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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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hin.«
    »Och, weißt du … Ich glaub, dafür reicht unsere Zeit leider gar nicht.«
    »Hast wahrscheinlich recht. Oh, schau mal – eine Gemäldeausstellung …« Und mit diesen Worten eilt er davon.
    Nachdem wir noch die Werke eines heimischen Künstlers – Natur-Bilder, ich würd sagen: sehr, sehr abstrakt – bewundert haben, hetzen wir unserem nächsten kulturellen Höhepunkt entgegen: das Wachsfigurenkabinett an der Strandpromenade. Und dort ist es dann richtig lustig. Klar, wir sind nicht bei Madame Tussauds in London, aber auf immerhin zwei Etagen heißen uns herrlich skurrile und gruselige Figuren willkommen. Die übliche Prominenz ist natürlich auch versammelt. Ich drücke nacheinander dem Papst, Robert De Niro und Arnold Schwarzenegger Küsschen auf, während Jan eifrig Fotos schießt. Wir albern herum und amüsieren uns prächtig.
    Da das Kulturhaus in einem Park ganz in der Nähe der Promenade liegt, steuern wir es als Nächstes an. Doch das schöne Gebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert ist verrammelt und verriegelt – nix los.
    »Och, schade!« Jan ist ganz enttäuscht. Ich bin nicht ganz so traurig, dass dieses kulturelle Highlight entfällt. »Was hältst du davon, wenn wir erst mal irgendwo einen Kaffee trinken?«, schlage ich vor.
    Doch der Mann an meiner Seite ist nicht zu bremsen. »Nix da. Weiter geht’s. Jetzt ist der Fischereihafen dran, da bekommst du bestimmt auch irgendwo deinen Kaffee. Wusstest du übrigens, dass dort jährlich bis zu tausend Tonnen Hering gefangen werden?«
    Nein, das wusste ich noch nicht. Woher auch?
    Im Eiltempo scheucht er mich die Promenade entlang zum östlichen Strand. Als hätten wir dort einen Termin und dürften nicht zu spät kommen! Menno, meine Flitterwochen habe ich mir irgendwie anders vorgestellt!
    Der Anblick des Hafens entschädigt mich dann für die Hetzerei. Ich habe eigentlich einen Kai erwartet, oder zumindest Stege, an denen Schiffe vertäut liegen. Aber so etwas gibt es hier gar nicht. Es ist gerade Ebbe, und die bunten, schon leicht rostigen Fischerboote liegen direkt auf dem Strand. Das sieht wirklich malerisch aus, ein echtes Postkartenmotiv. Und deshalb muss Jan auch wieder ganz viele Fotos machen: Ich am Strand. Ich vor einem Boot. Ich auf Tauen sitzend.
    Wir setzen uns in den Sand und schauen aufs Meer. Jan rückt gerade etwas dichter an mich heran, da grummelt mein Magen ganz fürchterlich. Ich sehe auf die Uhr. Mensch, Mittagszeit ist längst vorbei. Offensichtlich hat sich mein Körper so an die regelmäßige Nahrungsaufnahme gewöhnt, dass er jetzt vehement Nachschub fordert.
    »Hunger?«, fragt Jan.
    »Und wie! Das muss an der Seeluft liegen, diesen Appetit kenn ich gar nicht von mir«, antworte ich und deute hoffnungsvoll auf seinen Rucksack.
    »Nee, nee, das ist für später«, sagt Jan. »Aber guck mal, da hinten. Da steht eine Bude. Vielleicht gibt’s dort was zu essen.«
    Wir schlendern zu dem Bretterverschlag – und tatsächlich erwarten uns dort jede Menge Köstlichkeiten aus dem Meer. Hier wird nämlich der fangfrische Fisch direkt verkauft und auch geräuchert. Jan ersteht ein riesiges Tablett voll mit leckerem Räucherfisch und etwas Brot, und wir setzen uns an einen der wackeligen Tische. Mann, schmeckt das gut. Wir futtern schweigend, und mir läuft, nicht ganz ladylike, das Fischfett am Kinn herunter. Das findet Jan natürlich urkomisch und zückt schon wieder seine Kamera. »Hrrrmmmpf«, versuche ich ihn mit vollem Mund abzuwehren, habe aber natürlich keine Chance. Wenigstens tupft er mir nach dem Schnappschuss mein fettiges Kinn mit einer Serviette ab.
    Nach unserem opulenten Mahl sind wir so richtig schön platt. Außerdem hat das geschlossene Kulturhaus ein Loch in Jans Sightseeing-Programm gerissen, so dass er nichts dagegen hat, noch ein wenig am Fischereihafen zu bleiben und faul im Sand zu liegen. Doch nach knapp zwei Stunden Mittagspause wird er unruhig. Der Berg ruft! Er will unbedingt noch diesen ominösen Hügel erklimmen: »Der Ausblick soll fantastisch sein! Das dürfen wir uns nicht entgehen lassen.«
    Vorher bummeln wir noch ein wenig durch die verwinkelten Gassen von Misdroy und bewundern die beeindruckende Bäderarchitektur mit ihren stolzen Jugendstil-Villen. Anschließend werfen wir einen kurzen Blick auf den
Walk of Fame
 – der für mich lauter ebenso unbekannte wie unaussprechliche Namen bereithält, die ich aber vorsichtshalber mit bewundernden Ahs und Ohs kommentiere.
    Jan wirft

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