den Kopf. »Warum sollte ich so etwas tun? Ich bin einfach nur glücklich, dass du bei dem Geschäft so viel Geld verdient hast. Ich bin immer froh, wenn du Geld verdienst.«
»Nun, das haben wir zumindest gemeinsam«, brummte sie.
»Aber für heute abend reicht es jetzt mit dem Bildschirm. Du wirst dir deine Augen verderben. Geh ins Bett, Flinx!«
»In Ordnung, Mutter.« Er ging auf sie zu und gab ihr den obligatorischen Schmatz auf die Wange, ehe er in sein Zimmer ging. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Junge.«
Sie blieb in ihrem Schlafzimmer noch eine Weile wach und sah sich auf dem eigenen Betrachter einen der gemieteten Unterhaltungschips an. Die Show war auf Evoria aufgezeichnet worden und
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