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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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Das ist der, den du wirfst. Den echten nehme ich jetzt mit. Und außerdem bekommst du noch das hier«, sie wedelt mit einem geblümten Tuch, »das ist deine symbolische Haube.«
    Mit einem geschickten Griff windet sie das Tuch über meine Hochsteckfrisur. Ich sehe Jan an.
    »Na, Schatz, wie sehe ich aus? Stylish, oder?«
    Jan sagt nichts, sondern beugt sich schnell zu mir vor und küsst mich auf die Wange.
    Ich fange an zu kichern. »Hey, ich habe gar nicht gehört, dass jemand
Gorzko
gerufen hat!«
    Die Musik beginnt wieder zu spielen, und der Sänger macht eine kurze Ansage, und sofort bildet sich um uns herum ein Kreis von mindestens fünfzehn Frauen und Mädchen zwischen sechs und sechzig Jahren. Okay, der Hafen der Ehe scheint hier hoch im Kurs zu stehen. Die Damen tanzen um uns herum, einige winken mir zu und werfen Küsschen – aber natürlich lasse ich mich von so platten Anbiederungsversuchen nicht beeinflussen. Ich schließe die Augen. Huch, das dreht sich ja ganz schön, lieber die Augen wieder öffnen! Als die Frauen die dritte Runde um uns herumtanzen, hole ich tief Luft und schmeiße den Schleier beherzt hinter mich.
    Sofort bricht ein Tumult aus, es scheint ein heißer Kampf um den Schleier zu entbrennen. Ein spitzer Schrei, dann hat ihn sich Danuta gesichert. Triumphierend schwenkt sie ihn über ihrem Kopf. Gewonnen!
    Wieder eine kurze Ansage durch den Sänger. Jetzt stellen sich die Jungs in einen Kreis um uns und beginnen zu tanzen. Jan hat mittlerweile seine Krawatte abgenommen und grinst in die Runde, ab und zu ruft er einem der Tänzer etwas zu. Die Musik wird schneller, Jan schwingt die Krawatte über seinem Kopf wie ein Lasso und wirft. Wieder ein kurzes Gerangel, dann stürmt der Sieger nach vorn. Es ist Kacper, Jans zwölfjähriger Neffe. Danuta schlägt mit gespieltem Entsetzen die Hände vors Gesicht und ruft etwas, das wie
Oh weh, oh weh!
klingt. Fröhliches Gelächter bei allen Gästen.
    Der Sänger fordert die beiden mit großer Geste zu einem Tanz auf. Vorher allerdings setzen die Frauen Danuta den Schleier auf, die Männer binden Kacper die Krawatte um. Dann kommen die beiden wieder in die Mitte der Tanzfläche und beginnen zu tanzen – und zwar einen sehr romantischen Hochzeitswalzer, dessen Anblick nur ein wenig durch die Tatsache getrübt wird, dass Danuta ungefähr einen Meter größer ist als Kacper. Großartig! Was für ein Fest!
    Wie konnte ich nur jemals auf die bekloppte Idee verfallen, allein, ohne Freunde und Familie, an einem Strand heiraten zu wollen? Und vor allem: ohne Wodka? Wo steckt eigentlich Wojtek?

16 . Kapitel

    A m Morgen danach bin ich erst einmal völlig orientierungslos. Wo bin ich? Wer bin ich? Was macht dieser schlafende Mann neben mir, dessen Arm bleischwer auf meinem Brustkorb liegt? Nach einem Blick unter die Bettdecke ergibt sich eine weitere Frage: Warum um Himmels willen habe ich nichts an – noch nicht einmal die mintfarbene Modesünde von Tante Małgorzata?
    Tante Małgorzata! Stimmt, ich bin bei Tante Małgorzata, im Wohnzimmer, auf der Gästematratze. Ich heiße Tine Samstag – stopp! Ich heiße Tine Maria Majewska, und das schnarchende Etwas, das sich in diesem Moment auf mich wälzt, ist mein mir frisch angetrauter Ehemann.
    Das erklärt aber immer noch nicht, warum ich nackt bin. Streng genommen gibt es dafür überhaupt keinen Grund. Denn Jan ist ja gar nicht mein Mann. Und in echt bin ich auch immer noch Tine Samstag und bis heute nicht im sicheren Hafen der Ehe vor Anker gegangen.
    Also, was ist hier los?
    Ich riskiere einen zweiten Blick unter die Decke. Mein ungutes Gefühl hat mich nicht getrogen: Auch Jan ist nackt. Oh mein Gott! Beziehungsweise: Bitte, lieber Gott, mach, dass das alles ganz harmlos ist und es irgendeine vernünftige Erklärung dafür gibt. Ich finde nämlich, lieber Gott, ich habe noch einen gut bei dir – nachdem ich so fleißig für den Brautunterricht gebüffelt habe!
    Krampfhaft krame ich in meinem Kopf nach irgendwelchen Erinnerungsfetzen, die diese Situation erklären würden. Aber da ist: nichts. Absolut nichts. Filmriss nennt man das wohl. Das letzte Bild, das ich klar vor Augen habe, macht die Sache nicht besser. Da sitze ich nämlich kichernd auf Jans Schoß, während er mir zärtlich in die Halsbeuge pustet und ich das gar nicht unangenehm finde. Und dann:
Cut!
    Mist, Mist, Mist. Es gibt nur einen Weg herauszufinden, was letzte Nacht passiert ist. Ich muss Jan fragen. Wie peinlich. Aber vorher muss

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