Flirtverdacht Roman
beiläufig mit den Schultern. »Ach, eine Menge juristisches Fachchinesisch. Im Grunde kapiere ich das alles gar nicht richtig.«
Jamie warf mir einen skeptischen Blick zu. »Was hat sie denn zu dem Scheidungsprozess gesagt? Hat die Richterin über die Aufteilung des Vermögens entschieden?«
Wieder ein Schulterzucken, während ich meine Tasche zuschnappen ließ. »Offenbar kommt der Typ wegen einer Formsache ungeschoren davon.«
Jamie riss den Mund auf, kam auf mich zu und schloss mich in die Arme. »Das tut mir leid, Baby. Das ist ja wirklich ärgerlich.«
Ich zog erstaunt die Nase kraus, als könne ich mir nicht erklären, wieso gerade diese Sache besonders ärgerlich sein sollte. »Ich bin nicht verärgert. Das ist doch nicht mein Problem«, erwiderte ich mit gekünsteltem Lachen.
»Ich weiß doch, was für große Hoffnungen du dir diesmal gemacht hattest. Nachdem die letzten fünf Fälle alle …«
»Ich habe mir überhaupt keine Hoffnung gemacht«, behauptete ich, wobei ich mich bemühte, jedes einzelne Wort besonders glaubwürdig klingen zu lassen. »Natürlich hätte es mich für Mrs Langley gefreut, wenn ihr treuloser Exmann nicht die Hälfte von allem bekommen würde, was sie sich erarbeitet hat, aber im Grunde spielt es wirklich keine Rolle.«
Jamie studierte meine Miene. Es war offensichtlich, dass er mir nicht glaubte. Sein durchdringender Blick war mir ziemlich unangenehm. »Hör mal, ich bin richtig spät dran. Wir können heute Abend ja nochmal darüber reden, okay?« Ich schnappte mir die Tasche und meinen Metallbecher mit Tee und küsste ihn rasch auf den Mund.
Doch Jamie schlang die Arme noch fester um mich und drückte mich an sich, so dass unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. »Vergiss eines nicht: Dein Ziel war nie, das Geld deiner Auftraggeber zu schützen oder Eheverträge aufzuheben; sondern du hattest immer die Absicht, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Und genau das hast du für Mrs Langley getan.«
Ich machte mich los und nahm einen Schluck Tee, um meine Miene zu verbergen. »Ich weiß.«
»Sie ist jetzt besser dran, unabhängig davon, was im Gerichtssaal passiert ist.«
»Ich weiß«, wiederholte ich, diesmal mit etwas mehr Empörung.
Jamie beugte sich vor und küsste mich auf die Stirn. »Gut, ich wollte das nur klarstellen. Ich mag es nämlich nicht, wenn du so verärgert bist.«
»Ich habe doch schon gesagt, ich bin nicht verärgert.« Und das war zumindest nicht gelogen.
»Gut. Dann also bis heute Abend.«
»Wo geht es nochmal hin?«
Er grinste und hatte die Langleys und ihren Rechtsstreit offenbar schon vergessen, was mich unglaublich beruhigte. »Lass dich überraschen.«
Lächelnd begab ich mich zur Wohnungstür und öffnete sie weit. »Ach ja. Ich hatte ganz vergessen, wie geheimnisvoll du in solchen Dingen gerne tust«, sagte ich neckisch, während ich scherzhaft die Augen verdrehte.
Kopfschüttelnd ging Jamie wieder in die Küche. »Sei einfach um halb acht hier. Und bitte pünktlich!«
»Natürlich!«, rief ich über die Schulter und ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen.
3
Die fantastischen Fünf
Meine Tätigkeit als Treuetesterin war mein erster richtiger Beruf gewesen.
Klar, ich hatte zuvor schon andere Jobs gehabt. Als Schülerin hatte ich Herrenunterwäsche in einem Outlet im Einkaufszentrum verkauft. Während des Studiums war ich offizieller »Sandwich Artist« bei Subway, bestens geschult in der hohen Kunst der Behandlung von Fleischprodukten und Käsesorten. Und nachdem ich mit zweiundzwanzig endlich meinen Hochschulabschluss gemacht hatte, ergatterte ich den renommierten und heiß begehrten Job einer Analystin bei der Stanley Marshall Investment Bank, so dass mein Leben von nun an aus einer schwindelerregenden Folge von Excel-Tabellen, PowerPoint-Folien und Wochenenden im Büro bestand.
Aber diese vorübergehenden Beschäftigungen waren für mich nie ein Beruf im eigentlichen Sinn gewesen. Für mich hatte Beruf seit jeher etwas mit Berufung zu tun. Etwas, bei dem man sich anstrengt, um besondere Leistungen hervorzubringen. Etwas, was zur Selbstbestimmung taugt.
Und ich kann mit gutem Gewissen behaupten, dass ich mich nie über Herrenunterhemden, Roastbeef-Sandwiches oder Excel-Tabellen definiert habe. Das waren nur lästige Pflichtübungen, die ich jeden Tag erledigen musste, bevor ich endlich nach Hause gehen und etwas Sinnvolles tun durfte.
Doch dann geriet ich unversehens an einen Job, von dem ich noch
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