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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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haucht er mir zu. Genau! Ich drücke mich noch etwas dichter an ihn. Einen Schnupfen kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen.
    In der
Villa Stella Maris
ist längst Nachtruhe eingekehrt, sogar der Portier macht hinter seinem Tresen ein kleines Nickerchen. Leise schleichen wir an ihm vorbei und erklimmen Hand in Hand die drei Stockwerke zur Piasten-Suite. Jan räuspert sich verlegen und sagt dann leise: »Also, ich mach mir mal die Schlafcouch fertig.«
    Mindestens ebenso verlegen entgegne ich: »Äh ja. Ich hau mich schon mal hin, bin hundemüde.«
    Als ich mich in die dicken Kissen kuschele, fühlt sich das große Bett ziemlich leer an. Schade eigentlich, immerhin sind wir ja Mann und Frau …

17 . Kapitel

    H eute machen wir mal ein bisschen Kultur!« Ich werde davon geweckt, dass Jan mit irgendeinem Prospekt vor meinem Gesicht herumfuchtelt. Er ist schon frisch geduscht, fertig angezogen und macht einen verdammt unternehmungslustigen Eindruck.
    »Was ist los?«, frage ich verschlafen und reibe mir die Augen.
    »Los, Tine, aufstehen!« Er zieht mir einfach die Decke weg, »Sightseeing! Ich hab da mal eine kleine Tour für uns ausgearbeitet. Wusstest du eigentlich, dass der spätere Kaiser …«
    »Jan!«, unterbreche ich ihn stöhnend. »Darf ich davor noch richtig wach werden? Lass mich doch erst mal einen Kaffee trinken. Vorher bin ich sowieso nicht aufnahmefähig.«
    »Okay, okay. Dann aber husch! Wir haben viel vor …«
    Das klingt irgendwie anstrengend! Ich wälze mich aus den Federn und finde Jan nach meiner Morgentoilette im Frühstücksraum wieder. Ich habe mich kaum gesetzt und die erste Dosis Koffein intus, da doziert er auch schon weiter – mit vollem Mund »Alfo, wuffteft du, daff …«
    »Jahan, iss doch in Ruhe auf und erzähl’s mir dann.«
    »Na gut!«
    Nachdem er drei weitere Brötchen vertilgt hat, gibt es für ihn kein Halten mehr. Lang und breit erklärt er mir Misdroys herausragende Stellung als bedeutendes Seebad im neunzehnten Jahrhundert. Und dass sich der eben schon erwähnte spätere deutsche Kaiser Friedrich  III . im Jahre 1867 hier mehrere Wochen lang mit seiner Familie zur Sommerfrische aufhielt.
    »Wie interessant«, murmele ich.
    »Nicht wahr? Also, zuerst gehen wir ins Naturkundemuseum, dann gibt’s noch das Wachsfigurenkabinett, wir können auch einen Abstecher ins Kulturhaus machen, dann sollten wir unbedingt den Fischereihafen besichtigen und dann zum
Walk of Fame …
«
    »Zum was?«
    »Walk of Fame«,
sagt Jan mit wichtiger Miene. »In Misdroy finden jedes Jahr Filmfestspiele statt, und es gibt genau wie in Hollywood eine Straße, auf der sich berühmte polnische Schauspieler mit einem Handabdruck aus Bronze verewigen.«
    »Berühmte polnische Schauspieler?«, entfährt es mir unvorsichtigerweise mit einem Kichern.
    Prompt ist Jan beleidigt. »Natürlich haben wir berühmte Schauspieler! Was denkst du denn! Michał Bajor zum Beispiel! Anna Polony! Olaf Lubaszenko! Oder Izabella Scorupco, die war sogar mal Bond-Girl, in
Goldeneye!
«
    »Echt? Toll! Wusste ich gar nicht. Also, dann müssen wir unbedingt zu diesem
Walk of Fame …
« Ich gebe mich gebührend beeindruckt, damit der Herr sich wieder beruhigt. Einen Augenblick mümmelt er noch etwas verstimmt an einem weiteren Brötchen, dann bessert sich seine Laune wieder.
    »Und ganz zum Schluss können wir noch hoch auf den Gosan. Das ist ein Berg, fünfundneunzig Meter hoch, einer der höchsten Gipfel an der polnischen Küste.«
    Gipfel? Fünfundneunzig Meter? Hui, hoffentlich bekomme ich da keine Höhenangst! Ich halte aber lieber meinen Mund und spare mir weitere ironische Bemerkungen. Ich will uns beiden ja nicht den Tag versauen. Und da Jan offensichtlich völlig davon beseelt ist, mir mit seinem Kulturprogramm die Schönheit seiner Heimat näherzubringen, füge ich mich in das Unvermeidliche und stapfe nach dem Frühstück tapfer neben ihm her. Von irgendwo hat er sich einen kleinen Rucksack besorgt, in dem es geheimnisvoll klirrt. »Wegzehrung«, erklärt Jan knapp.
    Unser erstes Ziel ist also das Naturkundemuseum, das im Zentrum Misdroys an der Hauptstraße liegt. Wir sind die einzigen Besucher, die durch die Ausstellungsräume schreiten. Seltene Pflanzen hinter Glas, ausgestopfte tote Tiere und jede Menge Bernstein. Nun ja, wer’s mag. Ich erfahre von Jan, dass das Museum zum Naturpark Wollin gehört, der ganz in der Nähe liegt. »Da leben sogar Wisente! Wenn du Lust hast, können wir da auch noch

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