Flitterwochen auf Dream Island
Schließlich sind wir Freundinnen. Ich werde versuchen, noch heute einen Rückflug zu bekommen. Spätestens morgen bin ich da. Bis dahin tu bitte einfach das, was Mum dir sagt. Vermutlich wird sie dich zwingen, literweise süßen Tee zu trinken und jede Menge selbst gebackene Lamingtons zu essen. Aber ich finde, es kann dir nicht schaden, ein bisschen aufgepäppelt zu werden. Ist dir eigentlich klar, dass deine tollen Brüste fast ganz verschwunden sind, seit du so dünn geworden bist? Während unserer Schulzeit war ich furchtbar neidisch auf deine Oberweite, das kann ich dir sagen! Aber du wirst sie zurückbekommen. Und auch sonst wird es dir bald wieder besser gehen. Ich verspreche es.”
“Ich bin so froh, dass ich dich angerufen habe.” Rachel schien ein wenig getröstet zu sein.
“Ich wäre sehr gekränkt gewesen, wenn du es nicht getan hättest. Jetzt muss ich aber auflegen. Wir sehen uns bald. Pass auf dich auf.” Isabel legte auf und seufzte. Rachel hatte Recht: Ihre, Isabels, Mutter würde nicht gerade erfreut sein über die kleine Lügengeschichte. Aber im Moment musste sie sich über andere Dinge den Kopf zerbrechen. Sie atmete tief ein, hob das Kinn und wollte den Hörer wieder abnehmen, um bei der Rezeption anzurufen.
“Ich nehme an, die Flitterwochen sind vorbei?”
Isabel erschrak. Rafe stand im Türrahmen und blickte sie an.
“Wie viel von dem Gespräch hast du mitbekommen?”
“Alles.”
“Dann weißt du ja, dass ich nach Hause fliegen muss. Wenn du möchtest, kannst du natürlich die restliche Zeit allein hierbleiben.”
Rafe blickte sie an, als hätte sie den Verstand verloren. “Warum sollte ich das tun? Ohne dich würde es mir keinen Spaß machen, Isabel. Nein, ich komme mit zurück nach Sydney. Aber du könntest den Bungalow über die Rezeption einem der Paare anbieten, deren Urlaub heute endet. Bestimmt wird jemand das Angebot annehmen.”
“Ja, das ist eine sehr gute Idee.”
“Tja, manchmal tauge ich auch zu anderen Dingen außer Sex.”
Seine Stimme klang ein wenig bitter. Überrascht sah Isabel ihn an. Was ging nur in ihm vor? Glaubte er etwa, sie wäre glücklich darüber, dass sie abreisen musste?
“Es tut mir leid, Rafe. Ich würde auch lieber mit dir hierbleiben, anstatt nach Hause zu fliegen, um eine unglückliche Freundin zu trösten. Aber es ist nun einmal so. Rachel braucht mich, und zwar
jetzt.
Ich kann sie unmöglich enttäuschen.”
“Das finde ich bewundernswert”, sagte Rafe. “Menschen, die für ihre Freunde da sind, beeindrucken mich. Was mir nicht gefällt, ist etwas anderes: Du bist gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich vielleicht während der nächsten sicher nicht einfachen Tage auch für
dich
da sein werde. Du wolltest mich wegschicken wie einen Gigolo, dessen Dienste du nicht mehr benötigst. Ich hatte geglaubt, unsere Beziehung hätte sich ein wenig weiterentwickelt. Ich dachte, du würdest mich wirklich mögen.”
“Ich … das tue ich doch auch”, erwiderte Isabel ein wenig unsicher. “Was wir hier gemeinsam erlebt haben, war einfach … fantastisch. Aber mit dem wirklichen Leben hat es nichts zu tun. Deshalb finde ich, unsere Wege sollten sich in Sydney wieder trennen.”
“Tatsächlich? Da bin ich anderer Meinung.”
Sprachlos sah Isabel ihn an.
“Auch ich fand unsere gemeinsame Zeit fantastisch. Doch ich glaube, alles kann noch besser werden, wenn wir zurück in Sydney sind. Außerdem könnten wir gute Freunde werden.”
“Aber …”
“Keine Widersprüche. Du magst mich. Ich mag dich – und zwar sehr. Außerdem haben wir im Bett sehr viel Spaß zusammen. Und du bist keine Frau, die wie eine Nonne leben würde. Dafür hast du viel zu viel Spaß an Sex. Sei ehrlich: Wo würdest du einen Mann finden, der dein Freund und dein Liebhaber sein möchte? Einen Mann, der ganz genau weiß, wie er dich erregen kann.” Er blickte sie an. “Jemanden wie mich findest du so schnell nicht noch einmal.”
Rafe hatte natürlich Recht. Er war einfach perfekt. Zu perfekt, dachte Isabel wehmütig. Sie würde sich Hals über Kopf in ihn verlieben. Bis jetzt war das zum Glück noch nicht passiert. Noch hatte sie die Möglichkeit, sich aus dem Staub zu machen.
Doch plötzlich fiel ihr ein, was Rachel am Telefon gesagt hatte: wie einsam sie war. Isabel wurde klar, dass sie nicht immer stark genug sein würde, der Versuchung zu widerstehen. Eines Nachts, wenn sie ganz allein in dem großen Haus in Turramurra wäre, würde sie Rafe anrufen
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