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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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zusagte, obwohl es doch eine der ersten Adressen der Stadt sei. Aber nicht nur, dass sie an allem etwas auszusetzen gehabt habe, auch noch ein Probeessen habe sie verlangt – umsonst!
    »Das ist Gerda, wie sie leibt und lebt!«, freut sich Jan.
    Obwohl wir unsere Suche abbrechen müssen, kehren wir stark euphorisiert in den Schoß der Familie zurück.
    »Soo«, sagt Karolina zur Begrüßung gedehnt, »war euer Ausflug nett? Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, ihr seid frisch verliebt. Ihr benehmt euch ja wie die Turteltauben!«
    Jetzt wird Jan puterrot, und ich bekomme einen hysterischen Lachkrampf. Onkelchen Bogumił eilt mir mit einem Glas Wodka zu Hilfe, und ich überbrücke den peinlichen Moment, indem ich es auf ex herunterkippe.
    Wir setzen uns an den gedeckten Tisch – das wird langsam zur Gewohnheit, nur gut, dass ich mir die ganzen Kalorien tagsüber wieder ablaufe – und stürzen uns auf das Essen wie ausgehungerte Wölfe. Die Runde ist heute Abend noch ausgelassener und lauter als gestern, und der Wodka fließt in Strömen.
    Zu späterer Stunde, gegessen wird nicht mehr, nur noch getrunken, kramt irgendein Vetter dritten Grades aus einer Ecke eine alte Klampfe hervor und stimmt ein fröhliches, wenn auch ziemlich schräges Lied an. Alle singen lauthals mit und klatschen im Takt, Tisch und Stühle werden beiseitegerückt.
    »Darf ich bitten?«, fragt Jan.
    »Ja, äh, was denn?«
    »Um ein Tänzchen natürlich!«
    Dann wirbelt er mich auch schon herum, und wir hüpfen wie die Bekloppten über Tante Małgorzatas Parkett. Irgendwann lande ich sogar in Bogumiłs Armen, der für sein Alter noch erstaunlich gelenkig ist, quasi der Fred Astaire unter den polnischen Priestern und – tätschelt der da etwa gerade meinen Po? Bevor ich mir ernsthaft Gedanken machen kann, ob ich dem alten Herrn auf die Finger hauen soll, fliege ich auch schon quer durch den Raum zu Jan zurück. Im allgemeinen Getümmel drückt er mich ganz fest an sich. »Nicht dass du hinfällst!«, sagt er leise und zwinkert mir zu.
    Mittlerweile habe ich schon ganz schön einen im Kahn, harte Sachen kann ich einfach nicht ab, deshalb finde ich auch überhaupt nichts dabei, dass Jan mich festhält. Im Gegenteil, das fühlt sich gerade richtig gut an.
    Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass Karolina uns mit Argusaugen beobachtet. Aber das ist mir gerade total egal. Ausgelassen strecke ich ihr die Zunge raus, und Frau Oberlehrerin rümpft die Nase. Die kann mich mal. Prost!
    Karolina und Wojtek müssen Gott sei Dank bald los, weil Kamil und Kacper beginnen, Tante Małgorzatas Wohnzimmereinrichtung zu zerlegen, und nicht mehr zu bändigen sind. An den pädagogischen Maßnahmen im eigenen Hause muss Karolina wohl noch ein wenig arbeiten.
    Im Laufe der Nacht wird aus den fröhlichen Gesängen ein wüstes Gegröle, und wir haben etliche Schnapsleichen zu beklagen. Ich steige kurzfristig von Wodka auf Wasser um, Onkel Leszek macht mir aber einen Strich durch die Rechnung, weil er die letzte Seltersflasche mit grimmiger Entschlossenheit in die Balkonkästen kippt. Na gut, dann eben nicht.
    Um die erhitzten Gemüter zu beruhigen, stimmt der entfernte Vetter ein melancholisches Volkslied an. Jetzt rächt es sich, dass ich so viel Alkohol getrunken habe, denn leider neige ich dazu, im angesäuselten Zustand fürchterlich sentimental zu werden. Kaum erklingen die traurigen Töne, kippt auch schon meine Bombenstimmung. Natürlich muss ich sofort an Alexander denken und an unser letztes Telefonat. Irgendwie fühle ich mich von meinem zukünftigen Mann verraten und verkauft. Okay, er hat allen Grund, sauer auf mich zu sein, immerhin ist unsere Hochzeit geplatzt, aber … ich hätte mir schon gewünscht, dass er trotzdem zu mir steht. Irgendetwas in der Art von
Schatz, es spricht zwar alles gegen dich, aber ich liebe dich trotzdem, und ich glaube dir.
Oder ein
Liebling, egal was passiert ist: Uns kann nichts auseinanderbringen.
Auch ein einfaches
Kann ich dir helfen?
wäre nicht schlecht gewesen.
    Ich beobachte, wie Jan seine Tante liebevoll in den Arm nimmt. Der hätte garantiert ganz anders reagiert als Alexander. Jan ist so herrlich unkompliziert. Steigt einfach in Lübeck zu einer Wildfremden ins Auto und kurvt mit ihr nach Pommern, ohne allzu viele dumme Fragen zu stellen. Schwindelt meinetwegen seine Familie an. Hilft und kümmert sich und verliert dabei nie seinen Humor. Und dann sieht er dabei auch noch so gut aus.
    Wann habe ich mit

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