Flirtverdacht Roman
lernte schnell, so dass ich mich nicht beklagen konnte. Ich hatte sie eingestellt, weil meine frühere Assistentin Marta gekündigt hatte. Ihr Entschluss war ziemlich überraschend gekommen, denn Marta hatte von Anfang an für mich gearbeitet. Doch als ich versuchte, sie umzustimmen, lächelte sie nur mütterlich wie so oft und sagte: »Mit meiner Hilfe bist du genau dort gelandet, wo du hinwolltest. Jetzt ist es an der Zeit, dass ich jemand anderem helfe, sein Ziel zu erreichen.«
Und dagegen ließ sich einfach nichts einwenden.
Als sie mich durch die Tür kommen sah, sprang Hadley auf, als müsse sie einen ausländischen Würdenträger willkommen heißen. »Guten Morgen, Ashlyn«, begrüßte sie mich überschwänglich. »Das Kostüm, das Sie bestellt hatten, wurde heute Morgen geliefert. Ich habe es in den Requisitenschrank gehängt. Und Ihre Nachrichten habe ich Ihnen auf den Schreibtisch gelegt.« Dann fiel ihr Blick auf einen Pappbecher auf ihrem Schreibtisch, in dem ein heißes Getränk dampfte. »Oh!«, rief sie aus, nahm den Becher und hielt ihn mir hin. »Und ich habe Ihnen einen Kaffee gemacht.«
Ich lächelte sie dankbar an. »Danke, Hadley. Aber ich trinke morgens nur Tee. Kaffee genehmige ich mir am Nachmittag. Wenn ich einen Energiestoß brauche.«
Ihre großen Augen zwinkerten ein paarmal, während sie die neue Information verarbeitete, und ich fürchtete schon, sie könnte anfangen zu weinen. Doch sie stellte nur den Pappbecher ab und kritzelte etwas in ein Notizbuch. »Tee morgens, Kaffee nachmittags«, murmelte sie beim Schreiben. Dann sah sie zu mir auf und lächelte. »Tut mir leid. Beim nächsten Mal mache ich es richtig, versprochen.«
Ihr Eifer brachte mich zum Lachen. »Kein Problem. Machen Sie sich keine Gedanken. Sind denn schon alle drin?«, fragte ich und deutete mit dem Kopf auf die Tür zu meiner Rechten.
Hadley nickte, und ich eilte in den Konferenzraum.
Kaum war ich durch die Tür gekommen, verstummten die Gespräche, und fünf Paar Augen richteten sich auf mich. Ich setzte mich an den Kopf des Tisches und zog einen Stapel purpurroter Hochglanzmappen aus meiner Aktentasche.
In den letzten paar Monaten ist der Erfolg der Agentur geradezu explosionsartig angestiegen. Kaum eine Woche vergeht, in der ich nicht für jeden meiner Mitarbeiter mindestens einen Auftrag habe. Und da unsere einzige Werbung in Mund-zu-Mund-Propaganda besteht, werden wir somit fleißig weiterempfohlen. Dienstleistungen dieser Art sprechen sich offenbar schnell herum.
»Guten Morgen zusammen«, sagte ich und rückte meinen Stuhl an den Tisch heran. »Bitte entschuldigt die Verspätung. Lasst uns direkt anfangen, damit wir nicht noch mehr Zeit verlieren.«
Direkt links neben mir saß Lauren Ireland, eine große, schlanke Brünette, die ich im Laufe des letzten Jahres recht gut kennengelernt hatte. Das lag vor allem daran, dass sie meine erste Mitarbeiterin gewesen war und mich im Grunde erst auf die Idee zu dieser Agentur gebracht hatte. Vor über einem Jahr hatte sie meine Dienste selbst in Anspruch genommen und danach ihre Bestimmung darin gesehen, anderen ebenfalls nach Antworten auf ihre Fragen suchenden Frauen zu helfen. Deshalb hatte sie sich an mich gewandt, um auch Treuetesterin zu werden. Und schon bald war mir klargeworden, dass es noch andere Frauen wie sie geben musste. Also hatte ich mich darangemacht, diese anzuheuern.
Lauren ist außerdem der Technik-Guru der Agentur. Sie kennt sich bestens aus, wenn es um Netzwerke, Datenbanken, Apparaturen und dergleichen geht. Und so etwas ist äußerst nützlich, wenn sie wegen eines Auftrags unterwegs ist. Eine Frau, die umwerfend aussieht und noch dazuweiß, wie man einen Linux-Server hackt, ist für viele Männer einfach unwiderstehlich. Die Traumfrau für die Bill-Gates-Typen dieser Welt.
Im Grunde bildeten Laurens unvergleichliche Technikkenntnisse die Grundlage für die Hawthorne-Agentur. Denn bis vor knapp einem Jahr, als ich diesen Job noch ganz allein erledigte, opferte ich einen Großteil meiner Freizeit für Recherche und Crashkurse in verschiedensten Bereichen, von Website-Entwicklung über Automotoren bis hin zu Pokerregeln, um den diversen Männerfantasien zu entsprechen. Ich musste ständig an mir arbeiten und innerhalb einer Woche gewissermaßen Expertin für alles Mögliche zu werden. Um diesen Stress zu vermeiden, hatte ich bei der Gründung der Agentur darauf geachtet, dass jeder meiner fünf begabten Mitarbeiter bereits über ein
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