Flinx
Verborgenheit die mächtigste Waffe, die sie besaßen. Sie gehörten nämlich einer allgemein verachteten und verfolgten Minderheit an, die sich im Kriegszustand mit den Grundsätzen der zivilisierten Gesellschaft befand. Dabei waren sie durchaus reinen Herzens und edler Gesinnung - nur in ihren Methoden waren sie dem Rest der Zivilisation suspekt.
Die drei, die jetzt wie gebannt auf den Computerschirm starrten, sahen keineswegs so aus, als verdienten sie solch besondere Aufmerksamkeit. Der hochgewachsene Mann, Cruachan, sah aus wie ein freundlicher Großvater; die orientalische Dame, die vor der Konsole saß, hätte eher in eine antike Ära gepasst, gekleidet in schmeichelnde Seide und Holzschuhe. Nur die große schwarze Frau, die Cruachan gegenüberstand, ließ in ihrem Gesicht etwas von ihrer inneren Härte erkennen.
Doch diese Härte und die damit einhergehende kalte Entschlossenheit lebte in jedem einzelnen von ihnen und war durch zwei Jahrzehnte der Verfolgung gefördert und verstärkt worden. Sie sahen in sich Männer und Frauen, die von der gemeinen Herde getrennt waren. Ihr Ziel war nichts weniger als eine Verbesserung der Menschheit, ob sie das wollte oder nicht. Dass ihre Methoden vielleicht für die Unschuldigen zu Schaden führen konnten, war etwas, das ihnen von Anfang an bekannt gewesen war. Dies und andere konventionelle Moralbegriffe hatten sie beiseite gelegt, im Glauben, dass solche Opfer notwendig waren zum größeren Nutzen der größeren Zahl. Sie nannten ihre Gruppe die ›Meliorare Gesellschaft‹, ein unschuldig klingender Name, den sie sich zugelegt hatten, um damit ihren Zweck zu tarnen, der darin bestand, die Menschheit durch künstliche Manipulation genetischen Materials zu verbessern.
Ihre Schwierigkeiten fingen an, als einige ihrer weniger erfolgreichen Experimente ans Licht kamen, was auf allen zivilisierten Welten einen Aufschrei der Empörung ausgelöst hatte. Deshalb waren sie jetzt gezwungen, in weit verstreuten Außenposten zu arbeiten, anstatt in einem einzigen Forschungsinstitut, und dennoch waren sie stets den sie verfolgenden Regierungsbehörden immer nur einen kurzen Sprung voraus. Die allgemeine Bevölkerung blickte auf sie voll Schrecken herab.
Viele ihrer Kollegen waren bereits verschwunden, von den unbarmherzigen Häschern einer ignoranten Beamtenschaft entdeckt und in Gewahrsam genommen: Märtyrer der Wissenschaft, wie die Überlebenden es sahen - unmenschliche Ungeheuer nach den Berichten in den Medien.
Natürlich waren die Ziele der Meliorare Gesellschaft gefährlich! Kurzsichtige hatten jede Verbesserung - jeden Wandel - stets als etwas Gefährliches betrachtet. Die Mitglieder der Gemeinschaft hatten sich mit dieser Denkweise abgefunden, und so belastete sie sie nicht länger. Das einzige, worauf es ankam, waren Resultate, nicht die Ansichten der unwissenden Massen.
So fürchteten sie den Tod nicht, fürchteten auch die noch schreckliche Strafe einer selektiven Gehirnlöschung nicht, einfach, weil sie an das Gerechte ihrer Sache glaubten. Wenn auch nur eines ihrer Experimente Erfolg hatte, dann würde das die Rechtfertigung der Arbeit liefern, die der Gründer der Gesellschaft vor vierzig Jahren auf Terra geleistet hatte. Dann würden sie wieder in die wissenschaftliche Gemeinschaft hinaustreten können, die sie verstoßen hatte. Voll Stolz würden sie dann ein reifes und merkbar verbessertes menschliches Geschöpf vorweisen können.
Die Aura der Erregung, die den Raum erfüllte, war fast körperlich zu greifen, während sie wie gebannt auf den Bildschirm starrten.
»Ich hoffe nur, dass das der Anzeige entspricht, Nyassalee«, warnte Cruachan. »Ich habe noch ein halbes Band Informationen vom Cannachanna-System zu verarbeiten, und Sie wissen, dass wir höchstens noch einen Monat bleiben können, ehe wir weiterziehen müssen. Das heißt, die Geräte abbauen, neu einstellen, und all die anderen Probleme, die jedesmal beim Umziehen auftauchen.«
»Sie kennen mich doch schließlich, Cruachan«, sagte die Frau in dem Sessel. Da war keinerlei Triumph über das, was sie gerade getan hatte; über solche Belanglosigkeiten waren sie längst hinaus. »Ich habe schließlich die Aufzeichnungen über die Verteilung und die individuellen Charakteristika schon monatelang eingegeben und immer wieder miteinander verglichen. Diesmal klappt es. Ich habe Nummer Zwölf entdeckt.«
Die große schwarze Frau beugte sich über den Bildschirm. »Nummer Zwölf - daran erinnere ich
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